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Roman von Lew Nikolajewitsch Tolstoi Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Anna Karenina (russisch Анна Каренина, Aussprache: [ ]) ist ein Roman von Lew Tolstoi, der in den Jahren 1873 bis 1878 entstand und als ein Vertreter des russischen Realismus gilt. Die Erstveröffentlichung in Buchform war 1877/78, zuvor wurden die Kapitel zwischen 1875 und 1877 schrittweise in der Zeitschrift Russischer Bote abgedruckt. Anna Karenina erzählt von Ehe, Liebe, Familie und Moral in der adligen russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und stellt zudem eine detaillierte Sozialstudie über die Verhältnisse kurz nach Abschaffung der Leibeigenschaft in den ländlichen Regionen Russlands dar. Es gilt nicht nur als eines von Tolstois bedeutendsten Werken, sondern auch als eines der größten Werke der Literaturgeschichte.[1]
Das achtteilige Romanepos verwebt die Geschichten dreier adliger Familien: des Fürsten Stepan Oblonski und seiner Frau Darja Oblonskaja, genannt Dolly, ihrer jüngeren Schwester Jekatarina Schtscherbazkaja, genannt Kitty, und des Gutsbesitzers Ljewin, sowie vor allem Anna Kareninas, der Schwester des Fürsten, die mit dem Staatsbeamten Alexej Karenin verheiratet ist. Annas Liebesaffäre mit dem Grafen Alexej Wronskij führt schließlich zum Bruch der Ehe und ihrem Suizid. Die scheiternde Beziehung der Karenins auf der einen und die Entwicklung der Ehe Kittys mit Ljewin auf der anderen Seite bilden die Handlungsschwerpunkte. Die Oblonski-Geschichte ergänzt und kontrastiert die beiden Haupthandlungen. Über die Frage, ob es sich bei Anna Karenina um einen typisch Tolstoischen Doppelroman oder um ein dreisträngiges Werk handelt, gibt es in der Literaturwissenschaft unterschiedliche Ansichten.
Die Handlung beginnt in Moskau mit der Fürstin Dolly Oblonskaja, die von ihrem Ehemann Stepan betrogen wurde. Sie ist äußerst unglücklich und plant, sich von Stepan scheiden zu lassen. Von ihrer Schwägerin Anna Karenina, die den Oblonskis eigens einen Besuch abstattet, nimmt sie den Rat an, ihrer Liebe zu Stepan noch eine zweite Chance zu geben. Dadurch gelingt ihr die Rettung der schon ruiniert geglaubten Ehe.
In denselben Tagen begleitet Anna Karenina die 18-jährige Kitty, eine Schwester Dollys, zu einem Ball. Kitty hatte bereits aus Liebe zu dem Grafen Alexej Wronskij einen Heiratsantrag Kostja Ljewins ausgeschlagen, der seit langem in sie verliebt ist. Ihre Mutter empfand eine Heirat der beiden einst als nicht standesgemäß. Auf den Heiratsantrag Wronskijs, dem ihre Mutter sehr zugetan ist, wartet Kitty allerdings vergeblich.
Ein Aufeinandertreffen von Anna und Wronskij an einem Bahnsteig entfacht zwischen beiden eine unerwartete Anziehungskraft. Wronskij, der sich eine Zukunft als ewiger Junggeselle vorstellt und nicht in Betracht zieht, Kitty oder einer anderen Frau einen Antrag zu machen, folgt Anna fortan auf Schritt und Tritt. Kitty, die sich von Wronskij verschmäht fühlt, gerät in eine Lebenskrise, zumal sie Ljewin zugunsten Wronskijs den Laufpass gegeben hat. Ljewin wiederum ist wegen ihrer Zurückweisung beschämt und stürzt sich in Arbeit.
In Sankt Petersburg kommen sich Anna und Wronskij immer näher. Weil Anna jedoch befürchtet, ihren Sohn Serjoscha an ihren Mann Alexej Karenin zu verlieren, hält sie an ihrer Ehe fest. Als Anna schwanger wird, können sie ihre Affäre vor der Gesellschaft nicht mehr verheimlichen. Die wahrheitsliebende Anna erklärt sich ihrem Ehemann, der, um seine gesellschaftliche Stellung zu retten, ihr die Chance einräumt, den Betrug vor Gott zu sühnen. Anna ist verzweifelt. Durch die Geburt ihrer Tochter Annie[2][3] dem Tode nahe, bekennt sie sich um ihres Seelenheils willen zu ihrem Ehemann. Wronskij versucht daraufhin, sich das Leben zu nehmen. Als Anna wider Erwarten gesund wird, ändert ihr Mann seine Meinung und stimmt der Scheidung zu. Weil Anna jedoch nach wie vor befürchten muss, ihren Sohn an Karenin zu verlieren, nehmen Anna und Wronskij Karenins Sinneswandel – unter Verzicht auf die sofortige Scheidung – zum Anlass, die Stadt zu verlassen und miteinander nach Italien zu reisen. Ihren Sohn Serjoscha lässt Anna für ein Jahr zurück.
Währenddessen finden Kitty, die ihr seelisches Gleichgewicht durch eine Kur wiedererlangt hat, und Ljewin durch ein arrangiertes Treffen wieder zueinander. Nach einer privaten Aussprache beginnen sie mit den Vorbereitungen für ihre Hochzeit.
Von der Sehnsucht nach ihrem Sohn getrieben, kehrt Anna mit Wronskij nach Sankt Petersburg zurück. Doch Karenin, beeinflusst durch Gräfin Lydia Iwanowna, verweigert ihr ein Treffen. Nur einmal gelingt es ihr noch, sich in das ehemals gemeinsame Haus zu schleichen, um ihren Sohn zu sehen. Von der Gesellschaft ausgeschlossen und enttäuscht, zieht sich das Liebespaar auf ein Landgut zurück, wo es bald feststellen muss, dass es sich selbst nicht mehr genügt. Wronskij stürzt sich in die Arbeit und entwickelt politischen Ehrgeiz, während Anna durch die dauerhafte psychische Belastung, von starker Eifersucht und heftigen Selbstzweifeln getrieben, in Wahnideen verfällt.
Wronskij drängt immer stärker auf eine Legitimierung seiner Tochter Annie sowie auf eine Rehabilitierung in der Gesellschaft durch eine Scheidung der Karenins. Anna aber fürchtet, ihren Sohn Serjoscha ganz zu verlieren, wenn sie die Ehe mit Karenin auflöst. Als die durch ihre Gefühlsschwankungen verursachten Beziehungsprobleme jedoch überhandnehmen, willigt sie schließlich ein.
Währenddessen wird der sich als Atheist bezeichnende Ljewin beim Tod seines Bruders und der Geburt seines Sohnes mit der Frage nach dem Sinn des Lebens konfrontiert. Da er die Existenz eines Gottes leugnet, wird er aus der Bahn geworfen und gerät abermals in eine Sinnkrise.
Anna vermutet, dass Karenin unter dem Einfluss von Gräfin Lydia seine Bereitschaft zur Ehescheidung nun doch wieder verloren hat. Gleichzeitig werden ihre Wahnvorstellungen immer heftiger. Eifersüchtig auf nicht vorhandene Nebenbuhlerinnen, verwandelt sich ihre Liebe schließlich in Hass und den Wunsch, Wronskij durch ihren Suizid zu „bestrafen“. Von Annas Wesenswandel irritiert und überfordert, gelingt es Wronskij nicht mehr, sie von ihren Wahnideen abzubringen. In dem Glauben, Wronskij verweigere ihr seine Gegenwart, stürzt sich Anna – erschrocken über ihr eigenes Verhalten – vor einen Zug, ähnlich wie sie es einst bei einem Unfall hat miterleben müssen.
Wronskij zieht in der Gewissheit, dass sein Leben ohne Anna keinen Sinn mehr habe, in den Krieg, um – ohnehin dem Tod geweiht – seinem Körper noch einen letzten Nutzen zukommen zu lassen.
Nach monatelangem Trübsinn dem Suizid nah, findet Ljewin eine Antwort auf seine Fragen in der Tätigkeit auf seinem Landsitz. Die jedem Menschen ureigene Vorstellung der Hingabe zum Guten, einem göttlichen Willen entsprechend, kann seine Lebenszweifel beseitigen.
Der Roman steht thematisch (Ehe/Ehebruch) neben anderen bedeutsamen realistischen Romanen in Europa, was zeigt, wie wichtig das Sujet in dieser Zeit war. Madame Bovary von Gustave Flaubert, Effi Briest und L’Adultera von Theodor Fontane können in der Epoche des Realismus am Ende des 19. Jahrhunderts zum Vergleich herangezogen werden.
Unter Tolstois Romanen gilt Anna Karenina als künstlerisch vollkommenster. Breitgefächert präsentiert er die moralischen Werte und Anschauungen des russischen Schriftstellers und beginnt sogleich mit dem Kernsatz „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich“. Dieser Satz ist auch der Ausgangspunkt für das Anna-Karenina-Prinzip.
Quasi nebenbei gibt der Roman kaleidoskopartig einen Überblick über die vom Verfasser angesammelte Lebenserfahrung in Bezug auf den zaristischen Staat in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts: Das geht aus von Fragen der Bauernbefreiung, die in Russland erst 1861 erfolgte, und der dadurch aufgeworfenen praktischen Probleme (die hauptsächlich an der Person Ljewins geschildert werden), über die Politik der Staatskommissionen (geschildert anhand Karenins), die das riesige Land mehr oder weniger effektiv zusammenhielten, wobei beschrieben wird, wie auf raffinierte Weise politische Entscheidungen herbeigeführt bzw. verhindert werden (siehe z. B. Teil 4, Kapitel 6), über rechtliche Fragen (z. B. Teil 4, Kapitel 5, geschildert anhand von Scheidungsproblemen) bis hin zum gesellschaftlichen Leben in den Adelskreisen von St. Petersburg und Moskau. Dabei beweist der Autor immer wieder auch unterschwelligen Humor und Selbstironie.
1968: Westdeutscher Rundfunk Köln, Hessischer Rundfunk. 6 Teile, 268 Minuten. Regie: Ludwig Cremer; Bearbeitung (Wort): Anneliese Falck unter dem Pseudonym Palma; Musik: Hans Martin Majewski.
Rolle | Sprecher |
Erzähler | Walter Andreas Schwarz |
Anna Karenina | Johanna von Koczian |
Alexej Alexandrowitsch Karenin | Romuald Pekny |
Fürst Stepan Arkadjewitsch Oblonskij | Rudolf Melichar |
Konstantin Dmitrijewitsch Levin | Paul Albert Krumm |
Prinzessin Kitty Schtscherbazkaja | Marianne Mosa |
Fürstin Schtscherbazkaja | Anita May |
Fürst Schtscherbazkij | Alois Garg |
Fürst Serpuchowskij | Günter Neutze |
Fürst Twerskij | Edwin Dorner |
Fürstin Mjakaja | Marlene Riphahn |
Fürstin Betsy Twerskaja, Vronskijs Cousine | Ingrid Plitz |
Graf Alexej Kirillowitsch Vronskij | Hansjörg Felmy |
Gräfin Lydia | Annelie Jansen |
Gräfin Vronskaja | Ilde Overhoff |
Gräfin Nordston | Marianne Kehlau |
Nikolaus Schtscherbazkij | Bodo Primus |
Fürstin Dolly Oblonskaya | Ricarda Benndorf |
Korsunskij | Curt Faber |
Prinzessin Golizyn | Elfriede Rückert |
Serjosha | Wolfgang Peau |
sowie Jaromír Borek, Heinz von Cleve, Hans Freitag, Arno Görke, Paul Höfer und Hans Neubert |
Anna Karenina wurde mehrfach für die Theaterbühne bearbeitet.
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