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Five Power Defence Arrangements
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Die Fünf-Mächte-Verteidigungsabkommen (englisch: Five Power Defence Arrangements, FPDA) sind ein seit 1971 bestehendes multilaterales Sicherheitsbündnis zwischen Australien, Neuseeland, Großbritannien, Malaysia und Singapur. Es geht auf die britische Entscheidung zurück, sich (nach der Konfrontation mit Indonesien in den 1960er Jahren) aus seinen ehemaligen Militärbasen östlich des Suez zurückzuziehen. Hierzu wurde das vorherige anglomalaysische Verteidigungsabkommen (AMDA von 1963) durch die FPDA ersetzt. Im Gründungs-Kommuniqué von 1971 verpflichteten sich alle fünf Staaten, im Falle eines bewaffneten Angriffs oder einer unmittelbar bevorstehenden Bedrohung für Malaysia oder Singapur umgehend zu beraten und koordiniert zu reagieren. Das FPDA ist jedoch kein militärischer Beistandsvertrag nach NATO-Art, sondern ein rein konsultatives Abkommen: Es sieht keine automatische militärische Intervention vor, sondern lediglich eine gemeinsame Beratung im Krisenfall.[1] Seit 1997 führen die See- und Luftstreitkräfte der fünf Länder regelmäßig gemeinsame Manöver durch.[2]

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Geschichte
Zusammenfassung
Kontext
Die Wurzeln des FPDA liegen im Entkolonialisierungsprozess Südostasiens. Nach der malaysischen Unabhängigkeit 1957 schloss Großbritannien zunächst bilaterale Sicherheitsabkommen mit seinen ehemaligen Kolonien – etwa das Anglo-Malaysian Defence Agreement (AMDA) von 1963, in dem auch Australien und Neuseeland anerkannte Truppenstationierungsrechte erhielten. Malaysia und Singapur hatten ihre Verteidigung als unteilbar angesehen, was insbesondere durch die Konfrontasi mit Indonesien (1963–1966) bestärkt wurde. Als dann in den späten 1960er Jahren die britische Labour-Regierung den vollständigen Truppenabzug „östlich des Suez“ ankündigte, entstand in der Region große Besorgnis über Lücken in der Luft- und Seeverteidigung von Malaysia und Singapur. Die beiden Staaten verfügten damals nur über sehr begrenzte eigene militärische Kapazitäten.[1]
Um diese Lücke zu schließen, begannen 1968 erste Viererbesprechungen (ohne Großbritannien) in Kuala Lumpur, gefolgt von Gesprächen in Canberra. Australien und Neuseeland wollten ihre engen Verteidigungsbeziehungen mit Malaysia und Singapur weiterführen, auch in Erwartung des britischen Abzugs. Im Zuge dessen organisierte man 1970 gemeinsam die große Übung Exercise Bersatu Padu („Gemeinsame Stärke“) als einen Probelauf für künftige Verteidigungsmaßnahmen ohne aktive britische Truppenpräsenz. Kurz darauf – im April 1971 – trafen sich die Verteidigungsminister aller fünf Staaten in London und vereinbarten ein Kommuniqué, das dann am 1. November 1971 in Kraft trat. Dieses kommunizierte, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf Malaysia oder Singapur die Regierungen sofort zusammen beraten würden, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Am 1. November 1971 wurden somit formell die Fünf-Mächte-Verteidigungsabkommen in Kraft gesetzt und ersetzten das bisherige Anglo-Malaysische Abkommen.[1][3]
Zur Verwaltung der Vereinbarungen wurden zwei Gremien geschaffen: der Gemeinsame Konsultationsrat (Joint Consultative Council, JCC) für regelmäßige Sitzungen auf hoher Ebene und der Luftverteidigungsrat (Air Defence Council, ADC) zur Leitung des gemeinsamen Luftverteidigungsverbunds (Integrated Air Defence System, IADS). In den Folgejahren wurde das gemeinsame IADS-Hauptquartier in Butterworth (Malaysia) aufgebaut und die Luftverteidigung ständig modernisiert. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs das FPDA-Übungsprogramm; 1994 wurden die beiden Räte der FPDA zur FPDA Consultative Council (FCC) zusammengeführt, um Koordination und Planung zu vereinfachen.[3]
Trotz seines zurückhaltenden Profils hat sich das FPDA im Verlauf der letzten 50 Jahre als dauerhaftes Verteidigungsforum etabliert. Australische Beamte bezeichneten das Abkommen als „das längste und einzig effektive multilaterale Militärarrangement mit operativer Komponente in Südostasien“. Malaysia und Singapur sehen das FPDA weiterhin als wichtigen Bestandteil ihrer Sicherheitsarchitektur. Die Übungspraxis wurde fortlaufend an neue Bedrohungsszenarien angepasst – etwa durch kombinierte Luft-See-Land-Manöver – ohne dass das Abkommen je suspendiert werden musste. Analysen bezeichnen das FPDA als einen „Quiet Achiever“ der regionalen Sicherheit, der durch seine regelmäßigen gemeinsamen Übungen den Zusammenhalt der Partnerländer stärkt.[1]
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Prinzipien
Die Gründungsprinzipien der FPDA bilden weiterhin das Fundament ihrer Aktivitäten und Übungen. Erstens sollte die FPDA als Verteidigungsbündnis eine nicht bedrohliche Haltung einnehmen, um keine Empfindlichkeiten in der Region zu wecken. Zweitens sollte die FPDA als multilaterales Sicherheitsbündnis in einem für alle akzeptablen Tempo voranschreiten und dabei multilaterale, bilaterale und nationale Empfindlichkeiten berücksichtigen. Drittens sollte sich die FPDA angesichts des sich ständig verändernden strategischen Umfelds kontinuierlich weiterentwickeln, um als Sicherheitsvereinbarung relevant zu bleiben.[3]
Auf dem 10. FPDA-Verteidigungsministertreffen im Jahr 2017 wurden die Gründungsprinzipien zu den „3Rs“ aktualisiert. Erstens sollte die FPDA nicht von ihrem Auftrag abweichen, zur äußeren Verteidigung von Malaysia und Singapur beizutragen. Zweitens sollte sich die FPDA weiterentwickeln, um ihre Relevanz als regionale Sicherheitsvereinbarung in einem für alle akzeptablen Tempo sicherzustellen. Drittens sollte die FPDA ihren Zweck und ihr Image als Verteidigungsvereinbarung beibehalten, um die Sicherheit in der Region zu garantieren.[3]
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Strategische und militärische Bedeutung
Zusammenfassung
Kontext

Das FPDA nimmt in der Sicherheitsarchitektur Südostasiens eine Sonderstellung ein: Es ist das älteste multinationale Verteidigungsarrangement der Region und bisher das einzige, das auf konsultativer Basis fünf Länder umfasst. Durch seine flexible, auf gemeinsame Beratung ausgerichtete Struktur unterscheidet es sich von formellen Beistandsverträgen wie der NATO oder bilateralen Abkommen (z. B. ANZUS oder die Militärabkommen der USA). Nach Ansicht der britischen Regierung fördert das FPDA „kooperative Antworten auf ein zunehmend komplexes Sicherheitsumfeld“.[4] Zwar bindet das Abkommen die Partner nicht zu Militäreinsatzentscheidungen, es verpflichtet sie aber ausdrücklich zur sofortigen Beratung bei Angriffen auf Malaysia oder Singapur. Dadurch erhält Australien etwa die Sicherheit, dass seine dortigen Militäreinrichtungen geschützt werden können, ohne eigene Truppen dauerhaft stellen zu müssen. Gleichzeitig dient das FPDA für Großbritannien als wichtiger „Türöffner“ in die Region – ein Rahmen, um militärisch-kooperativ präsent zu bleiben.[5]
Aus strategischer Sicht wird das FPDA oft im Kontext der aktuellen Indo-Pazifik-Politik betrachtet. Es ergänzt neuere Initiativen wie das trilaterale AUKUS-Abkommen (Australien–UK–USA), indem es die relativ prowestlichen asiatischen Staaten Singapore und Malaysia einbindet und damit eine breitere Allianzbasis schafft. Als Beispiel nennt die Sasakawa USA-Stiftung (ein Think-Tank für UK-Sicherheitsfragen), dass das FPDA heute ebenso wie AUKUS in das Konzept der Minilateralität („minilateralism“) passt – kleiner, flexibler Zusammenschlüsse, die konkrete Probleme anpacken.[5] Auch die US-Denkfabrik CSIS weist auf die Rolle des FPDA im Zuge einer „Allianzbrücke“ zwischen Euro-Atlantik und Indo-Pazifik hin: Das Abkommen könne als nützliches Element dienen, um Verbindungsmechanismen zwischen beiden Regionen zu stärken.[6]
War das Abkommen anfangs vorwiegend gegen den Expansionismus Indonesiens gerichtet, spielt heute der machtpolitische Aufstieg der Volksrepublik China und dessen Expansion in den Indopazifik (z. B. Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer) eine wichtige Rolle, ohne jedoch dass der Zusammenschluss eine explizit antichinesische Ausrichtung hätte. Analysen heben hervor, dass gemeinsame Manöver und Ausbildungsprogramme die Professionalität der malaysischen und singapurischen Streitkräfte erhöhen und als konventionelle Abschreckung fungieren, ohne dabei provokativ zu sein.[1]
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Gemeinsame Militärübungen

Das FPDA organisiert kontinuierlich gemeinsame militärische Übungen, die sich primär auf die äußere Verteidigung von Malaysia und Singapur konzentrieren. Diese Manöver dienen vor allem der Bündniskoordination und der Stärkung der Einsatzfähigkeit und Interoperabilität der beteiligten Streitkräfte. Im Rahmen eines Fünf-Jahres-Zyklus führt das FPDA eine Reihe von Feldübungen (Field Training Exercises, FTX) und Stabsübungen (Command Post Exercises, CPX) durch.[7] Beispiele für bedeutende FPDA-Übungen sind:[7]
- Bersama Shield – eine jährliche taktische Luft- und Seeübung, die abwechselnd in Malaysia oder Singapur stattfindet. Typischerweise sind daran über 50 Flugzeuge, mehrere Kriegsschiffe (etwa 3–6) und Boden-Luft-Abwehrsysteme beteiligt. Ziel ist die Koordinierung kombinierter Luft-See-Operationen in einem simulierten mehrgleisigen Bedrohungsszenario. Aus der Vorgängerübung „Starfish“ entwickelt, findet Bersama Shield seit 2004 statt.
- Bersama Lima – eine große kombinierte Übung mit Flugzeugen, Schiffen und Landstreitkräften. Sie umfasst in der Regel 60–80 Flugzeuge, 10–15 Kriegsschiffe, ein bis zwei U-Boote sowie eine eigene Landkomponente. Die Übung wird jährlich abgehalten und wechselt sich zwischen Malaysia und Singapur als Ausrichter ab. Bersama Lima dient dazu, einen Einsatzstab auf operativer Ebene zu erproben und gemeinsame Luft-Seelandoperationen zu trainieren.
- Suman Warrior – eine Stabsübung auf Brigade-Ebene mit Schwerpunkt Landoperationen. Sie findet periodisch statt (etwa alle fünf Jahre in einem der FPDA-Staaten) und wird von den fünf Ländern abwechselnd veranstaltet. In der Exercise Suman Warrior planen und werten die multinationale Beteiligung die Abwehr eines Landangriffs aus. Diese Übung ist seit 1990 fester Bestandteil des FPDA-Programms und wurde etwa 2025 als „33. Übung“ auf Camp Linton in Neuseeland durchgeführt.[8][9]
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Weblinks
- Website des Five Power Defence Arrangements (englisch)
- Vertragstext des Five Power Defence Arrangements (englisch)
Einzelnachweise
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