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Smartglasses

am Kopf getragenes Wearable zur Einblendung visueller Informationen in das natürliche Sichtfeld des Menschen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Smartglasses
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Smartglasses (auch Datenbrillen) sind am Kopf getragene Computersysteme (Wearables), die über spezielle Anzeigesysteme Informationen in das natürliche Sichtfeld eines Menschen einblenden können. Sie sind immersive Mediensysteme die je nach Ausführung auch XR-Anwendungen (Augmented Reality, Mixed Reality, Virtual Reality) und KI unterstützen.[1][2][3][4][5][6]

Thumb
Google Glass, 2013
Thumb
Monokulares EyeTap aus Spritzguss[1], 1998
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Beschreibung

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Smartglasses sind am Kopf getragene Computersysteme und damit Wearables. Im Gegensatz zu VR-Headsets sind sie herkömmlichen Brillen mit durchsichtigen Gläsern nachempfunden. Die Brillengläser können dabei auch eine vorhandene Dioptrien-bedingte Unschärfe ausgleichen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Brillen besitzen Smartglasses je nach Ausführung spezielle Sensor-, Interaktions-, Lautsprecher- und Anzeigesysteme.

Smartglasses sind immersive Mediensysteme, die einen Eindruck von Immersion, sprich eines „Eintauchens“ in eine künstliche, audiovisuelle Umgebung ermöglichen können. In der Informationsforschung spricht man auch von „immersive computing“ oder „spatial computing“[7]. Die wahrgenommene Welt wird dabei von Computergrafiken überlagert, welche für Entertainment (z. B. Gaming, virtuelle Bildschirme), Kommunikation (z. B. Chats mit Avataren) oder Arbeitsanwendungen (z. B. CAD, Schulungen) verwendet werden können.

Smartglasses mit speziellen Raumsensoren können darüber hinaus die reale, physische Umgebung, welche mittels optischen Sensoren geometrisch erfasst und ggf. mit Hilfe von KI interpretiert wird, in das immersive Medium einbinden. Hier spricht man dann von XR-Anwendungen aus den Bereichen Augmented Reality, Mixed Reality und Virtual Reality.

Smartglasses mit integrierter Kamera stellen z. B. für Vertreter des Lifelogging eine Option für das Erfassen ihres Tages- und Lebenslaufs dar.

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Anzeigesysteme

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In Smartglasses werden verschiedene Anzeigesysteme eingesetzt (siehe auch Head-Mounted Display). Grundsätzlich lassen sich drei Hauptansätze unterscheiden: Spiegel- bzw. Freistrahlsysteme, Wellenleiter und Netzhautprojektionen.[8][9]

Spiegel- und Freistrahlsysteme

Bei dieser Bauart wird das Bild mithilfe von halbtransparenten Spiegeln oder Prismen in das Sichtfeld des Nutzers eingespiegelt (optical see-through). Typische Varianten sind sogenannte „Birdbath“-Optiken oder kompakte Prismenkombiner. Sie liefern ein farbtreues und kontrastreiches Bild, erfordern jedoch mehr Bauraum und bieten nur eine begrenzte Bewegungsfreiheit für das Auge.[8]

Wellenleiter

Wellenleiter (engl. waveguides) leiten das Bild über Totalreflexion durch eine transparente Glas- oder Kunststoffplatte und koppeln es an mehreren Punkten wieder aus. Dadurch sind besonders flache und leichte Smartglasses möglich. Verbreitet sind reflektive und diffraktive Wellenleiter, bei denen feine Strukturen wie Spiegel, Prismen oder Beugungsgitter das Licht lenken. Neuere Entwicklungen nutzen sogenannte Metasurface-Wellenleiter, die Nanostrukturen einsetzen, um Licht besonders effizient und farbstabil zu führen.[10][11] Forschungsarbeiten kombinieren diese Technik zunehmend mit holografischer Bildgebung, um dreidimensionale Darstellungen mit realistischer Tiefenwirkung zu erzeugen.[12]

Netzhautprojektion

Bei der Netzhautprojektion (Virtual Retinal Display) wird das Bild direkt auf die Netzhaut projiziert – meist mithilfe von Laser- oder µLED-Scannern. Dadurch entstehen besonders scharfe und kontrastreiche Bilder, ohne dass ein physisches Display im Blickfeld sichtbar ist. Die Technik erfordert jedoch eine präzise Augenverfolgung und hohe Sicherheitsstandards für die Lichtleistung.[13]

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Mechanische Aspekte

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Derzeit steht bei der Entwicklung vieler Smartglasses die Datenfunktionalität und –visualisierung im Mittelpunkt, weshalb der Optimierung der Gelenktechnik weniger Beachtung geschenkt wird. Brillen für Virtual Reality werden in der Regel statisch am eigenen PC / Arbeitsplatz / Wohnzimmer eingesetzt und müssen nicht klein zusammengefaltet verstaubar sein. Oft sind diese Modelle deshalb mit einem elastischen Kopfband oder starren Bügeln ausgestattet. Smartglasses und Datenbrillen hingegen stellen im Gegensatz zu normalen Korrektionsbrillen oder Sonnenbrillen erweiterte Anforderungen an die Brillenscharniere: Die verbaute Elektronik und ggf. Akustik und Optik führt zu einer starken Gewichtserhöhung. Während eine durchschnittliche Korrektionsbrille zwischen 9 g und 15 g und große Sonnenbrillen bis max. 35 g wiegen, können Smartglasses und Datenbrillen zwischen 40 g und 100 g erreichen. Wird die Datenbrille über einen längeren Zeitraum (z. B. am Arbeitsplatz) getragen, darf das Gewicht den Tragekomfort nicht beeinträchtigen[14]. Trotz der größeren Masse muss das Brillenscharnier die Brille sicher am Kopf des Trägers halten und, wenn es sich um ein gefedertes Scharnier handelt, auch den entsprechenden Anpressdruck an die Schläfen für einen komfortablen Sitz liefern. Beim Zusammenfalten der Fassung sollen die schweren Bügel außerdem nicht auf die Gläser der Front „fallen“. Hierzu muss das Scharnier auch in der Lage zu sein, die Schließ-Bewegung abzudämpfen oder ggf. mechanisch zu begrenzen.

Funktionsintegrierte Kinematik

Werden bei Smartglasses Daten, Signale oder Strom zwischen Bügel und Brillenfront ausgetauscht, z. B., wenn ein Display in der Brillenfront von der Elektronik im Brillenbügel gespeist wird, sich die Batterie sich im einen Bügel und die Elektronik im anderen befindet oder wenn die Elektronik beider Bügel miteinander synchron arbeiten soll, ergeben sich weitere Anforderungen an die Kinematik der Brille. Eine mögliche Lösung ist, elektrische Kontakte zwischen Bügel und Front zu platzieren, die den Stromkreis schließen, wenn der Brillenbügel ganz aufgeklappt ist. Nachteil bei dieser Bauform, ist, dass die Kontakte im zusammengeklappten Zustand offen liegen. Durch Berührung oder Verschmutzung kann so die Funktionalität beeinträchtigt werden. Abhilfe kann hier die Führung eines (Flachband-)Kabel oder eine flexible Leiterbahn (FPC-Verbinder) durch das Scharnier schaffen. Um das Kabel vor Kontakt zu schützen, sollte allerdings eine Abschirmung nach außen bestehen.

Tragekomfort

Wie bei konventionellen Brillen kann der Tragekomfort durch Federscharniere erhöht werden. Ist dies technologisch nicht umsetzbar oder nicht gewünscht, können Scharniere ohne Feder einen gleichmäßigen, leicht gedämpften Gang erzeugen, wobei zusätzlich das Zufallen der Bügel durch das Eigengewicht vermieden wird. Entsprechende Dämpfung und Gangregulierung erreicht man beispielsweise durch die Verwendung von speziellen Schraubensicherungen mit einem kunststoffumspritzten Schaft, die eine definierte Reibung im Scharnier erzeugen.

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Interaktionsmöglichkeiten

Für die Schnittstelle zum Menschen, die Mensch-Computer-Interaktion, gibt es hier folgende sinnvolle Steuerungsmöglichkeiten:

Geschichte und Pioniere

Bereits in den 1980er Jahren legten Pioniere wie Steve Mann den Grundstein für tragbare Computertechnik im Bereich des Wearable Computing. Mann entwickelte das Gerät EyeTap und gilt als einer der ersten Forscher, die Computertechnik dauerhaft am Körper trugen.[16]

In den 1990er Jahren arbeitete auch Thad Starner, Professor am Georgia Institute of Technology, an der Integration tragbarer Computer in den Alltag. Starner gilt als Pionier des „Wearable Computing“ und war technischer Leiter bei der Entwicklung von Google Glass.[17]

In den 2020er Jahren trugen offene Hardware- und Open-Source-Projekte zur Weiterentwicklung der Smartglasses bei. Mit dem Modell Frame stellte das Unternehmen Brilliant Labs im Jahr 2024 eine Brille vor, deren Hardware und Software teilweise offen dokumentiert sind.[18]

Diese Entwicklungen zeigen die fortschreitende Evolution von frühen experimentellen Prototypen hin zu kommerziell verfügbaren Smartglasses und offenen Plattformen für Entwickler.

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Smartglasses in der Gesellschaft

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Interesse in der Bevölkerung

Marktanalysen aus dem Jahr 2025 zeigen, dass das Interesse an Smartglasses zwar wächst, jedoch stark von Alter, Geschlecht und technischer Affinität abhängt. Laut einer repräsentativen Umfrage von YouGov aus dem Jahr 2025 sind rund 30 % derjenigen, die Smartglasses in Betracht ziehen („considerers“), zwischen 25 und 34 Jahre alt, und etwa 65 % dieser Gruppe sind männlich. Personen über 55 Jahre machen weniger als 10 % der Interessierten aus.[19] Eine systematische Übersichtsarbeit des Jahres 2025 betont zudem, dass die empirische Forschung zur Akzeptanz von Smartglasses bisher noch lückenhaft ist und es an groß angelegten bevölkerungsrepräsentativen Studien fehlt.[20]

Prognose

Mit der Einführung der Ray-Ban Meta Display-Brille im Herbst 2025 wird eine neue Entwicklungsphase für Smartglasses prognostiziert. Durch das erstmals integrierte farbige Waveguide-Display verschieben sich Nutzererwartungen hin zur alltagstauglichen Unterhaltungs-, Informations-, Kommunikations- und Navigationsanwendung.[21][22] Marktforschungen gehen davon aus, dass der Markt für Smartglasses ab 2026 stärker wächst: Laut S&P Global Market Intelligence zeigen fast 50 % der befragten Nicht-Nutzer Kaufinteresse innerhalb der nächsten 12 Monate, während Analysten von Forrester Research und Morningstar einen Akzeptanzschub durch alltagstaugliche Formfaktoren, sinkende Preise und generative KI-Funktionen prognostizieren.[23][24][25] Experten erwarten, dass Smartglasses mittelfristig vor allem im Bereich Unterhaltung, Kommunikation, Übersetzung, Navigation und kontextbezogener KI-Assistenz stärker nachgefragt werden, während Datenschutz, Energieverbrauch und Preisgestaltung entscheidende Faktoren für den breiten Marktdurchbruch bleiben.[26]

Bedenken zur Privatsphäre

Datenschutz und Privatsphäre zählen weiterhin zu den größten Hürden für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Eine Marktanalyse aus dem Jahr 2025 ergab, dass etwa 47 % der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer Datenschutz- oder Überwachungsbedenken als Hauptgrund gegen den Einsatz von Smartglasses nennen.[27] Im Februar 2025 warnte die University of San Francisco ihre Studierenden vor Missbrauchsfällen von mit Kameras ausgestatteten Ray-Ban Meta Smartglasses, nachdem ein Träger heimlich Videoaufnahmen von Frauen gemacht hatte.[28] Ähnliche Vorfälle sowie der Einsatz automatisierter Gesichtserkennung durch Hersteller wie Meta Platforms führten erneut zu datenschutzrechtlichen Debatten über Überwachung, biometrische Erfassung und das „Always-on-Recording“ solcher Geräte.[29]

Nach europäischem Recht kann die Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum als unzulässige private Videoüberwachung bewertet werden, was Verletzungen des Rechts am eigenen Bild, der Vertraulichkeit des Wortes, der informationellen Selbstbestimmung oder des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach sich ziehen kann.[30]

Sicherheits- und Verkehrsbedenken

Obwohl viele sicherheitsbezogene Diskussionen ihren Ursprung in der Zeit der Google-Glass-Einführung (2013–2015) haben, werden Fragen nach Ablenkung und sozialer Verträglichkeit weiterhin gestellt. Aktuelle Studien betonen dabei weniger das reine Unfallrisiko, sondern untersuchen die Auswirkungen auf Kommunikation, soziale Normen und das Verhalten Dritter im öffentlichen Raum.[31]

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Smartglasses in der Arbeitswelt

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In der Arbeitswelt hat die Nutzung von immersiven Medientechnologien wie Smartglasses in den letzten Jahren deutlich zugenommen, sowohl in der industriellen Fertigung als auch in der Logistik und im technischen Service. Vor allem im Bereich der Lagerlogistik und der Kommissionierung werden Datenbrillen inzwischen routinemäßig eingesetzt, da Untersuchungen zeigen, dass sie Arbeitsprozesse beschleunigen und die Effizienz steigern können.[32] Eine Studie aus dem Jahr 2024 belegte zudem eine messbare Reduktion visueller Ermüdung bei Kommissioniertätigkeiten, wenn Smartglasses zur visuellen Assistenz eingesetzt werden.[33]

Immersive Medien in Industrie 4.0 und Industrie 5.0

Im Kontext von Industrie 4.0 und des darauf aufbauenden Konzepts Industrie 5.0 werden Smartglasses zunehmend als immersive Medien verstanden, die physische Arbeitsumgebungen mit digitalen Informations- und Assistenzsystemen verbinden. Sie ermöglichen AR-gestützte Montagen, Qualitätsprüfungen, Remote-Support und Schulungen in Echtzeit.[34] In industriellen Testumgebungen werden Smartglasses darüber hinaus als Bestandteil vernetzter „Connected-Worker“-Systeme erprobt, die über 5G- und TSN-Infrastrukturen mit Maschinen und Cloud-Plattformen kommunizieren.[35] Damit gelten sie als Schlüsseltechnologie der Mensch-Maschine-Interaktion im Rahmen von Industrie 5.0, die stärker auf Zusammenarbeit, Ergonomie und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.[36]

Ergonomie und Sicherheit

Neben Produktivitätssteigerungen werden auch ergonomische und gesundheitliche Auswirkungen des Smartglasses-Einsatzes untersucht. Eine Beobachtungsstudie im Logistikbereich zeigte, dass Smartglasses die visuelle Ermüdung reduzieren und die Bewegungsökonomie bei Kommissioniertätigkeiten verbessern können, während die langfristigen Auswirkungen auf die körperliche Belastung weiterer Forschung bedürfen.[37] Frühere Pilotstudien der DGUV zeigten zudem, dass Smartglasses in Verbindung mit dem CUELA-Messsystem für Biofeedback und Haltungskontrolle genutzt werden können, um Muskel-Skelett-Belastungen zu visualisieren.[38]

Markt und Zukunftsperspektiven

Der Markt für industrielle Smartglasses wächst stark. Laut einer Marktanalyse lag der globale Marktwert für „Connected Worker Smart Glasses“ im Jahr 2024 bei rund 1,9 Mrd. US-Dollar und wird bis 2033 auf etwa 9,2 Mrd. US-Dollar prognostiziert (CAGR ≈ 17,8 %).[39] Eine weitere Studie schätzt den Markt für Smartglasses in industriellen Anwendungen im Jahr 2025 auf 658 Mio. US-Dollar mit einem erwarteten Wachstum auf über 3 Mrd. US-Dollar bis 2032.[40]

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Bekannte Smartglasses

Siehe auch

Einzelnachweise

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