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KZ-Außenlager Kaufering II – Igling
Außenlager des KZ-Außenlagerkomplex Kaufering des KZ Dachau in Igling im Landkreis Landsberg am Lech Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das KZ-Außenlager Kaufering II – Igling alias KZ-Außenlager Kaufering II – Stoffersberg war das zweite der elf Lager des Außenlagerkomplexes Kaufering, des größten Komplexes der 169 Außenlager des Konzentrationslagers Dachau.[1] Es befand sich etwas westlich der Bunker-Baustelle „Diana II“,[1] im Südosten des Gebietes der Gemeinde Igling nördlich der Buchloer Straße, südöstlich des Weilers Stoffersberg.
Lage KZ-Außenlager Kaufering II – Igling in Bayern. |

Unter der örtlichen Leitung der Organisation Todt mussten die KZ-Häftlinge bei völlig unzureichender Ernährung härteste Zwangsarbeit vor allem am Großbunker Diana II verrichten,[2] für die Baufirma Philipp Holzmann.[3] Die Vernichtung durch Arbeit hatte Vorrang.[4]
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Entstehungshintergrund
Nach der Luftoffensive der Alliierten im Februar 1944 war die deutsche Rüstungsindustrie schwer getroffen. Die Flugzeug-Produktion sollte mittels U-Verlagerung unter die Erde verlagert werden, mit der Leitung beauftragt war der Jägerstab mit weitreichenden Vollmachten. Dieser beauftragte die Organisation Todt (OT) mit Organisation und Herstellung der Großbunker,[5] ursprünglich geplant war eine Länge von 400 Metern bei einem Innendurchmesser von 85 Metern und 25 Metern Innenhöhe, mit mindestens fünf Metern Wandstärke.[6] Mit dem massiven Einsatz von mehr als 30.000 größtenteils an Baufirmen vermieteten KZ-Häftlingen im KZ-Außenlagerkomplex Kaufering sollten drei Großbunker für die Fertigung u. a. des Strahlflugzeugs Messerschmitt Me 262 erstellt werden.[4]
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Großbunker-Baustelle Diana II
Gefangene des KZ-Außenlagers Kaufering II mussten für die Firma Philipp Holzmann bei minimaler Ernährung unter härtester körperlicher Arbeit vor allem Erd- und Betonarbeiten am Bunker Diana II verrichten. Wenn die Gefangenen auch für die Arbeit benötigt wurden, hatte ihre Vernichtung durch Arbeit Vorrang.[4]
Der Großbunker Diana II wurde nur begonnen, die Arbeiten im März 1945 endgültig eingestellt.[7] Fertiggestellt wurden nur die Widerlager sowie die Lorenkanäle zum Abtransport der Kiesausgrabungen. Sie wurden nicht unter Denkmalschutz gestellt und 1987 vom Kiesgrubenbetreiber mit Bauschutt und Kies verfüllt.[8] Die untertägigen Relikte im Bodenbereich werden als Bodendenkmal geführt (D-1-7931-0144), die beiden horizontalen Stollenschächte aus Stahlbeton als Baudenkmal (D-1-81-127-22).[3]
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Errichtung und Betrieb des KZ-Außenlagers
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Ab 24. August 1944 wurden die ersten 1200 männlichen Häftlinge[1] sowie 770 weibliche in das KZ-Außenlager Kaufering II – Igling überstellt, zunächst als leichtes Sommer-, später weiter südlich als nur etwas besser befestigtes Winterlager.[2] Die Inhaftierten mussten Zwangsarbeit für den Bunkerbau an Diana II, einer Landebahn und für den Transport von Maschinenteilen für den Großbunker Weingut II verrichten.[3]
Shlomo Shafir, einziger überlebender Redakteur der Untergrundzeitung Nitzotz (‚Der Funke‘) aus dem KZ Kauen, gab in diesem Außenlager zwei weitere Ausgaben heraus,[10] unter Inspiration von Abraham Melamed.[11] Auch Adi Ribon war hier interniert.[12]
Sommerlager
Zunächst als reines Sommerlager konzipiert, mussten die KZ-Häftlinge das Lager wie sonst nur im KZ-Außenlagerkomplex Mühldorf als runde „Finnenhütten“ aus Sperrholz errichten, zur Tarnung grün gestrichen, von den Inhaftierten als „Pappe“ eingeordnet.[13] Etwa 20 Gefangene passten in eine solche Finnenhütte, geschlafen wurde auf dem Boden in kreisförmiger Anordnung.[13] Die mit Erde belegten Hütten waren bald durchweicht, es folgte die Errichtung des Winterlagers südlich des Sommerlagers.[13]
Winterlager
Das Winterlager mit einer Kapazität für 3300 KZ-Häftlinge[1] wurde im Spätherbst in Betrieb genommen.[2] Es bestand aus 66 Erdhütten und war mit 2000 Männern[3] sowie zusätzlich räumlich separiert einer unbekannten Anzahl von Frauen belegt.[14] Bis Januar 1945 soll die Lagerbelegung auf 450 Gefangene zurückgegangen sein.[3] Diese Erdhütten waren so niedrig, dass man darin nicht sitzen konnte, am Fußende waren sie wegen des Daches nur zehn Zentimeter hoch.[14]
(10 Minuten, englisch, 1983)[15]
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Räumung des Lagers
Recht sicher war das Lager im April 1945 bereits geräumt.[7] Karl Rom gab Berichte von Jakob Liebermann und dessen Vater wieder,[16] Wochen vorher sei das KZ-Außenlager Kaufering II – Igling geräumt worden und die Häftlinge in das Außenlager Kaufering XI – Landsberg-Stadtwaldhof verlegt.[7]
Juristische Aufarbeitung
Lagerführer des KZ-Außenlager Kaufering II – Igling war ab August 1944 SS-Obersturmführer Arno Lippmann, bis Mitte Dezember SS-Oberscharführer Alois Wipplinger, dann SS-Obersturmführer Vinzenz Schöttl und ab Ende Februar 1945 Otto Moll, der zuvor bereits verantwortlich zeichnete für die Gaskammern und Krematorien des KZ Auschwitz.[17]
Alois Wipplinger wurde wegen seiner Brutalität und der unmenschlichen Lagerbedingungen zu lebenslanger Haft verurteilt,[18] die drei anderen wurden nach Gerichtsprozessen im Zuge des Dachau-Hauptprozesses Ende Mai 1946 in Landsberg hingerichtet.[19]
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Erinnerung und Gedenken
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Gedenkort
Am Standort des ehemaligen Lagers erinnert nichts an das ehemalige Außenlager Kaufering II – Igling. Er ist wie damals auf drei Seiten von Wald umgeben. Informationstafeln oder eine Gedenkstätte gibt es nicht. Das ehemalige KZ-Außenlager wurde als Bodendenkmal D-1-7930-0078 nachqualifiziert.[20] Auf Bodenradar-Karten sind die überwachsenen ehemaligen Erdhütten des Außenlagers gut erkennbar.

KZ-Friedhof Igling–Stoffersberg–Kiesgrube
Der KZ-Friedhof Igling–Stoffersberg–Kiesgrube befindet sich östlich von Igling an der Buchloer Str., vom Parkplatz im Verkehrskreisel Landsberger Str. noch 150 Metern Fußweg auf einem rustikalen Forstweg.[21] Hierher wurden im Mai 1945 die Nähe der alten Landstraße verscharrten KZ-Toten vor allem dieses, sowie auch des Außenlagers Kaufering XI – Landsberg-Stadtwaldhof umgebettet, 1948 bis 1950 darüber dieser Friedhof angelegt.[3]
Auf dem etwas verwilderten Friedhof im Wald sind in neun Sammelgräbern 2000 KZ-Opfer begraben.[22] Die Grabfelder sind mit Betoneinfassungen versehen, dabei soll es sich um Fundamente der Lagerbaracken und Lagergebäude handeln.[3] Der Gedenkstein aus Flossenbürger Granit trägt unter einem Davidstern die Aufschrift:[22]
Durch Tod
zum Leben!
Hier ruhen
KZ-Opfer
Dieser wie folgender KZ-Friedhof wurde als Bodendenkmal D-1-7930-0078 nachqualifiziert.[20]

KZ-Friedhof Igling–Stoffersberg–Wald
Der KZ-Friedhof Igling–Stoffersberg–Wald befindet sich 700 Meter nordöstlich des Parkplatzes des KZ-Friedhofs Igling–Stoffersberg–Kiesgrube (s. oben) bzw. 200 Meter nördlich von Stoffersberg 4 in Igling, über den unbefestigten Feldweg ohne weiteres Hinweisschild rechts im Wald.[23] Hierher wurden im Mai 1945 die Nähe der alten Landstraße verscharrten KZ-Toten des KZ-Außenlagers Kaufering XI – Landsberg-Stadtwaldhof wie auch dieses KZ-Außenlagers umgebettet, 1948 bis 1950 darüber dieser Friedhof angelegt.[3]
Auf diesem Friedhof befinden sich in sieben Grabfeldern die sterblichen Überreste von 490 KZ-Toten.[22] Die deutsche Inschrift des zentralen Gedenksteins lautet:[24]
Durch Nacht
zum Licht!
Hier ruhen
KZ-Opfer
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Siehe auch
- KZ-Außenlagerkomplex Kaufering – Gesamtkontext Kaufering II – Igling sowie die anderen zehn Außenlager
- Posener Reden – Himmlers Reden zur Judenvernichtung, Herbst 1943
Literatur
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Autobiografisch
- Sidney Iwens: Der Himmel so düster – 1400 Tage Naziterror. Biografie. 1. deutsche Auflage. Sich, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-9812628-8-9 (450 S., Original in Englisch: ‚How dark the heavens: 1400 days in the grip of Nazi terror‘, New York 1990, 291 Seiten, ISBN 0-88400-147-4 / Sidney Iwens war in den Lagern Kaufering II – Igling, Kaufering X – Utting und Kaufering XI – Stadtwaldhof/Landsberg).
KZ-Außenlagerkomplex Kaufering – Gesamtdarstellungen
- Barbara Fenner: Emotionen, Geschichtsbewusstsein und die Themenzentrierte Interaktion (TZI) am Beispiel des Unterrichtsprojekts zum Außenlagerkomplex Kaufering/Landsberg „Wir machen ein KZ sichtbar“ – Aus der Geschichte lernen. Augsburg, Univ., Diss., 2012. Wißner, Augsburg 2014, OCLC 862808883 (298 S., uni-augsburg.de [PDF; 9,7 MB; abgerufen am 1. November 2020] zugleich Dissertation 2012, Universität Augsburg. Schwerpunkt KZ-Außenlager Kaufering XI – Stadtwaldhof, sowie Zusammenfassungen zu den anderen Außenlagern des Lagerkomplexes).
- Edith Raim: Die Dachauer KZ-Außenkommandos Kaufering und Mühldorf – Rüstungsbauten und Zwangsarbeit im letzten Kriegsjahr 1944/45. Neumeyer, Landsberg am Lech 1992, ISBN 3-920216-56-3, S. 151–153, 173 f., 193–195, 272 (317 S., zugleich München, Universität, Philosophische Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaft, Dissertation 1992).
Enzyklopädien
- Edith Raim: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 2. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 360–373 (607 S.).
Ergänzend
- Constanze Werner: KZ-Friedhöfe und -Gedenkstätten in Bayern – Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet… Hrsg.: Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. 1. Auflage. Schnell & Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2483-1, S. 92–96 (439 S.).
- Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation – Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Band 1. Edition Hentrich Berlin, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 149 f. (840 S., bpb.de [PDF; 24,8 MB; abgerufen am 3. September 2021]).
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Film
- United States Holocaust Memorial Museum: Oral history interview with Shlomo Shafir. In: Film, Audio and Video / Testimony. ushmm.org, 1995, abgerufen am 13. September 2021 (hebräisch, Accession Number 1995.A.1272.136, RG Number RG-50.120.0136, Ausschnitt tape 2/2 = Video 4, time 4:11 – 4:49): „Dachau: He describes the camp and his forced labor work there. A hospital stay due to blood poisoning was shortened as he found that sick people were likely to be sent to Auschwitz. He explains the difference between Dachau Kaufering #1 and Dachau Kaufering #2. He was moved from #2 to #1, and continued his extensive underground Zionist activities and even theater [partly initiated by the SS] on Christmas ‘44. Describes what they knew or heard about the progress of the war and allies.“
Weblinks
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Commons: KZ Kaufering II – Igling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
zum KZ-Außenlager Kaufering II – Igling
- Friedrich Schreiber, Verein „Gedenken im Würmtal“: KZ-Komplex „Außenkommando Kaufering“ Evakuierungen: 5 oder 6 Märsche, 1 Bahntransport. Ruth Kaner, Januar 2009 (s. a. Quellenanalyse KZ-Kommando Kaufering – Informationsdefizite bei Evakuierung der Lager in Kaufering und Landsberg, Hurlach, Utting und Türkheim).
Fotos
- Wolfgang Kowarschick und weitere für den Studiengang „Interaktive Mediensysteme“, Hochschule Augsburg: Erdhütte in Lager 2, 1947. (JPG) In: erinnerungsort.digital. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2021 (Erinnerungsort – KZ-Außenlagerkomplexes Kaufering mit interaktiver Karte).
Luftbild des ehemaligen KZ-Außenlagers
- Carls Luftbild Datenbank: Kaufering II (Stoffersberg [Igling]). (JPG) In: Landsberg-Kaufering erinnern – Erinnerungsorte. Stadt Landsberg am Lech, Landkreis Landsberg am Lech, Marktgemeinde Kaufering mit Unterstützung der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, April 2021: „Lager II unterstand zuletzt dem SS Lagerführer Otto Moll. Ende April 1945 befahl er den KZ-Häftlingen den Marsch nach Dachau.“
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Einzelnachweise
Wikiwand - on
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