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Lily Hildebrandt

deutsche Malerin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Lily Hildebrandt, geborene Lily Uhlmann (geboren 16. Oktober 1887 in Fürth; gestorben 3. September 1974 in Stuttgart) war eine deutsche Malerin, Grafikerin, Kunsthandwerkerin, Glasmalerin und Fotografin.[1][2]

Leben

Lily Uhlmann entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Familie; ihr Vater Sebastian Uhlmann war Direktor der Berliner Union-Werke Mannheim–Berlin. Die Eltern wurden 1908 konfessionslos, Lily wurde evangelisch getauft.[3] Am 26. April 1908 heiratete sie den Kunsthistoriker Hans Hildebrandt; 1914 wurde der gemeinsame Sohn Rainer geboren.[4][5]

Hildebrandt unterstützte die wissenschaftliche Arbeit ihres Mannes vielfach organisatorisch und mit Recherchen; 1928 veröffentlichte Hans Hildebrandt Die Frau als Künstlerin. Der Beitrag von Lily Hildebrandt zur Materialsammlung wird in der jüngeren Presseberichterstattung hervorgehoben.[6]

1919 lernte sie Walter Gropius anlässlich einer Werkbund-Tagung in Stuttgart persönlich kennen; aus der zunächst engen Beziehung entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft, die sich in umfangreicher Korrespondenz niederschlug.[5][7]

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Künstlerische Laufbahn

Uhlmann studierte seit 1905/06 an der privaten Malschule von Adolf Meyer in Berlin und war 1907 Teilnehmerin des Sommer-Kurses von Adolf Hölzel in Dachau (u. a. mit Ida Kerkovius).[5] 1911 zog das Ehepaar nach Stuttgart, wo Hans Hildebrandt Privatdozent wurde. Lily Hildebrandt studierte vom Sommersemester 1911 bis Wintersemester 1912/13 an der Königlich Württembergischen Kunstschule und wurde im Herbst 1912 Meisterschülerin Hölzels.[5]

Das Haus der Familie in der Gerokstraße entwickelte sich zu einem Treffpunkt der Stuttgarter Moderne (u. a. Johannes Itten, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister).[8]

Früh zeigte Hildebrandt auf Ausstellungen: 1913 beteiligte sie sich an der Juryfreien Kunstschau im Berliner Sezessionshaus,[9] 1914 stellte sie im Kunsthaus Schaller (Stuttgart) aus.[5] 1918 erschien ihr von ihr illustriertes Kinderbuch Klein-Rainers Weltreise (Dietrich, München).[10] Ab 1918 entstanden Hinterglasbilder; 1927 widmete ihr die Berliner Galerie Fritz Gurlitt eine erste Einzelausstellung mit Hinterglasarbeiten, 1931 folgte eine Ausstellung im Kunsthaus Schaller (Stuttgart).[5]

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Berufsverbot und NS-Zeit

Nach 1933 erhielt Hildebrandt Berufsverbot als Journalistin; ihr Werk wurde in der NS-Presse nicht mehr besprochen.[5] Am 3. April 1934 wurde ihr Gesuch um Aufnahme in die Reichskammer der Bildenden Künste abgelehnt; damit war sie auch als Malerin und Grafikerin ausgeschlossen.[5] 1936 ermöglichte Walter Gropius ihre Teilnahme an einer Ausstellung der Modern Gallery in London.[5] 1937 wurde Hans Hildebrandt wegen „jüdischer Versippung“ aus dem Lehrkörper der Technischen Hochschule Stuttgart entfernt.[5][11] 1943 wurde der Sohn Rainer wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ verhaftet; Lily Hildebrandt gab 1944 ihre künstlerische Tätigkeit auf.[5]

Zum Schutz vor weiterer Verfolgung wurde Hildebrandts Herkunft behördlich überprüft; die Vorgänge sind in der Literatur zur TH Stuttgart dokumentiert.[12]

Nach 1945 kehrte Hans Hildebrandt an die Hochschule zurück; Lily Hildebrandt blieb eine feste Größe im Stuttgarter Kunstleben.[13]

Nachlass, Rezeption und Würdigung

1961 war sie in der Ausstellung Hölzel und sein Kreis vertreten; postum widmeten ihr 1988 die Galerie Schlichtenmaier (Grafenau-Dätzingen) und 1997 Das Verborgene Museum (Berlin) Einzelausstellungen (in Kooperation mit dem Bauhaus-Archiv).[14][5] In den Beständen des Museum of Modern Art (New York) befindet sich – über die Sammlerin Katherine Dreier – das Hinterglasbild Springende Pferde.[5]

Ihr schriftlicher und fotografischer Nachlass (Korrespondenz, Pressedokumentation, Manuskripte) wird im Getty Research Institute (Los Angeles) verwahrt.[15]

2025 wurde Hildebrandts Biografie im Kontext der Ausstellung Widerstände. Jüdische Designerinnen der Moderne im Jüdischen Museum Berlin erneut thematisiert; die Presse hob u. a. ihre Rolle als Netzwerkerin und Unterstützerin hervor.[16][17]

Ehrung

In Stuttgart-Stammheim ist im Neubaugebiet Langenäcker-Wiesert eine Straße nach Lily Hildebrandt benannt (Lily-Hildebrandt-Straße).[18]

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Werke (Auswahl)

Gemälde

  • Frauenkopf, 1912/1913
  • Doppelporträt, um 1914
  • Nacht im Park, o. J.

Hinterglasbilder

  • Nächtliche Fahrt, 1921
  • Die Brücke, 1921
  • Gespensterhaus, 1926

Kinderbuch

  • Klein-Rainers Weltreise, München 1918[19]

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1913: Juryfreie Kunstschau, Berlin[20]
  • 1914: Kunsthaus Schaller, Stuttgart[5]
  • 1920: Üecht-Gruppe Stuttgart, 2. Herbstschau Neuer Kunst[5]
  • 1927: Galerie Fritz Gurlitt, Berlin (Einzelausstellung, Hinterglasbilder)[5]
  • 1931: Kunsthaus Schaller, Stuttgart[5]
  • 1936: Modern Gallery, London (auf Vermittlung Walter Gropius)[5]
  • 1961: Hölzel und sein Kreis, Stuttgart[21]
  • 1988: Lily Hildebrandt, 1887–1974, Galerie Schlichtenmaier, Schloss Dätzingen[5]
  • 1997: Lily Hildebrandt, 1887–1974, Das Verborgene Museum, Berlin[5]
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Literatur

  • Hölzel und sein Kreis. Der Beitrag Stuttgarts zur Malerei des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 1961.
  • Stuttgarter Sezession. 1923–32, 1947. Katalog. 2 Bände. Städtische Galerie Böblingen/Galerie Schlichtenmaier, Grafenau-Dätzingen 1987.
  • Lily Hildebrandt. Katalog 72. Galerie Schlichtenmaier, Grafenau 1988. ISBN 3-89298-031-4.
  • Das Verborgene Museum (Hrsg.): Lily Hildebrandt 1887–1974. Gemälde, Hinterglasbilder, Zeichnungen, Photographien. Berlin 1997, ISBN 3-929346-05-2.
  • Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. 2 Bände, Stuttgart 1999.
  • Carla Heussler: Hildebrandt, Lily. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 73, De Gruyter, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-023178-6, S. 176.
  • Carla Heussler: „Daß die Phantasie befehlen darf …“ Lily Hildebrandts Überleben am Abgrund. In: dies./Christoph Wagner (Hrsg.): Stuttgarter Kunstgeschichten. Regensburg 2022, S. 218–225.
  • Michal S. Friedlander (Hrsg.): Widerstände. Jüdische Designerinnen der Moderne. München 2025 (Katalog zur Ausstellung JMB 2025).
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Einzelnachweise

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