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Erfurter Programm
1891 entwickeltes Parteiprogramm Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Erfurter Programm war ein 1891 entwickeltes Parteiprogramm, das auf dem Erfurter Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) entstanden ist und von Karl Kautsky sowie Eduard Bernstein verfasst wurde. Es löste das Gothaer Programm von 1875 ab und war ein maßgebliches Vorbild für sozialistische Parteien in Europa.
Entstehung
Das Erfurter Programm wurde als Nachfolger des Gothaer Programms auf dem Erfurter Parteitag (14.–20. Oktober 1891), der kurz nach dem Ende der Sozialistengesetze stattfand, verabschiedet. Das Erfurter Programm zeichnete sich durch einen Dualismus von Theorie und Praxis aus, der den Anspruch einer revolutionären Theorie bewusst den Aufgaben einer reformerischen, parlamentarischen Praxis gegenüberstellte. Die Autoren des Programms waren maßgeblich Karl Kautsky für den theoretischen Teil und Eduard Bernstein für den praktischen Teil.[1.1] Kautskys Fassung erschien 1892 im Verlag J. H. W. Dietz in Stuttgart.
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Inhalt und Struktur
Zusammenfassung
Kontext
Theoretischer Teil
Der grundsätzliche Teil, maßgeblich von Kautsky verfasst, verpflichtete die Partei dem Marxismus[2.1] und stützte sich fundamental auf die ökonomische Analyse im 24. Kapitel von Karl Marx’ Das Kapital.[1.2] Er postulierte, dass die ökonomische Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft unweigerlich zum Untergang des Kleinbetriebes und zur Verwandlung der Arbeiter in besitzlose Proletarier führe. Die Produktionsmittel würden zum Monopol einer kleinen Zahl von Kapitalisten und Großgrundbesitzern, was zu wachsender Unsicherheit, Elend und Ausbeutung führe. Dies verschärfe den Klassenkampf.[3]
Das Programm folgerte, dass das private Eigentum an Produktionsmitteln mit deren zweckentsprechender Anwendung unvereinbar geworden sei. Die einzige Lösung liege in der Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln in gesellschaftliches Eigentum. Dieser Kampf sei notwendigerweise ein politischer Kampf, da die Arbeiterklasse nur in den Besitz der politischen Macht kommen könne, um die Produktionsmittel in den Besitz der Gesamtheit zu überführen.[3] Die SPD kämpfte damit nicht für neue Klassenprivilegien, sondern für die Abschaffung der Klassenherrschaft und der Klassen selbst sowie für gleiche Rechte und Pflichten aller ohne Unterschied des Geschlechts und der Abstammung.[1.3]
Praktischer Teil
Der zweite Teil, der von Bernstein verantwortet wurde, enthielt konkrete, unmittelbar umzusetzende legislative Forderungen für die parlamentarische Arbeit im Deutschen Kaiserreich.[2.2]
Die zentralen Forderungen umfassten die umfassende Demokratisierung, insbesondere das allgemeine, gleiche, direkte Wahl- und Stimmrecht für alle Reichsangehörigen über 20 Jahre, ohne Unterschied des Geschlechts. Eng damit verbunden war die Forderung nach der Abschaffung aller Gesetze, welche die Frau benachteiligen. Ideologisch zentrale Forderungen waren die Erklärung der Religion zur Privatsache und die Trennung von Staat und Kirche. Zur sozialen Gerechtigkeit forderte das Programm eine stufenweise steigende Einkommens- und Vermögenssteuer sowie die Abschaffung aller indirekten Steuern und Zölle.[1.4] Zum Schutze der Arbeiterklasse wurde eine wirksame „Arbeiterschutzgesetzgebung“ verlangt, welche die Festsetzung eines maximalen Achtstundentages und das Verbot der Erwerbsarbeit für Kinder unter vierzehn Jahren beinhaltete.[4]
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Nachfolge
Die SPD wurde zur stärksten politischen Kraft im Reichstag und konnte ihre Wählerschaft von 1890 bis 1912 annähernd verdreifachen.[1.5] Die Hauptforderungen des Programms konnten jedoch erst nach 1918 in der Weimarer Republik durchgesetzt werden.[1.6] Das Programm galt bis 1921 und wurde im selben Jahr durch das Görlitzer Programm abgelöst. Zuletzt wurde das Erfurter Programm als wegweisend für sozialistische Parteien in Europa beschrieben.[2.3]
Weblinks
- Das Erfurter Programm in seinem grundsätzlichen Theil / erläutert von Karl Kautsky (137 Seiten) bei der Friedrich-Ebert-Stiftung
- Das Erfurter Programm (1891) bei Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern
- Das Erfurter Programm in seinem grundsätzlichen Theil / erläutert von Karl Kautsky (272 Seiten, aus dem Besitz der University of Michigan) im Internet Archive
Einzelnachweise
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