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Giovanni Morone

italienischer Kardinalbischof, Kirchenpolitiker, Konzilslegat und Konzilspräsident Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Giovanni Morone
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Giovanni Girolamo Morone (* 25. Januar 1509 in Mailand; † 1. Dezember 1580 in Rom) war ein katholischer Bischof und Kardinal. Er war von 1536 bis 1541 päpstlicher Legat in Deutschland, wo er an mehreren Religionsgesprächen zur Reformation teilnahm, er wurde 1557 von der Inquisition wegen Häresie angeklagt, 1560 rehabilitiert und 1563 auf dem Konzil von Trient schließlich dessen Präsident.[1]

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Kardinal Giovanni Morone
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Kardinalswappen Morones
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Leben und Wirken

Zusammenfassung
Kontext

Morone war das zweitjüngste von zehn Kindern von Girolamo und Amabilia Fisiraga, die bekannte Adlige in Mailand waren. Sein Vater war Senator, Botschafter der Sforza, Graf von Lecco, Kanzleichef in Mailand, Gefangener der Franzosen und starb 1529 in Florenz. Giovanni wuchs wegen der Verbannung der Familie aus Mailand in Modena auf[2], er studierte Jura in Padua und durch die Beziehungen seines Vaters kam er an den Hof von Clemens VII. Dort half er die hohe Summe aufzutreiben, um seinen Vater aus der Gefangenschaft der Franzosen freizukaufen. Wegen der Verdienste seines Vaters designierte ihn der Papst 1528 zum Bischof von Tortona und am 7. April 1529 von Modena, wo er zuerst nur kurz während der französischen Besetzung von Mailand war. 1531 war er am römischen Hof, und am 12. Januar 1533 wurde er zum Priester geweiht und gleichzeitig als Bischof von Modena eingesetzt.[3] Vor (ab 1520), während und auch noch zehn Jahre nach seiner geistlichen Herrschaft (bis 1560) war der neue evangelische Glaube in seinem Bistum geduldet, und er konnte sich sogar etwas entfalten, namentlich waren der Graf Giovanni Rangoni, der Prior Isodoro Chiari und der Schulgründer Giovanni Grillenzoni als Evangelische bekannt.[4] Später kam Morone nach Bologna.[5]

Während dem Pontifikat von Paul III. ab 1534 schloss sich Morone der Gruppe von Reformkardinälen um Gasparo Contarini und Reginald Pole an, die dem neuen, wachsenden evangelischen Glauben mit glaubwürdigen katholischen Reformen begegnen wollten.[6] 1536 wurde er von Papst Paul III. nach Deutschland gesandt, um den Gang der Reformation zu beobachten. Er wohnte dem Hagenauer Religionsgespräch (1540), dem Religionsgespräch von Worms und dem Reichstag von Regensburg (1541) sowie dem damit verbundenen Religionsgespräch bei.

Im Jahr 1542 gründete er das Deutsche Kolleg in Rom.[7] Am 2. Juni 1542 wurde er von Papst Paul III. zum Kardinalpriester von San Vitale erhoben, bekam 1549 Santo Stefano al Monte Celio und 1553 San Lorenzo in Lucina als Titelkirche. 1548 wurde er Bischof von Novara und 1555 päpstlicher Legat auf dem Reichstag zu Augsburg. Morone war an sechs Konklaven beteiligt, erstmals 1549/1550, dann im April 1555, im Mai 1555, 1559, 1565/1566 und 1572 als Vorsitzender.[8]

Am 31. Mai 1557 wurde er in der Engelsburg (italienisch: Castel Sant’Angelo) gefangengesetzt, weil er angeblich angesichts des Augsburger Religionsfriedens die Rechte der katholischen Kirche verraten habe. Papst Paul IV. hielt Morone auch für einen Krypto-Lutheraner wegen dessen Verständigungsbereitschaft, die er beim Religionsgespräch von 1541 an den Tag gelegt hatte. Deshalb wurde ein umfangreicher Inquisitionsprozess gegen Morone angestrengt.[9] Fra Tommaso Scotti da Vigevano wurde mit den Ermittlungen beauftragt, er suchte Anklagepunkte in Florenz, Rom, Bologna und Modena zu finden, zudem wurde Morones Palast durchsucht und seine Papiere beschlagnahmt. Erst am 13. Juni 1559 gewährte das Gericht Morone ein Recht auf Verteidigung, und er fand tüchtige römische Anwälte, die umfangreiches Material an Briefkorrespondenz und Texten zusammentrugen und Entlastungszeugen für ihn aus Rom, Bologna, Modena, Cremona und Mailand fanden. Paul IV. setzte alles daran, Morone in den letzten Lebenswochen zu verurteilen, was ihm wegen seinem Tod am 18. August 1559 nicht mehr gelang. Trotzdem wurde Morone als Angeklagter bis dahin gefangen gehalten.[10]

Pius IV. ließ den Prozess gegen Morone revidieren, so dass er 1560 rehabilitiert werden konnte[11], und er ernannte ihn 1563 zum Präsidenten des Konzils von Trient. Nachdem er den Widerstand Kaiser Ferdinands I. gegen dessen Beschlüsse beschwichtigt hatte, brachte er das Konzil zum Abschluss. Er wirkte noch 1576 für die katholische Kirche in Deutschland auf dem Regensburger Reichstag, denn er war Präsident der deutschen Kongregation, die die Reformbemühungen im Reich zu überwachen hatte. Der Jesuit Peter Canisius korrespondierte mit ihm im gleichen Jahr über die desolate Situation des katholischen Glaubens im Deutschen Reich.[12]

Von 1570 bis zu seinem Tod war Morone Kardinalbischof von Ostia und Kardinaldekan. Bestattet wurde er im rechten Seitenschiff der Kirche Sta. Maria sopra Minerva in Rom, nicht weit von dem übergroßen Grabmonument Pauls IV. Carafa, die Grabplatte ist im Boden erhalten.

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Schriften (Auswahl)

  • Nuntiaturberichte aus Deutschland, 1. Abteilung (1533–1559):
    • 2. Band (1536–1538), bearbeitet von Walter Friedensburg, 1892, Nachdruck 1968.
    • 4. Band (1539), bearbeitet von Walter Friedensburg, 1893, Nachdruck 1968.
    • 5. Band (1539–1540), bearbeitet von Ludwig Cardauns, 1909, Nachdruck 1968.
    • 6. Band (1540–1541), bearbeitet von Ludwig Cardauns, 1910, Nachdruck 1968.
    • 7. Band (1541–1542), bearbeitet von Ludwig Cardauns, 1912, Nachdruck 1968.
    • 15. Band (Korrespondenz Morones zur englischen Legation Reginald Poles 1553–1555), bearbeitet von Heinrich Lutz, 1981.
    • 17. Band (Reichstag Augsburg 1555), bearbeitet von H. Goetz, 1970.
  • 3. Abteilung (1572–1585):
    • 2. Band (Reichstag Regensburg 1576), bearbeitet von Joseph Hansen, 1894.
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Literatur

  • Nicola Bernabei: Vita del Cardinale Giovanni Morone, Vescovo di Modena e biografie dei cardinali modenesi e di Casa d'Este, dei cardinali vescovi di Modena e di quelli educati in questo collegio di San Carlo, Ditta tipografica Rossi, Modena 1885.
  • Cesare Cantù: Gli eretici d'Italia, 1866, 2. Band, S. 176-90 (difesa, italienische Verteidigungsschrift von 1557).
  • Gustave Constant: La légation du Cardinal Morone près l'empereur et le concile de Trente 1563, Avril-Décembre 1563, The American Historical Review, Vol. 28, N° 1, Oktober 1922, S. 109–110[13]
  • Riccardo Fangarezzi: Giovanni Morone una cronologia della vita, Atti e Memorie della Deputazione di Storia Patria per le Antiche Provincie Modenesi 11/17, 1995, S. 223–252.
  • Massimo Firpo und Dario Marcatto (Hrsg.): Il processo inquisitoriale del cardinal Giovanni Morone, 5 Bände, 1981–1989.
  • Massimo Firpo: Inquisitione Romana e Controriformo, Studi sul cardinal Giovanni Morone e il suo processo d'eresia, Ena Catt. 1992.
  • Massimo Firpo und Ottavia Niccoli: Il cardinale Giovanni Morone e l’ultima fase del concilio di Trento, Fondazione Bruno Kessler, Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento, 80, Società editrice il Mulino, Bologna 2009, ISBN 978-88-15-13811-8.[14]
  • Massimo Firpo: MORONE, Giovanni. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 77: Morlini–Natolini. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2012.
  • Massimo Firpo: Juan de Valdés and the Italian Reformation, Ashgate, Aldershot 2015, ISBN 978-1-4724-3977-2.[15]
  • Walter Friedensburg: Giovanni Morone und der Brief Sadolets an Melanchthon vom 17. Juni 1537, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1904 doi:10.14315/arg-1904-0405.
  • J. Grisar: Die Sendung des Kardinals Morone als Legat zum Reichstag von Augsburg 1555, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 61, 1955, S. 341–387.
  • Hubert Jedin: Geschichte des Konzils von Trient, Band IV/2: Dritte Tagungsperiode und Abschluß. Überwindung der Krise durch Morone, Schließung und Bestätigung. Herder, Freiburg i. Br. 1975; WBG, Darmstadt Sonderausgabe 2017, ISBN 978-3-534-26892-4.
  • Hugo Laemmer: Monumenta Vaticana historiam ecclesiasticam saeculi XVI illustrantia, 1861 (mit Einzelberichten von 1536–1542).
  • Albrecht P. Luttenberger (Hrsg.): Katholische Reform und Konfessionalisierung, WBG, Darmstadt 2006, S. 313–321.
  • Heinrich Lutz: Christianitas afflicta, Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552–1556), 1964.
  • Heinrich Lutz: Kardinal Morone, Reform, Konzil und europäische Staatenwelt, in: Il Concilio di Trento e la riforma tridentina. Atti del Convegno storico internaszionale Trento 1963, 1965, S. 363–81.
  • Ludwig von Pastor: History of the Popes from the Close of the Middle Ages, 40 Bände, herausgegeben von Frederick Ignatius Antrobus, Ralph Francis Kerr, Ernest Graf und E. F. Peeler, Herder, St. Louis 1936–1953.
  • Adam Patrick Robinson: The Career of Cardinal Giovanni Morone (1509–1580) Between Council and Inquisition, Routledge, 2017, ISBN 978-1-138-11829-4[16].
  • Pierroberto Scaramella: Una memoria non condivisa: L’immagine del cardinale Giovanni Morone da Frickius a Jedin, in: Il cardinale Giovanni Morone e l’ultima fase del concilio di Trento, herausgegeben von Massimo Firpo und Ottavia Niccoli, Mulino, Bologna 2010, S. 225–256.
  • Silvia Schweinzer: Das Ringen um Konzil und Kirchenreform, Die Mission des Nuntius Giovanni Morone auf dem Speyrer Reichstag 1542, in: Erich Meuthen: Reichstage und Kirche, 1991, S. 137–189.
  • Silvia Schweinzer: Morone, Giovanni. In: Neue Deutsche Biographie. (NDB). Band 18. Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 154–155 (deutsche-biographie.de).
  • Frédéric Sclopis: Le cardinal Jean Morone: Étude historique, Séances et Travaux des Sciences Morales et Politiques, Paris 1869.
  • Manfred E. Welti: Kleine Geschichte der italienischen Reformation (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. Band 193). Mohn, Gütersloh 1985, ISBN 3-579-01663-6, S. 17–138 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Klaus-Gunther Wesseling: Morone, Giovanni. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 18, Bautz, Herzberg 2001, ISBN 3-88309-086-7, Sp. 923–933.
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Commons: Giovanni Morone – Sammlung von Bildern
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Einzelnachweise

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