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Luftangriffe auf Koblenz
Bombardements des Zweiten Weltkriegs Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Luftangriffe auf Koblenz im Zweiten Weltkrieg, die 1944 und 1945 von den United States Army Air Forces (USAAF) und der britischen Royal Air Force (RAF) durchgeführt wurden, zerstörten die Stadt Koblenz zu 87 %. Speziell das Flächenbombardement ziviler Ziele (Innenstadt, Wohngebiete und andere) durch die RAF erfolgte aufgrund der vom britischen Luftfahrtministerium (Air Ministry) am 14. Februar 1942 erteilten „Area Bombing Directive“.[1]


Aufgrund dieser Anweisung richtet die RAF den verheerenden Angriff am 6. November 1944 gegen die Koblenzer Innenstadt und machte sie praktisch unbewohnbar. Das historische Stadtbild der Hauptstadt der Rheinprovinz ging in der Folge für immer verloren. Zwei Millionen Kubikmeter Trümmerschutt prägten das Stadtbild. Vom Rhein hatte man ungehinderten Durchblick bis nach Moselweiß. Von ehemals 23.700 Wohnungen blieben nur 1.500 unbeschädigt.
Der Luftkrieg des Zweiten Weltkriegs forderte in Koblenz insgesamt 1.016 Tote und 2.925 Verwundete. Von den 94.417 Einwohnern (1943) lebten bei Kriegsende nur noch rund 9.000 im Stadtgebiet. Diese Personen, die sich aus kriegswichtigen Gründen in der Stadt aufhalten mussten, lebten wochenlang in den großen Betonbunkern der Innenstadt. Der Rest der Koblenzer Bevölkerung wurde schon bis Ende 1944 nach Thüringen evakuiert. Die Luftangriffe auf Koblenz endeten Anfang 1945, als sich amerikanische Truppen von der Eifel her der Stadt näherten.
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Bedeutung als Angriffsziel
Die knapp über 90.000 Einwohner zählende Große Mittelstadt hatte zunächst keine unmittelbare militärisch-strategische Bedeutung. Es gab keine kriegswichtige Industrie in Koblenz. Die Garnisonen der Wehrmacht sowie die Verkehrseinrichtungen wurden von den Alliierten als Ziele mit nur untergeordneter Priorität betrachtet. Bis 1944 blieb Koblenz auch größtenteils von Bombenangriffen verschont, während Städte wie Köln und Frankfurt bereits zu großen Teilen zerstört waren. Koblenz wurde erst im Rahmen der erweiterten britischen Area Bombing Directive zum Zielgebiet.
Mit der Invasion der Alliierten in Frankreich (Operation Overlord) im Juni 1944 geriet auch Koblenz ins Visier der Bomberflotten. Mit Beginn der deutschen Ardennenoffensive im Dezember 1944 gewann das Eisenbahnnetz im Raum Koblenz an Bedeutung und die Bombardierung erreichte ihren letzten Höhepunkt. Nach dem Vorstoß der alliierten Truppen in die Eifel endeten im Januar 1945 auch die Bombenangriffe. In und um Koblenz war die gesamte Infrastruktur zerstört. Am 19. März 1945 eroberten amerikanische Truppen die Stadt und hissten auf dem Rathaus das Sternenbanner.
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Luftschutzmaßnahmen
Zusammenfassung
Kontext
Obwohl die Stadt Koblenz durch die Luftangriffe zum Kriegsende zu 87 % zerstört war, lag die Zahl der zivilen und militärischen Bombenopfer mit rund 1.100 Toten für eine Stadt dieser Größe relativ niedrig. Hauptgrund hierfür waren die Luftschutzmaßnahmen von Stadt und Reichsluftschutzbund. Nahezu alle Einwohner konnten bei einem Luftangriff in 15 Bunkern, im Eisenbahntunnel Pfaffendorf-Horchheim und in acht Stollen Schutz suchen. Der größte Stollen lag unter der Festung Ehrenbreitstein. Die sechs Tiefbunker, drei Hochbunker und sechs gemischten Bunker verteilten sich auf das gesamte Stadtgebiet, die meisten von ihnen sind bis heute erhalten. Dabei waren drei Bunker für Krankenhäuser und ein Bunker für die Polizei reserviert, die restlichen elf Bunker waren als öffentliche Luftschutzräume ausgewiesen. Hinzu kamen noch zwei Bunker der Reichsbahn am Bahnbetriebswerk Koblenz-Mosel für die Bahnbediensteten.
Die Luftschutzbunker in Koblenz entstanden zwischen 1937 und 1943. Neben den Zivilarbeitern wurden auch Kriegsgefangene zum Bau eingesetzt. Wenn sich feindliche Verbände der Stadt näherten, löste das örtliche Luftschutzwarnkommando zur Warnung der Bevölkerung Fliegeralarm aus. Im Großraum Koblenz waren Flak-Batterien der Kaliber 2 cm bis 12,8 cm (davon vier als Eisenbahnflak) sowie Stellungen mit Flakscheinwerfern im Einsatz. Die Feuerwehr legte zur schnellen Brandbekämpfung mehrere Löschwasserteiche auf großen Plätzen an. Sperrballone sollten die Rhein- und Moselbrücken vor Angriffen von Tieffliegern schützen.
Nach Ende des Krieges dienten die Bunker den in die Stadt zurückkehrenden Menschen noch viele Jahre als Wohnunterkunft. Mit Einsetzen des Kalten Kriegs wurden einige Bunker in Koblenz ausgebaut, einen effektiven Schutz gegen einen Angriff mit Kernwaffen boten sie jedoch nie. Nach der Deutschen Wiedervereinigung waren noch drei Bunker einsatzfähig, jedoch beschloss 2007 die damalige Bundesregierung der Großen Koalition (Kabinett Merkel), alle zum Luftschutz vorhandenen Bunkeranlagen aufzugeben.
- Trümmerfrauen in Koblenz, 1944
- Zivilisten vor einem Bunker, 1945
- Zerstörungen in der Löhrstraße, rechts der Kaufhof, 1945
- Amerikanische Soldaten in der Löhrstraße, März 1945
- Zerstörungen in der Kastorpfaffenstraße, März 1945
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Chronologie der Luftangriffe
- Ruinen Am Plan, März 1945
- Die schwer beschädigte Herz-Jesu-Kirche 1945
- Die schwer beschädigte Christuskirche 1945
- Das zerstörte Reiterstandbild am Deutschen Eck, März 1945
- Das Rathaus von Koblenz mit gehisster amerikanischer Flagge, März 1945
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Zerstörungen und Wiederaufbau
Zusammenfassung
Kontext
Die Stadt Koblenz wurde zwar hauptsächlich aber nicht nur durch die Luftangriffe zerstört, sondern auch durch Artilleriebeschuss sowie den folgenden 19-tägigen Bodenkampf beim Einmarsch der amerikanischen Truppen. Alle Rhein- und Moselbrücken wurden am 7. März 1945 von den sich zurückziehenden Einheiten der Wehrmacht gesprengt. Ebenfalls vollständig zerstört waren die Versorgungsleitungen, Straßenverbindungen, Eisenbahnwege und Hafenanlagen. Von den 23.700 Wohnungen vor dem Krieg waren nur 1.500 unbeschädigt geblieben. Das Zentrum von Koblenz war verwüstet, viele historisch wertvolle Gebäude zerstört oder stark beschädigt. Die Innenstadt lag zu 98 % in Trümmern, die Vororte zu 60 %. Unter den wenigen nur leicht beschädigten und noch intakten Gebäuden in der Innenstadt befanden sich das Rathaus, die Alte Burg und das Theater. Da mit dem großen Rathaussaal und dem Theater unbeschädigte große Räumlichkeiten zur Verfügung standen, fanden die Versammlungen zur Gründung des Landes Rheinland-Pfalz 1946/47 hier statt.
Die Hauptaufgabe der neuen Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Wilhelm Kurth bestand darin, die Stadt von den Millionen Kubikmetern Trümmerschutt zu befreien, die Infrastruktur wiederherzustellen und die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Nach Übergabe der Stadt an die französische Militärverwaltung unter General Marie-Pierre Kœnig besuchte am 3. Oktober 1945 General Charles de Gaulle Koblenz und erklärte im Rathaussaal: „Frankreich wird sich besonders für die Region Koblenz verwenden“; denn „es gibt Gründe, dass wir uns ganz besonders verstehen werden.“[3]
Bis Ende 1945 kehrten bereits 47.000 Koblenzer in die zerstörte Stadt zurück. Erst nach elf Jahren hatte Koblenz wieder die Vorkriegszahl von 91.000 Einwohnern erreicht. Den Wiederaufbau bestimmte ein Generalbebauungsplan von 1946, der aber vielfachen Anpassungen in den folgenden Jahren unterworfen war. Historische Gebäude wie die Karmeliterkirche am Rhein, das alte Bürgerhospital und das Dominikanerkloster in der Weißergasse wurden gar nicht mehr aufgebaut, andere Gebäude wie die Jesuitenkirche, das Kurfürstliche Schloss oder der Hauptbahnhof nur noch in vereinfachter Form. Das Kastorviertel wurde neu gestaltet und hochwassersicher gemacht. Das Areal um das heutige Löhr-Center zwischen Löhrrondell und Balduinbrücke wurde komplett neu gestaltet. Es entstanden neue Straßenzüge, die es so vorher nicht gegeben hatte.
In der Innenstadt entstand mit dem Zentralplatz ein Platz in einem Bereich, der vorher dicht mit Fachwerkhäusern bebaut war. Bei der Neugestaltung der Stadt wurden aus dem damaligen Zeitgeist heraus Entscheidungen getroffen, die später bitter bereut wurden. So wurde beispielsweise auf dem Zentralplatz 1964 die Wasserturmsmauer abgebrochen, ein noch vorhandener Teil der mittelalterlichen Stadtmauer. Die prachtvolle Städtische Festhalle neben dem Schloss musste einer neuen Verkehrsplanung zwischen Friedrich-Ebert-Ring, Pfaffendorfer Brücke und Neustadt weichen, obwohl sie aufgrund ihrer nicht so starken Beschädigungen noch aufbauwürdig war. Sie wurde 1962 wenige Meter daneben durch die Rhein-Mosel-Halle ersetzt.
Die Schiffbrücke über den Rhein wurde aufgegeben, nachdem sie noch nach dem Krieg für kurze Zeit durch eine Pontonbrücke ersetzt worden war, und durch den leistungsfähigen Neubau der Pfaffendorfer Brücke überflüssig gemacht. Aufgegeben wurde der Moselhafen am Ufer vor dem Deutschen Eck und in Wallersheim entstand von 1961 bis 1965 ein moderner Rheinhafen. Der historische Kern der Koblenzer Altstadt hingegen wurde bis in die 1980er restauriert und behielt größtenteils seine historische Gestaltung.
- Das zerstörte Koblenz 1945, links oben das ausgebrannte Kurfürstliche Schloss, rechts der Friedrich-Ebert-Ring
- Die zerstörte Altstadt von Koblenz 1945
- Trümmergelände, im Hintergrund hat der Wiederaufbau der Kastorkirche begonnen, 1946
- Relief in Erinnerung an die zerstörte Karmeliterkirche, rechts daneben die Gedenktafel für Josef Kentenich
- Das erhaltene Rokokoportal des zerstörten Dominikanerklosters in der Weißergasse
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Bombenfunde nach dem Zweiten Weltkrieg
Zusammenfassung
Kontext
Auch Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden und werden im Stadtgebiet von Koblenz immer noch Blindgänger gefunden. Diese Überreste der schweren Bombardierungen können immer noch explodieren, stellen also eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung dar. Die Munition befindet sich meist verdeckt im Erdreich und wird – unabhängig von der gezielten Suche auf Grund verdächtiger Luftbilder – zufällig bei Baumaßnahmen entdeckt. Weitere Blindgänger finden sich in den Flussbetten von Rhein und Mosel. Für die folgende Entschärfung und Sicherung der Fliegerbomben ist der Kampfmittelräumdienst zuständig. Dabei kommt es zu ausgedehnten Evakuierungen der Bevölkerung. Nicht selten müssen dazu mehrere Stadtteile vollständig geräumt werden.
Bombenfunde in Koblenz seit 1992:[4]
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Siehe auch
Literatur
- Helmut Schnatz: Der Luftkrieg im Raum Koblenz 1944/45. Eine Darstellung seines Verlaufs, seiner Auswirkungen und Hintergründe. (= Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz. Bd. 4). Boldt, Boppard am Rhein 1981, ISBN 3-7646-1774-8.
- Ingrid Bátori, Dieter Kerber, Hans Josef Schmidt (Red.): Geschichte der Stadt Koblenz. Herausgegeben von der Energieversorgung Mittelrhein GmbH. 2 Bände. Theiss, Stuttgart;
- Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. 1992, ISBN 3-8062-0876-X;
- Band 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. 1993, ISBN 3-8062-1036-5.
- Helmut Schnatz: Ganz Koblenz war ein Flammenmeer. 6. November 1944. (= Deutsche Städte im Bombenkrieg). Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2004, ISBN 3-8313-1474-8.
- Helmut Schnatz: Koblenz im Bombenkrieg. In: historicum.net.
- Wolfgang Glückelhorn: Die Koblenzer Luftschutzbunker im alliierten Bombenhagel. Luftschutzmaßnahmen und -anlagen von Koblenz im Zweiten Weltkrieg und ihre Wirkung. Helios, Aachen 2008, ISBN 3-9382-0882-1.
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Weblinks
Commons: Luftangriffe auf Koblenz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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