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Karl Holzamer

deutscher Philosoph, Pädagoge und Intendant des ZDF (1962 bis 1977) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Karl Holzamer
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Karl Johannes Holzamer (* 13. Oktober 1906 in Frankfurt am Main; † 22. April 2007 in Mainz) war ein deutscher Pädagoge, von 1946 bis 1962 Professor für Philosophie, Psychologie und Pädagogik sowie von 1962 bis 1977 Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF).

Karl Holzamer. Signatur 1958
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Karl Holzamer (2. v. re.) 1970 in Kiel

Leben

Zusammenfassung
Kontext

Jugend und erste Berufsjahre

Karl Holzamer, ein Nachfahre des Schriftstellers Wilhelm Holzamer und des promovierten Regens vom Priesterseminar Mainz Johann Holzamer, wurde als Kind des Angestellten Peter Holzamer und dessen Ehefrau, einer geborenen Heer, in Frankfurt am Main geboren und besuchte dort ab der Sexta das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium. Er war katholisch und kam 1919 zum Bund Neudeutschland, in dem sich große Teile der jungen katholischen Intelligenz sammelten. Er machte 1926 sein Abitur und studierte anschließend als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes Philosophie, Pädagogik, Psychologie, Romanistik und Germanistik in München, Paris, Frankfurt und Bonn. 1929 wurde er in München zum Dr. phil. promoviert. Anschließend bewarb er sich bei der kurz zuvor gegründeten Pädagogischen Akademie Bonn und legte dort 1931 das erste Examen für Volksschullehrer ab, mit der Überlegung: „Wenn du einmal Volksschullehrer ausbilden willst, dann musst du natürlich auch selbst mal die Volksschule kennenlernen.“

1931 wurde Holzamer zunächst Mitherausgeber der Stimmen der Jugend in Düsseldorf, kurz darauf Assistent am Psychologischen Institut der Universität Bonn und im November schließlich Assistent und Sachbearbeiter der Pädagogischen Abteilung des Westdeutschen Rundfunks. Politisch betätigte er sich im Reichsjugendausschuss der Zentrumspartei. Parallel dazu lief eine Bewerbung als Professor.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 gab Holzamer sein politisches Engagement auf. Beim Rundfunk wurden sein Chef und der Intendant entlassen, so dass er den Schulfunk zunächst selber leitete, dann aber mangels Parteizugehörigkeit die Landwirtschaft (als vollkommener Laie), die Sprachen und die religiösen Morgenfeiern bekam. Letztere gab es bei der inzwischen in Reichssender Köln umbenannten Anstalt ungeachtet einer Anordnung von 1937 weiterhin. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Holzamer ezum Wehrdienst ingezogen. Er kam als Bordschütze zur Luftwaffe und wurde Kriegsberichter für Hörfunk[1] und Presse.[2][3] Holzamer war Angehöriger der Propagandakompanie der Luftwaffe (zuletzt Oberleutnant). Am Ende geriet er in französische Kriegsgefangenschaft, wo er bis 1946 als Übersetzer arbeitete.

Holzamer trat zum 1. Mai 1937 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 6.088.556).[4] Er hatte nach dem Zweiten Weltkrieg fälschlicherweise ausgesagt, es habe zwischen 1937 und 1939 ausschließlich eine NSDAP-Parteianwartschaft gegeben, die er 1939 jedoch selbst aufgelöst habe. Außerdem verschwieg Holzamer, dass er zeitweilig SA-Mitglied war. Holzamer war zudem bis zum Austritt am 1. April 1936 Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund.[5][6][7]

Professur

Karl Holzamer hatte seine Bewerbung als Professor noch beim Preußischen Kultusministerium unter der Leitung von Adolf Grimme eingereicht. Sie lief bis 1937, als man ihm trotz freier Stellen mitteilte, seine Verwendung im Hochschuldienst sei nicht vorgesehen. Nach dem Krieg erwies sich dies als ausgezeichnetes Zeugnis, woraufhin er 1946 ohne Habilitation planmäßiger, außerordentlicher Professor für Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und 1952 Ordinarius wurde. Bereits 1948 erhielt er den Lehrstuhl für scholastische Philosophie und Pädagogik. Als Vertreter der Universität Mainz kam Holzamer mit der Gründung des Südwestfunks (SWF) in dessen Rundfunkrat. Da er dort unter den 49 Mitgliedern das einzige mit praktischer Erfahrung war, übernahm er von 1949 bis 1960 den Vorsitz. Von 1957 bis 1958 war er Direktor des Studienbüros für Jugendfragen in Bonn. Mit der Wahl zum ZDF-Intendanten 1962 wurde er von der Universität beurlaubt.

ZDF

Karl Holzamer war von Bundeskanzler Adenauer 1960 als Intendant der Deutschland-Fernsehen-GmbH vorgesehen (die Wahl des Intendanten kam aber aufgrund der schon anhängenden Klage von vier Bundesländern beim Bundesverfassungsgericht nicht zustande). Den Posten eines Programmdirektors bei der privatrechtlichen Freies Fernsehen Gesellschaft lehnte Holzamer 1960 ab. Als CDU-Kandidat – wobei es auch in der SPD große Zustimmung gab – für den Intendantenposten des nachfolgenden ZDF hatte er dann mehr Erfolg: Er wurde am 12. März 1962 vom Fernsehrat gewählt und später zweimal bestätigt. Gemeinsam mit Gerhard Löwenthal gehörte er zu den Mitbegründern und medialen Vertretern des Bundes Freiheit der Wissenschaft. Erst am 14. März 1977 ging er in den Ruhestand. Bereits 1974 wurde er als Professor emeritiert.[8] Seine Nachfolge als Intendant übernahm Karl-Günther von Hase.

Wim Thoelke sagte über seine Zeit beim ZDF: „Karl Holzamer war ein Mann von belebendem Optimismus und dabei sowohl hochintelligent als auch auf positive Weise kritisch. Ohne ihn wäre das ZDF niemals auf die Beine gekommen.“ Dem bekennenden Katholiken Holzamer war die Vermittlung von Moral und Glaube im Programm besonders wichtig, so galt er als „Apostel einer intakten Welt“.[9]

Zusammen mit seinem Freund und Mitarbeiter Wolfgang Brobeil hat Holzamer u. a. die Aktion Sorgenkind mit auf den Weg gebracht und sich für deren Fortsetzung nach dem Ende von Vergißmeinnicht eingesetzt.[10]

Privates

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Grab von Karl Holzamer auf dem Hauptfriedhof Mainz

Karl Holzamer heiratete 1932 seine ein Jahr jüngere Verlobte Helene Uehlein, mit der er vier Kinder hatte. Sie starb im Juni 1992. Karl Holzamer war der Großvater von Laurent Daniels. Er war auch mit dem Schriftsteller Wilhelm Holzamer (1870–1907) verwandt.

Er war Mitglied der CDU, Ehrenmitglied des KStV Kurpfalz Mainz im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine und Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem.

Karl Holzamer starb im April 2007 im 101. Lebensjahr. Sein Grab befindet sich auf dem Mainzer Hauptfriedhof.

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Auszeichnungen und Ehrungen

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Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Grundfragen des neuzeitlichen Humanismus, Kupferberg, Mainz 1947. (Mainzer Universitäts-Reden; H. 4)
  • Einführung in die Philosophie. Grundlegung der Erkenntnis-Theorie als Fundament der übrigen Disziplinen, Kupferberg, Mainz 1947.
  • Einführung in die Pädagogik, Kirchheim, Mainz 1949.
  • Grundriss einer praktischen Philosophie: Freiheit, Toleranz, Sittlichkeit, Ressentiment, Knecht, Frankfurt am Main 1951.
  • Kind und Radio (= Bedrohte Jugend – drohende Jugend. Band 34). Klett-Verlag, Stuttgart 1954.
  • Die Einführung junger Menschen in die soziale Verantwortung. Ein Vortrag (= Schriften des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Band 19). Frankfurt am Main 1959.
  • Autoritarismus und Nationalismus. Ein deutsches Problem? Bericht über eine Tagung (= Politische Psychologie. Band 2). Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1963.
  • Die Verantwortung des Menschen für sich und seinesgleichen. Reden und Aufsätze. Bertelsmann-Verlag, Gütersloh 1966.
  • Das Kind vor Radio und Fernsehen. 1966.
  • Kunst und Konfektion im Bereich der Publizistik, Versuch eines Brückenschlags. Sebaldus, Nürnberg 1969.
  • Philosophie. 8. Auflage. 1970.
  • Projekte, Probleme und Perspektiven des Fernstudiums im Medienverbund (= Lehren und lernen im Medienverbund. Band 1). Athenaeum, Frankfurt am Main 1970, ISBN 3-494-00635-0.
  • Das Wagnis. Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt. von Hase u. Koehler, Mainz 1979, ISBN 3-7758-0980-5.
  • Anders, als ich dachte. Lebenserinnerungen des ersten ZDF-Intendanten (= Herderbücherei. Band 1066). Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 1983, ISBN 3-451-08066-4.
  • Einführung in die Welt des Denkens. Pattloch-Verlag 1990, ISBN 3-629-00548-9.
  • Lebensreise zwischen Philosophie und Fernsehen. Verlag Philipp von Zabern 2003, ISBN 3-8053-3097-9.

Literatur

  • Integritas. Geistige Wandlung und menschliche Wirklichkeit. Karl Holzamer gewidmet. [Festschrift zum 60. Geburtstag] Hrsg. von Dieter Stolte und Richard Wisser. Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins, Tübingen 1966.
  • Reden zur Verabschiedung von Professor Dr. Karl Holzamer und zur Einführung des Intendanten Karl-Günther von Hase. ZDF, Mainz 1977.
  • Holzamer, Karl. In: Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 544.
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Einzelnachweise

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