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Japanische Managementkultur

Führungsstil in Japan Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Japanische Managementkultur
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Bei der japanischen Managementkultur handelt es sich um einen Führungsstil, der vor allem in wirtschaftlich unstabilen Zeiten mit der hohen Wertschätzung zu Mitarbeitern und Produktionstechniken, abgeleitet von japanischen Lebens- und Arbeitsphilosophien beziehungsweise Methoden, in Japan gängig Anwendung findet.[2] Dieser japanische Führungsstil im Management weist starke Parallelen zur japanischen Menschenführung auf, die auch als Leadership bekannt ist.[3]

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Ein Porträt von Mutō Sanji, der den Familismus in das japanische Management brachte[1]
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Japanische Managementkultur als Führungsstil

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Zunächst soll geklärt sein, dass sich die japanische Managementkultur und damit der Führungsstil auf der Basis der Theorie Z[A 1] bewegt, somit ist davon auszugehen, dass Faktoren wie Identifikation mit dem Unternehmen und Motivation der Mitarbeiter grundsätzlich im Stil behandelt werden.[4] Die japanischen Führungsmethoden sind im Gegensatz zu den US-amerikanischen Methoden, die auf Individualität und Selbstständigkeit ausgelegt sind, eher auf Gruppenarbeit und den Austausch von Ideen bezogen.[5] Die Kommunikation zwischen Management und Arbeitnehmern ist in Japan ein wichtiger Faktor, der mit einem berühmten Zitat von Morita Akio erklärt werden soll:

„Eine Firma wird nirgendwo hinkommen, wenn alles Denken dem Management überlassen wird.“

Morita Akio, Thorsten Petry[6]

Japanische Unternehmen gehen davon aus, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, große Entwicklungen mit persönlicher Entfaltung zu erreichen, und wollen sich damit ihren Nutzen für das eigene Unternehmen schaffen.[7] Matsushita Kōnosuke, der für die Gründung des Unternehmens Matsushita Electric Industrial, das später in Panasonic Corporation umbenannt wurde, bekannt ist, schuf während der Great Depression in den 30ern, die auch Japan betraf, 1933 fünf der später (1937) sieben Kernprinzipien, die als „Seven Principles“ (dt. sieben Kernprinzipien) bekannt geworden sind.[8][9]

Diese Kernprinzipien prägen den japanischen Führungsstil bis heute:[10]

  1. Beitrag zur Gesellschaft
  2. Fairness und Ehrlichkeit
  3. Zusammenarbeit und Teamgeist
  4. Erbarmungslose Anstrengungen zur Verbesserung
  5. Höflichkeit und Demut
  6. Anpassungsfähigkeit
  7. Dankbarkeit

Methoden

Orientiert an den Kernprinzipien finden folgende Methoden in japanischen Unternehmen ausgehend vom Management ihre Anwendung:

Hōrensō

Der japanische Begriff Hōrensō (報・連・相 in anderer Umschrift Hourensou) steht für einen Führungsstil, bei dem Mitarbeiter, im Falle eines Problems im Unternehmen, das Problem den Vorgesetzten oder der Organisationsabteilung melden und nicht untereinander für sich behalten sollen. Dies soll die Mitarbeiter dazu führen, Probleme zu besprechen und nicht zu glauben, diese alleine bewältigen zu müssen.[11] Um Verwechslungen mit dem japanischen Wort für Spinat zu vermeiden, nutzt man auch die Schreibweise Ho–Ren–So; hierbei steht das für „Hōkoku“ (報告; dt. Bericht), Ren für „Renraku“ (連絡; dt. Kontakt) und für „Sōdan“ (相談; dt. Beratung). Somit würde man das Akronym Ho–Ren–So theoretisch als Bericht–Kontakt–Beratung ins Deutsche übersetzen und hiermit auch den Vorgang mit der Berichterstattung des Problems, der Kontaktaufnahme zum Vorgesetzten und der anschließend entstehenden Diskussion beziehungsweise Hilfestellung beschreiben.[12] Diese drei Attribute charakterisieren die hierbei entstehende Kollaboration und den Informationsfluss in der effektiven Organisationskultur.[11][5] Als geeignet gilt dieser Führungsstil bei Fabrikarbeitern, die mit komplexen Maschinen arbeiten, Ingenieuren und Managern.[11]

Genchi Genbutsu

Unter Genchi Genbutsu (現地現物) versteht man den Stil von Führung, bei dem man selbst (das Management / der Vorgesetzte) an die Wurzel eines Anliegens oder Problems geht, um notwendige Informationen für richtige Entscheidungen abzuleiten, und anschließend die Ziele in optimaler Geschwindigkeit erreicht werden. Kurzgefasst wird Genchi Genbutsu beispielsweise „Selbst vor Ort Erkenntnisse gewinnen“ übersetzt.[13] Dieser Führungsstil basiert auf einem der fünf Leitsätze von Toyota, die als The Toyota Way populär sind.[14]

Ringi Seido bzw. Ringisei

Mit Ringi Seido (稟議制度) oder Ringisei (稟議制) bezeichnet man einen japanischen Entscheidungsfindungsprozess, der auf Gruppenentscheidungen, ausgehend von einem Individuum, basiert.[15]

Kriterien mit Vergleich zum US-amerikanischen Führungsstil

Um einen Überblick über die Systematik des japanischen Führungsstils zu geben, sind folgend die grundlegenden Kriterien in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Der Ursprung wird definiert, um die Einflussfaktoren auf die geschaffene Managementkultur zu verdeutlichen. Zusätzlich wird für eine bessere Darstellung im Bezuge auf andere Stile ein Vergleich zum US-amerikanischen Führungsstil vorgeführt.

Weitere Informationen Kriterien, Vereinigte Staaten US-amerikanischer Stil ...

Zusammenfassung des japanischen Stils

Das japanische Management orientiert sich auf Langzeit, also strategisch in seinem Handeln. Kollektive Entscheidungen werden mit Arbeitnehmern zur Konsensbildung vorbereitet und getroffen, gerne auch mit anderen Unternehmen. Damit werden Entscheidungen eher langsam getroffen, beziehen sich aber auf eine Vielfalt von Meinungen, womit der Zusammenhalt über die Gruppenarbeit beschrieben wird. Mit dem Trend der Offenlegung von Informationen über die öffentliche Kommunikation zum japanischen Volk, erhofft sich das Management das Unternehmen mit einem besseren Image vertreten zu können. Trotzdem wird paternalistisch eine Hierarchie im Unternehmen geschaffen.[A 5]

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Kleinere Unternehmen

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In kleineren japanischen Unternehmen entwickelte sich ein anderer Führungsstil, der mit der Einteilung von Mitarbeitern zu Aufstiegsmöglichkeiten in Form von Meistertiteln sich am deutschen Vorbild orientiert, aber damit nicht identisch ist.[39] Im japanischen Ausbildungssystem und auf dem japanischen Arbeitsmarkt, wird nicht nach Berufsqualifikationen unterteilt und staatliche Zertifikationen für fachliche Kompetenzen sind nicht gegeben; deswegen existieren auch keine anerkannten Abschlüsse. Diese für den Arbeitsmarkt benötigte Leistung wird daher in Unternehmen intern geschaffen. Hierbei existiert in der Regel keine Festlegung auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich, womit die Ausbildung zu einem Generalisten in der Unternehmung erzielt wird. Diese interne Ausbildung führt zu einer individuellen Anpassung bei der Festsetzung der Unternehmung, womit einer anderen Unternehmung diese intern erreichten Qualifikationen als unakzeptabel gelten. Arbeitnehmer sammeln ihre interngeltenden Qualifikationen, indem sie in verschiedene Bereiche oder Tätigkeiten einer Unternehmung eingesetzt werden über das „Training on the job[A 6]“-Konzept.[40] Die Zeit bis zum theoretischen Abschluss von „Training on the job“ variiert im Gewerbe wie beispielsweise beim „Sushi-Koch“ mit bis zu 15 Jahren bei Männern, womit schließlich auch geschlechtliche Unterschiede gegeben sind.[41]

Es heißt, dass die unternehmungsinterne Ausbildung die Flexibilität im Arbeitseinsatz innerhalb der Unternehmung stärkt, aber die Mobilität der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt nahezu verhindert. In Form von Shūshin Koyō bindet ein Unternehmen somit seine Arbeitnehmer stärker mit einer gewissen Abhängigkeit in die Unternehmung ein.[40]

Kritisiert wird der japanische OJT-Führungsstil der Unternehmen, weil er von älteren Vorgesetzten (mit dem Senior Management[A 7] zu vergleichen) nicht an die wirtschaftlichen Veränderungen der Zeit angepasst wurde oder gar komplett verwerflich scheint. Die (älteren) Vorgesetzten scheinen keine neuen Ideen zu entwickeln und hängen an ihrer alten Führungskultur, die sich einer neuen Generation von Wissensgesellschaft stellen muss.[42]

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Frauen im japanischen Management

Zusammenfassung
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Über 30 % der 500 größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung haben mindestens eine Frau, die eine Position im Senior Management ausübt – im Jahr 2013 waren es nur 23 % der Unternehmen.[43] 152 Unternehmen haben mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, insgesamt sind dies 192 Frauen, die einen winzigen Bruchteil von 2,6 % der Positionen ausmachen. (Stand: 2014)[43] Damit haben Frauen in Japan im Vergleich zum internationalen Durchschnitt der Industrieländer eine deutlich (im Verhältnis zu Männern) unterdurchschnittliche Positionierung als Führungskräfte.[43] Shinzō Abe, der 63. Premierminister Japans, kündigte als Teil seiner „Abenomics“-Politik eine soziale Verbesserung der Rolle von Frauen in Japan an, die die Berufsattraktivität mit der verbesserten Kinderbetreuung steigern soll.[44][45] Zuvor kündigte der damalige Premierminister Jun’ichirō Koizumi 2003 eine flächendeckende Positionierung von 30 % Frauen in Führungspositionen bis 2020 an, die Shinzō Abe in seine „Abenomics“ einbezog, – Problem aber sei die Gesellschaft, in der Frauen in Führungspositionen immer wieder wegen einer sexistischenUnternehmenskultur“, die vom Familismus der japanischen Gesellschaft geprägt ist, unterdrückt werden.[46] Die Aufgabenverteilung im Management soll auch geschlechtsbezogen unterschiedlich ausfallen.[45] Ein Gleichstellungsamt[A 8], das in Japan mit dem Titel Danjo Kyōdō Sankakukyoku (男女共同参画局) besteht und über die Rollen der Geschlechter debattiert beziehungsweise Entscheidungen trifft, kündigte gegen Ende 2015 an, dass eine flächendeckende Positionierung eher mit 7 % bis 2021 realistischer sei.[46]

Siehe auch

Literatur

Da die japanische Managementkultur ein breitfassender Themenbereich ist, werden Literaturangaben zu verschiedenen Themen aufgelistet:

  • Byron K Marshall: Capitalism and nationalism in prewar Japan; the ideology of the business elite, 1868–1941. Stanford, Calif., Stanford University, Stanford 1967, ISBN 978-0-8047-0325-3.
  • Dean McFarlin, Paul D. Sweeney: International Management: Strategic Opportunities & Cultural Challenges. Routledge Verlag, Perth 2010, ISBN 978-0-415-80299-4.
  • Iris Petzold, Alexander Thomas, Nadja Ringel: Beruflich in Japan: Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-49061-7.
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Einzelnachweise

Anmerkungen

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