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Pausa (Unternehmen)
ehemalige deutsche Textilfabrik Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Pausa war eine deutsche Textildruckfirma mit Sitz in Mössingen im Landkreis Tübingen.
Geschichte
Zusammenfassung
Kontext
Die Mechanische Weberei Pausa wurde 1911 von den Stuttgarter Brüdern Artur und Felix Löwenstein in Pausa im Vogtland gegründet. 1919 übernahmen die Brüder eine 1871 gegründete Mössinger Buntweberei und verlegten den Sitz ihres Unternehmens nach Stuttgart, später nach Mössingen. Im Oktober 1923 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Neben der Herstellung von Webstoffen des täglichen Bedarfs verlegte das Unternehmen den Schwerpunkt auf die Produktion künstlerisch anspruchsvoller Dekorationsstoffe, für die 1921 eine eigene Druckabteilung eingerichtet wurde. Zur Erlangung der Entwürfe stand sie im Austausch mit Vertretern aus dem Deutschen Werkbund wie Richard Herre, mit renommierten Schulen wie der Frankfurter Kunstschule oder dem Bauhaus sowie mit der Wiener Werkstätte und den Vereinigten Werkstätten München. Der Stuttgarter Architekt Richard Döcker errichtete 1922–1925 ein neues Gebäude für die Handdruck-Abteilung der Pausa. 1928 folgte eine moderne Shedhalle. Die Kontakte mit dem Bauhaus kamen möglicherweise über das Stuttgarter Ehepaar Lily und Hans Hildebrandt zustande. Drei Absolventinnen des Bauhauses entwarfen Ende der 1920er Jahre Stoffe für die Pausa: Friedl Dicker (1898–1944), Lisbeth Oestreicher (1902–1989) sowie die gebürtige Lettin Ljuba Monastirskaja (1906–1941)[1], die sogar als Leiterin des Entwurfsbüros der Weberei eingestellt wurde.
Nationalsozialismus
1933 spielte die Belegschaft der Pausa eine zentrale Rolle beim Mössinger Generalstreik, einer der deutschlandweit wenigen Protestaktionen gegen die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. 1936 kam es zur „Arisierung“ der Pausa. Die Brüder Löwenstein wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunft gezwungen, ihr Unternehmen weit unter Wert zu verkaufen und zu fliehen. Käufer war die Unternehmensgruppe Burkhardt-Greiner. Der seit 1935 als künstlerischer Berater tätige Willy Häussler wurde zum künstlerischen Direktor der Pausa berufen. Er hatte an der Kunstgewerbeschule in München bei Josef Hillerbrand studiert und bei den Vereinigten Werkstätten in München gearbeitet.
Nachkriegszeit
Nach kriegsbedingter Unterbrechung der Stoffproduktion gelang es Häussler ab Ende der 1940er-Jahre wieder schnell an die Größen des deutschen und internationalen Stoffdesigns anzuknüpfen. Mit Künstlern wie Willi Baumeister, Alexander Camaro, Gerhard Fietz, HAP Grieshaber, Walter Matysiak, Heinz Trökes, Mac Zimmermann oder Fritz Winter wurden sogenannte Künstlerstoffe auf den Markt gebracht. Renommierte Textilentwerferinnen und -entwerfer wie Elsbeth Kupferoth, Andreas Felger, Leo und Gretl Wollner und Eberhard Glatzer waren über Jahrzehnte für die Pausa tätig. Den Neubau eines neuen Firmenareals verwirklichte 1951–1961 der Architekt Manfred Lehmbruck. Für die Gestaltung der Repräsentationsräume wurde die Innenarchitektin und Professorin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart Herta-Maria Witzemann beauftragt. Den Werbeauftritt gestaltete seit Anfang der 1950er-Jahre der Gebrauchsgrafiker und Künstler Anton Stankowski. Mit der steigenden Nachfrage an Dekorationsstoffen wuchs die Pausa innerhalb von kurzer Zeit zum größten örtlichen Arbeitgeber mit 600 Beschäftigten an. In den 1950er-Jahren entstanden internationale Kooperationen mit Marimekko in Finnland, Knoll International in New York und Mira-X in der Schweiz. In den 1970er-Jahren druckte die Pausa u. a. Stoffdessins von Verner Panton.
Von der Insolvenz zum Museum
Die Unternehmensgeschichte der Pausa endete nach einer ersten Insolvenz 2001 und einer Übernahme durch die Mittelstädter Firma Beck im Jahr 2004. Im Folgejahr wurde die Sachgesamtheit der Pausa mit Gebäuden, originaler Ausstattung und Firmensammlung als Kulturdenkmal der besonderen Art im Denkmalbuch eingetragen. Als neuer Eigentümer seit dem Jahr 2006 führt die Stadt Mössingen die Gebäude nach und nach einer neuen Nutzung zu. 2011 wurde die Tonnenhalle mit Stadtbibliothek eingeweiht.[2] In der ehemaligen Werkskantine wird seit 2018 das Café Pausa betrieben. Die inzwischen inventarisierte Textilsammlung mit 88.000 Stoffmustern, 13.500 Entwürfen und 435 Musterbüchern wird vom Stadtmuseum Mössingen betreut, das regelmäßig Wechselausstellungen zum Thema Pausa und Textil veranstaltet. Vom 3. Mai bis zum 24. November 2019 fand in der Tonnenhalle im Pausa-Quartier in Mössingen die Ausstellung „Pausa – Jede Menge Stoff drin“ statt.[3]
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Literatur
- Hermann Berner, Werner Fifka (Hrsg.): Das Bauhaus kam nach Mössingen. Geschichte, Architektur und Design der einstigen Textilfirma Pausa. Mössingen-Talheim 2006, ISBN 978-3-89376-118-0.
- Dieter Büchner, Michael Ruhland: Kompromisslose Beständigkeit in gutem Geschmack. Die Textilfirma Pausa in Mössingen (Kreis Tübingen). In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 34. Jahrgang 2005, Heft 3, S. 142–150. (PDF)
- Dieter Büchner: Stoff ohne Ende. Die Inventarisation der Firmensammlung der Textildruckerei Pausa in Mössingen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 42. Jahrgang 2013, Heft 4, S. 256–257. (PDF)
- Dieter Büchner: Bauhaus-Stoff. Die Mössinger Textilfirma Pausa und ihre Beziehungen zum Bauhaus. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 48. Jahrgang 2019, Heft 4, S. 215–220. (PDF, 578 KB)
- Dieter Büchner: Bedeutende Textilsammlung gesichert. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 38. Jahrgang 2009, S. 182–183.
- Dieter Büchner, Michael Ruhland: Textilfabrik Pausa Mössingen, in: Architektur der Fünfziger Jahre. Denkmale in Baden-Württemberg. Esslingen 2012, S. 152-155.
- Dieter Büchner: Stoffe ohne Ende. Die Sammlungen der ehemaligen Textildruckfirma Pausa in Mössingen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege, Heft 4, 2013, S. 256–257.
- Dieter Büchner, Grit Koltermann (Hrsg.): Stoffe ohne Ende. Die Sammlungen der ehemaligen Textildruckfirma Pausa in Mössingen. (= Arbeitshefte des Landesamts für Denkmalpflege, Band 32.) Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8062-3267-7.
- Dieter Büchner: Bauhaus-Stoff. Die Mössinger Textilfirma Pausa und ihre Beziehungen zum Bauhaus. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege, Heft 4, 2019, S. 215–220.
- Dieter Büchner: Work in progress. Die Inventarisation der Sammlungen der ehemaligen Textilfirma Pausa in Mössingen. In: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (Hrsg.), Erforschen und Erhalten. Jahresbericht der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-Württemberg, 6/2023, Ostfildern 2024, S. 38–41.
- Anne-Christin Schöne: Bauhaus trifft Pausa. Die Instandsetzung und Umnutzung von Werkstattgebäude und Kantine der Pausa in Mössingen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 48. Jahrgang 2019, Heft 4, S. 221–228. (PDF)
- Michael B. Frank, Canan Kadi: The Mössingen Library Emerges from the Pausa Tonnenhalle in Germany. In: Petra Hauke u. a. (Hrsg.): New Libraries in Old Buildings. Creative Reuse. (= IFLA Publications, Band 180.) de Gruyter, Berlin 2021, ISBN 978-3-11-067951-9, S. 134–151.
- Irene Scherer, Klaus Ferstl, Welf Schröter (Hrsg.): Für Felix und Artur Löwenstein. Ein Leseheft anlässlich des 80. Jahrestages der Zwangsenteignung der Pausa und der Vertreibung der Brüder Löwenstein aus Mössingen 1936. Löwenstein-Forschungsverein, Mössingen 2016.
- Irene Scherer, Welf Schröter: Die Besitzergreifung der Pausa in Mössingen und das Ende verklärender Legendenbildungen. In: Heinz Högerle, Peter Müller, Martin Ulmer (Hrsg.): Ausgrenzung. Raub. Vernichtung. NS-Akteure und „Volksgemeinschaft“ gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-945414-69-9, S. 541–549.
- Andreas Vogt: Denkmal der Mössinger Geschichte. Der Textilfabrik Pausa droht der Abriss. In: Schwäbische Heimat, 55. Jahrgang 2004, Nr. 2, S. 198–201. (https://doi.org/10.53458/sh.v55i2.5944)
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Weblinks
Commons: Neue Pausa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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