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Improperien

Gesänge in der Liturgie der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Improperien
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Die Improperien oder Heilandsklagen (von lat. improperium: Vorwurf, Schelte) sind Gesänge in der Liturgie der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche. Sie gehören seit dem frühen Mittelalter zur Feier vom Leiden und Sterben Christi am Karfreitag. Wo in evangelischen, zumeist lutherischen, Kirchen Andachten zur Todesstunde Jesu gehalten werden, können sie gesungen werden.[1]

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Die Kreuzigung, Ikone im Kloster Stavronikita auf dem Berg Athos
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Entstehung

Die erste abendländische Quelle für die Improperien findet sich im mozarabischen Liber Ordinum aus dem 7. Jahrhundert. Die Inhalte stammen aus dem Alten Testament und wurden Jesus in den Mund gelegt. Sie sind mit syrischen und griechischen Karfreitagsgesängen verwandt.

Ursprünglich wurde die Kreuzverehrung am Karfreitag still vollzogen, doch im fränkischen Raum während des 9. Jahrhunderts wurde das dreimalige Trisagion (Ἅγιος ὁ Θεός Hagios ho Theos) mit den Improperien verbunden und vor der Verehrung des Kreuzes gesungen. Dort bildeten sie auch den liturgischen Rahmen für die folgenden Großen Fürbitten. Diese wurden seit dem 8. Jahrhundert nach dem gleichen Schema vollzogen, nur die Karfreitagsfürbitte für die Juden wurde durch Weglassung des Kniefalls und des gemeinsamen Amens unterschieden.

Die Bezeichnung Improperien findet sich erst im römischen Missale von 1474, da sie nicht zum ursprünglichen gregorianischen Graduale gehören.

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Aufbau

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Beginn der Improperien in The Stavelot Missal

Die Improperien sind in die großen und die kleinen Improperien eingeteilt, die während der Kreuzverehrung aneinander anschließen. Zu Beginn stimmt der Priester, der Diakon oder der Kantor das Popule meus an, das ein Klagelied des Erlösers an sein treuloses Volk darstellt.

Die großen Improperien bestehen aus drei jeweils von einem Vorsänger vorgetragenen Versen „Popule meus / Quia eduxi te / Quid ultra debui“, auf die jeweils die responsorische Antwort der Schola „Hagios ho Theos“ folgt. Die Verse des Vorsängers bestehen aus je zwei Teilen. Im ersten Teil werden eine oder mehrere Heilstaten Gottes an seinem Volk benannt (unter anderem die Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft, woran wiederum direkt in der Osternacht angeknüpft wird); dem wird jeweils eine Schandtat des Gottesvolkes während der Passion gegenübergestellt.

Anschließend werden die kleinen Improperien gesungen, die aus neun von zwei Kantoren gesungenen antithetischen Versen bestehen, wechselnd mit „Ego“ (Ich) und „Et tu“ (Doch du/Du aber) beginnend, und denen je ein „Popule meus“ der Schola folgt. Die sich daraus ergebende Anklage des Erlösers ist kürzer als in den großen Improperien. Durch die gleich langen Verse und den regelmäßigen Wechsel der Versanfänge von „Ego“ und „Tu“ sind die kleinen Improperien jedoch regelmäßiger gegliedert.

Im Gesangbuch Gotteslob (Österreich) steht als Lied 822 die im Jahr 1817 von Markus Fidelis Jäck übertragene Fassung der Improperien („O du mein Volk, was tat ich dir?“). Der Charakter des Wechselgesangs wird beibehalten, jedoch vereinfacht, indem nur noch zwischen Schola und allen anderen Anwesenden unterschieden wird. Dagegen fällt die Einteilung in große und kleine Improperien weg; außerdem wird die textliche Reihenfolge teilweise verändert, und manche Passagen werden auch ganz weggelassen.

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Die vollständigen Improperien (gregorianisch)
Weitere Informationen Lateinischer Originaltext nach dem Graduale Romanum 1973, Deutsche Übersetzung nach dem Schott-Messbuch ...
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Orthodoxe Kirchen

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Die Orthodoxe Kirchen feiern den Karfreitag nach dem Byzantinischen Ritus, der ebenfalls Klagegesänge und das Trishagion enthält.

Ausgehend von der antijudaistischen Gottesmord-Theorie bezeichnen einige dieser Klagegesänge die Juden als „Schwarm der Gottesmörder“, „frevelhaftes“, „gottloses und verbrecherisches“, „mit Mord beflecktes“, „neidisches, mörderisches und rachedurstiges Volk“, „verderbliche Bande von Gotteshassern“, „Synagoge von übel handelnden Gottesmördern“, „arrogantes Israel“ und „(zähne)knirschendes, allerbösartigstes Hebräergeschlecht“. Dem werden die Wohltaten Christi an seinem Volk gegenübergestellt. Ein Schuldbekenntnis der christlichen Gemeinde, die sich für Jesu Leiden und Sterben mitverantwortlich erklärt, wird vom Priester allenfalls ergänzt, ist jedoch kein Bestandteil der vorgegebenen Liturgie.

Seit 1977 kam es zu fünf offiziellen Beratungen von Vertretern der orthodoxen Kirche und des Judentums, bei denen letztere um Revision der antijüdischen Gesänge in der Karwochenliturgie baten. Seit Mai 1995 befürwortet Bartholomäus I. – als Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel geistliches Oberhaupt der Orthodoxen Kirche ohne Jurisdiktionsprimat –, die antijüdischen Passagen aus der Karwochenliturgie zu streichen. Einzelne Synoden könnten die Liturgie ändern, verzichten jedoch aus Achtung vor der Tradition darauf, bis ein großes Konzil aller Orthodoxen darüber entschieden hat. Viele orthodoxe Traditionalisten Osteuropas lehnen eine solche Liturgiereform grundsätzlich ab, während westliche Orthodoxe aufgrund stärkerer Kontakte mit Juden offener dafür sind. Sie lassen die antijüdischen Beschimpfungen weg oder deuten sie um: So klagt der französische Katechismus Dieu vivant die christlichen Verbrechen an Juden an und betont den ungekündigten Israelbund Gottes. Auch Christen seien stets gefährdet, durch Verrat an ihren Nächsten wie Judas Verräter und Mörder Christi zu werden.[2]

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Vertonungen

Neben den einstimmigen gregorianischen Improperien und dem von Federico Mompou (für Baritonsolo, 1964) stammen mehrstimmige Vertonungen von Tomás Luis de Victoria, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Giovanni Battista Casali, Pompeo Cannicciari, Giovanni Giorgi, Giovanni Bernardo Zucchinetti, Oreste Ravanello, Karel Goeyvaerts, Franz Xaver Witt, Lajos Bárdos, John Sanders, Thomas Gabriel (Popule meus) und Krzysztof Penderecki (als Passacaglia in seiner Lukas-Passion). Ferner gibt es eine orchestrale Fassung von Petr Eben.

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Literatur

Katholische Liturgie

  • Missale Romanum ex decreto Sacrosancti Oecomenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Pauli PP. VI promulgatum; Editio typica altera; Rom 1975; S. 259–216.
  • Die Feier der Heiligen Messe. Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch; herausgegeben im Auftrag der Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und der Bischöfe von Luxemburg, Bozen-Brixen und Lüttich. Kleinausgabe, Einsiedeln u. a., 1975; S. [56]–[58].
  • Graduale Romanum; Tournai: Desclée, 1974; S. 176–181
  • Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch; Stuttgart: Katholische Bibelanstalt, 1975; S. 268–269

Evangelische Liturgie

  • Cantionale für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern; 5. Auflage des Musikalischen Anhangs zur Agende, Band 1; Ansbach 1941; S. 161–172.
  • Kleines Kantionale zum Gebrauch in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Band 1; München 1968; S. 40–43.
  • Passion und Ostern. Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden, Band II, Teilband 1; Hannover 2011; S. 77–80.240-247
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Einzelbelege

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