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Regierungsform aus demokratischen und autokratischen Elementen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als defekte Demokratie werden in der vergleichenden Politikwissenschaft politische Systeme bezeichnet, in denen zwar demokratische Wahlen stattfinden, die jedoch gemessen an den normativen Grundlagen liberaler Demokratien (Teilhaberechte, Freiheitsrechte, Gewaltenkontrolle etc.) verschiedene Defekte aufweisen. Dabei handelt es sich meist um politische Systeme, die im Zuge der dritten Demokratisierungswelle entstanden sind.
Ob eine defekte Demokratie überhaupt noch als „Demokratie“ bezeichnet werden darf, ist umstritten. Einigen gilt sie aufgrund ihrer eklatanten Mängel nicht mehr als Demokratie, sondern als Autokratie, oder zumindest als typisches Hybridregime (auf einer Demokratieskala zwischen Demokratie und Autokratie liegend[1]).
Defekte Demokratien sind abzugrenzen von Scheindemokratien, die definitiv keine Demokratien mehr sind, z. B. weil ihre Wahlen nur Scheinwahlen sind.
Das Konzept der „defekten Demokratien“ wurde Anfang des 21. Jahrhunderts von den Politikwissenschaftlern Wolfgang Merkel, Hans-Jürgen Puhle und Aurel Croissant entwickelt. Ziel war es zum einen, die bisher in der Politikwissenschaft gängige Unterscheidung zwischen totalitären, autoritären und demokratischen Systemen zu verfeinern. Insbesondere die in der Transformation befindlichen Länder des ehemaligen Ostblocks passten in keine der bisherigen Kategorien, da sie einerseits noch nicht alle Standards der rechtsstaatlich-liberalen Demokratie erfüllten, andererseits aber nicht mehr als totalitär bzw. autoritär einzustufen waren. Zum anderen sollte die empirische Analyse und Vergleichbarkeit von Regierungssystemen gestärkt werden, indem Defekte in Bezug auf die Demokratisierung quantitativ bewertet werden können. Auf Grundlage eines solchen analytischen Konzepts ließen sich ferner Demokratisierungs- bzw. Entdemokratisierungsprozesse einzelner Staaten messen und Indizes („Rankings“) bilden.
Die Theorie der defekten Demokratie baut auf dem ebenfalls von Wolfgang Merkel entwickelten Konzept der „eingebetteten Demokratie“ auf. Dieses theoretische Modell begreift weit entwickelte, stabil funktionierende Demokratien als Herrschaftssysteme, die aus einem Gefüge von fünf ineinander verzahnten Teilregimen bestehen: a) ein demokratisches Wahlregime, b) das Regime politischer Partizipationsrechte, c) das Regime bürgerlicher Freiheitsrechte, d) die institutionelle Sicherung der Gewaltenkontrolle sowie e) die Garantie, dass die effektive Regierungsgewalt den demokratisch gewählten Repräsentanten obliegt.[2] Von diesem Konzept abweichend, werden verkürzt auch Systeme als Demokratie bezeichnet, in denen zwar der Herrschaftszugang durch demokratische Wahlen gesichert ist, aber eine rechtsstaatliche Gewaltenkontrolle und gesicherte Grundrechte fehlen. In anderen Fällen liegt das tatsächliche Gewaltmonopol nicht bei den gewählten Repräsentanten, sondern ermöglicht es Lobbyisten, dem Militär oder einer Guerilla, auf bestimmten Gebieten ihr Veto einzulegen. So lassen sich zahlreiche Kombinationen von „funktionierenden“ und „defekten“ Teildimensionen eines Herrschaftssystems beschreiben. Demzufolge ist das Konzept der defekten Demokratie ein Instrumentarium, um bestehende reale Staaten empirisch zu klassifizieren.
Nach der vielzitierten Definition von Wolfgang Merkel, Hans-Jürgen Puhle, Aurel Croissant et al. sind defekte Demokratien „Herrschaftssysteme, die sich durch das Vorhandensein eines weitgehend funktionierenden demokratischen Wahlregimes zur Regelung des Herrschaftszugangs auszeichnen, aber durch Störungen in der Funktionslogik eines oder mehrerer der übrigen Teilregime die komplementären Stützen verlieren, die in einer funktionierenden Demokratie zur Sicherung von Freiheit, Gleichheit und Kontrolle unabdingbar sind.“[3]
Merkel, Puhle, Croissant et al. unterscheiden folgende Typen defekter Demokratien:[4]
Typ | Beschädigtes Teilregime | Beispiele (2004)[5] |
---|---|---|
Exklusive Demokratie | Wahlregime, politische Partizipationsrechte | Brasilien, Guatemala, Lettland, Thailand |
Illiberale Demokratie | bürgerliche Freiheitsrechte | Albanien, Bangladesch, Brasilien, Bolivien, Guatemala, El Salvador, Honduras, Mazedonien, Mexiko, Moldawien, Nepal, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Philippinen, Russland, Thailand, Ukraine |
Delegative Demokratie | horizontale Gewaltenkontrolle | Argentinien, Südkorea |
Enklavendemokratie | effektive Regierungsgewalt | Chile, Ecuador, Indonesien |
Das Konzept der defekten Demokratie ist in der Politikwissenschaft umstritten.
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