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Gottfried Fritzsche
deutscher Orgelbauer (1578-1638) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Gottfried Fritzsche (eigentlich: Frietzsch) (* 1578 in Meißen; † 1638 in Ottensen, heute zu Hamburg) war ein deutscher Orgelbauer.
Leben
Gottfried Frietzsch schrieb sich selbst mit gedehntem „ie“. Die Forschung im 20. Jahrhundert bezeichnete ihn aber durchgehend als „Fritzsche“.[1] Er wurde als Sohn des Goldschmieds Jobst Fritzsche († 1585) geboren. Sein Großvater Johannes Fritzsche (1508–1586) war Domsyndikus in Meißen. Vor 1603 erlernte er den Orgelbau wahrscheinlich bei Johann Lange in Kamenz.[2] Gottfried Frietzsch war bis 1612 Orgelbauer in Meißen, dann in Dresden. Hier wird er um 1614 zum kurfürstlich-sächsischen Hoforgelbauer ernannt.[3] Von 1619 bis 1627 war er in Wolfenbüttel tätig und von 1628 bis 1629 in Celle, bevor er 1629 nach Ottensen kam. Er wurde Nachfolger von Hans Scherer dem Jüngeren und blieb dort bis zu seinem Tod.
Aus seiner ersten Ehe mit einer heute nicht mehr namentlich bekannten Frau entsprossen drei Söhne und drei Töchter, darunter der Orgelbauer Hans Christoph Fritzsche. Durch seine zweite Ehe 1629 mit Margarete geb. Ringemuth, verw. Rist, wurde er Stiefvater des Dichters Johann Rist. Seine Schüler (und späteren Schwiegersöhne) waren Friedrich Stellwagen und Tobias Brunner.
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Werk
Zusammenfassung
Kontext
Frietzsch stand an der Schwelle von der Renaissance zum Frühbarock. Er entwickelte den brabantischen Orgelbau weiter und führte zahlreiche Neuerungen ein,[1] beispielsweise an Zungenregistern die Rankettregale wie Dulzian, Regal, Sordun und das langbechrige Krummhorn. Frietzsch stellte nicht selten Register derselben Registerfamilie, aber mit kontrastierender Mensur (weit und eng) in einem Werk einander gegenüber oder wählte ungewöhnliche Fußtonlagen (Tonhöhen). Im Brustwerk und Pedal setzte er regelmäßig einfüßige Stimmen ein, die bei Scherer noch unbekannt waren.[4] Kennzeichnend ist auch seine zweifache Zimbel, die den Platz von Scherers hochliegendem Scharff einnimmt, sowie die Verwendung verschiedener Aliquotregister als Einzelstimmen. So war die 1635 durch Frietzsch in die Orgel von St. Jacobi (Hamburg) eingebaute Sesquialtera die erste im norddeutschen Raum überhaupt. Auch verwendete er gerne Nebenregister wie Tremulant und „Trommel“, die bei Scherer noch nicht begegnen, und Effektregister wie „Kuckuck“, „Vogelsang“ und „Nachtigall“.[5] Während in Norddeutschland bisher gehämmerte Bleipfeifen die Regel waren, hobelte Frietzsch die Pfeifen und verwendete eine Legierung mit einem höheren Zinnanteil, für die Becher der Posaunen und Trompeten setzte er Markasit zu. Gegenüber Scherer war schließlich der Einsatz von Subsemitonien (doppelte Obertasten) neu. In seiner Hamburger Zeit führte er an den Orgeln aller vier Hauptkirchen Umbauten durch. Durch Frietzsch’ Erweiterungen gehörten die Orgel in St. Jacobi und St. Katharinen zu den ersten Orgeln überhaupt, die über vier Manuale verfügten.[6]
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Werkliste
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Literatur
- Wilibald Gurlitt: Der Kursächsische Hoforgelmacher Gottfried Fritzsche. In: Helmuth Osthoff, Walter Serauky, Adam Adrio (Hrsg.): Festschrift Arnold Schering zum 60. Geburtstag. Glas, Berlin 1937 (Reprint: Georg Olms Verlag, Hildesheim 1973), S. 106–124 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Gustav Fock: Hamburgs Anteil am Orgelbau im niederdeutschen Kulturgebiet. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Nr. 38, 1939, S. 289–373, hier S. 342–352 (agora.sub.uni-hamburg.de ( vom 1. November 2014 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 30. Mai 2025]).
- Hans Klotz: Fritzsche, Gottfried. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 4 (Fede – Gesangspädagogik). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1955, DNB 550439609, Sp. 978–982 (= Digitale Bibliothek Band 60, S. 24780–24785)
- Hans Klotz: Fritzsche, Gottfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 636 (Digitalisat).
- Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
- Frank-Harald Greß: Die Gottfried-Fritzsche-Orgel der Dresdner Schloßkapelle. Untersuchungen zur Rekonstruktion ihres Klangbildes. In: Acta Organologica. Bd. 23, 1993, S. 67–112.
- Wolfram Steude: Beobachtungen zur Funktion der Dresdner Fritzsche-Orgel im 17. Jahrhundert. In: Matthias Herrmann (Hrsg.): Wolfram Steude, Annäherung durch Distanz. Texte zur älteren mitteldeutschen Musik und Musikgeschichte. Klaus-Jürgen Kamprad, Altenburg 2001, S. 97–102.
- Wolfram Hackel, Hans Klotz: Fritzsche, Gottfried. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 7 (Franco – Gretry). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2002, ISBN 3-7618-1117-9 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- Dorothea Schröder: Gloria in excelsis Deo. Eine Geschichte der Orgeln in der Hauptkirche St. Petri, Hamburg. Wachholtz, Neumünster 2006, ISBN 978-3-529-02848-9, S. 30–34.
- Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 81 f.
- Gisela Jaacks: Fritzsche, Gottfried. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 5. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0640-0, S. 120–120.
- Ibo Ortgies: Gottfried Frietzschs Orgelbau in Hamburg: St. Katharinen und die Subsemitonien. In: Ars Organi. 68, Nr. 3, 2020, S. 146–156. (Dieser Artikel ist eine umfassende Aktualisierung, Änderung und Erweiterung des Artikels Gottfried Frietzsch and the Subsemitones in the Large Organ of Hamburg, St. Catherine’s. In: Johann Norrback, Joel Speerstra und Ralph Locke (Hrsg.): Festschrift for Prof. Kerala J. Snyder (= GOArt Publications. Bd. 4). Göteborgs universitet, Göteborg 2019, 13 S. online (PDF: 1,8 MB)).
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Weblinks
- Christian Lobback: Hanseatischer Orgelbau im Licht des 21. Jahrhunderts. Abgerufen am 22. Oktober 2022. Besonders das Kapitel Die Reformorgeln Gottfried Fritzsches
- Dorothea Schröder: Orgeln und Orgelbau im Herzogtum Wolfenbüttel 1580–1650
- Gottfried Fritzsche im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
Einzelnachweise
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