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Reparenting
Zukommen von bisher verwehrter elterlicher Fürsorge zu Therapiezwecken Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Reparenting (englisch parents – Eltern; re- – wieder-) bzw. Neubeelterung (oder Nachbeelterung) ist ein Begriff aus der Psychotherapie und wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Beziehung. Es beschreibt eine therapeutische Haltung, die dem Patienten gezielt nachträgliche, elterliche Fürsorge zukommen lässt, welche innerhalb des Rahmens einer therapeutischen Beziehung angemessen ist.[1]
Die Bezeichnung Reparenting ist eingedeutscht und als Bezeichnung für diese therapeutische Intervention am geläufigsten, seltener wird sie als Neu- oder Wiederbeelterung oder als Nachnährung bezeichnet. Sie entspricht dem „korrigierenden emotionalen Erleben“, welches 1946 von Alexander & French konzipiert wurde.[2]
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Anwendung
Reparenting wird eingesetzt bei der Behandlung von Traumata sowie bei psychischen Störungen und psychischen Konflikten, die in mangelnder Einfühlung/Empathie und unangemessener Zuwendung der Eltern und wichtiger Bezugspersonen ihren Ursprung finden. Es ist wesentlicher Anteil jeder therapeutischen Beziehung und wird beispielsweise in der Schematherapie, Hypnotherapie, Integrativen Therapie oder Transaktionsanalyse stark gewichtet.
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Prinzip
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In den frühen und späteren Phasen menschlicher Entwicklung bilden sich innere Haltungen heraus, die bei ungünstigem Verlauf zur Entstehung neurotischer Konflikte und neurotischer Störungen führen. Mentzos nennt dies 1982 übereinander liegende Schichten von Abwehrsystemen, die den sogenannten „Zentralen Konflikt“ verdecken, wobei diese Abwehrsysteme häufig zu einem Problem werden.[3] Die grundlegenden Konflikte, welche zur notwendigen Entwicklung dieser problematischen Abwehrmechanismen führten, sollen in einer Psychotherapie wiederbelebt werden, um verarbeitet werden zu können. Die schädigende Wirkung der verinnerlichten elterlichen Bilder/Repräsentanzen kann mittels einer korrektiven Atmosphäre zwischenmenschlichen Kontaktes verändert werden, wobei das Reparenting eine mögliche Herangehensweise darstellt.
Bei der Behandlung von Defiziten stellt das Reparenting jene Beziehungsqualitäten zur Verfügung, die zur Ausbildung einer starken Persönlichkeitsstruktur notwendig gewesen wären. Der Therapeut hat die Aufgabe, das zu verkörpern, was vorher gefehlt hat.
- siehe auch Hilfs-Ich
Die „Nachbeelterung“ als therapeutische Strategie ist eine schwierige Gratwanderung, weil ein wirklicher Ersatz für die frühen unbefriedigenden Eltern- und Beziehungserfahrungen nicht möglich ist. Die vergangene reale Lebens- und Entwicklungsgeschichte des einzelnen Menschen ist nicht veränderbar, jedoch die Auswirkungen, die sie auf seine heute möglichen Beziehungen hat.[4]
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Grenzen
Die verantwortungsvolle Einschätzung der Grenzen des Reparenting ist Aufgabe des Therapeuten. Alle Formen der Zuwendung in Worten, Blicken oder Berührungen müssen innerhalb des therapeutischen Rahmens liegen und dürfen keinerlei missbräuchlichen Charakter annehmen. Es sind immer therapeutische, elterlich gefärbte Zuwendungen, die nicht egoistische Wünsche des Therapeuten befriedigen dürfen und ebenso eventuelle missbräuchliche Wünsche des Patienten ausgrenzen müssen. Dies ist speziell beim Reparenting in körper- und berührungsorientierten Psychotherapien, die ein großes Maß an Nähe voraussetzen, von wesentlicher berufsethischer Bedeutung.
Beispiel Schematherapie
Zusammenfassung
Kontext
Reparenting bei speziellen Problemlagen/(Frühe maladaptive Schemata) am Beispiel der Schematherapie nach Jeffrey E. Young: Damit das Reparenting wirksam werden kann, muss es genau an die Problematik des Patienten angepasst werden. Wichtig ist dabei die Berücksichtigung des jeweiligen Modus, in dem sich der Patient gerade befindet, wann er den Modus wechselt und ob mehrere Schemata parallel wirksam sind.[5]
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Geschichtliche Entwicklung
Zusammenfassung
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Das Konzept der „Nachnährung“ als Alternative zu Freuds eher versagender Nacherziehung stellte Sándor Ferenczi 1931 zu Freuds 75. Geburtstag in Wien vor. Nach seiner Theorie sei es nicht die Übertragung, sondern das „Gegenmilieu“, das die Heilung bringe. Anstatt der nötigen Zuwendung und Geborgenheit erlebten viele Neurotiker eine Mischung aus Strenge und Sexualisierung in der Kindheit. „Solche Neurotiker müßte man förmlich adoptieren und erstmalig der Segnungen einer normalen Kinderstube teilhaftig werden lassen.“[6]
Das Reparenting ist ein Konzept der Integrativen Therapie und der Gestalttherapie, die 1969 von Hilarion Petzold im Konzept der progredierenden Analyse (spiralförmig fortlaufende und sich rückbeziehende Analyse) entwickelt wurde. Es basiert auf vorausgehenden Theorien von beispielsweise Ferenczi oder Michael Balint. Petzold beschreibt diesen Prozess 1988 als zweiten Weg der Heilung, als „Nachbeelterung“, wobei es um die Erfahrung von Vertrauen, von Gehalten-, Verstanden- und Genährtwerden geht.[7]
Reparenting wurde 1970 von Jacqui Lee Schiff[8] aufgegriffen und stellt die theoretischen Grundeinsichten der transaktionsanalytischen „Schiff-Schule“ (Reparenting-Cathexis) dar.[9]
Reparenting ist ein wesentliches Element in der Schematherapie nach Young 2005.[10]
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Literatur
- Jeffrey E. Young, Janet S. Klosko, Majorie E. Weishaar: Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 3-87387-578-0.
Weblinks
- Ulla Diltsch: Prozessuale Diagnostik in der psychotherapeutischen Arbeit mit Jugendlichen. Graduierungsarbeiten der Fachsektion Integrative Gestalttherapie, 1997
Einzelnachweise
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