William Somerset Maugham war der Sohn eines englischen Anwalts, der in Paris für britische Klienten tätig war. Sein älterer Bruder war der Jurist Frederic Maugham. Die Eltern starben, als er noch ein Kind war. So verbrachte er als Waise seine Jugend unter der Aufsicht eines frömmlerischen Onkels und in Internaten. Er litt unter Stottern. An der Universität Heidelberg studierte er Deutsch, Literatur und Philosophie, später in London am King’s College London Medizin. Trotz seines Drangs zur Literatur beendete Maugham 1898 – vor allem unter dem Druck seines Onkels – das Medizinstudium erfolgreich.
Eine Erkrankung an Lungentuberkulose kurierte er im milden Klima Südfrankreichs. Nach seiner Erholung zog er nach Paris. 1907 gelang ihm mit dem Theaterstück Lady Frederick der erste große öffentliche Erfolg.
Während des Ersten Weltkrieges diente Maugham beim englischen GeheimdienstMI6, für den er zunächst in Italien, der Schweiz und in den USA tätig war. Von dort wurde er 1917 nach Russland beordert, wo die Briten die provisorische Regierung von Alexander Kerenski an der Macht zu halten versuchten, damit Russland im Krieg gegen die Mittelmächte bleiben würde. In dieser Zeit war Maugham zugleich Informant des amerikanischen Geheimdienstes. Obwohl Maugham während seines gesamten Aufenthalts unter Spionageverdacht stand, ließ man ihn gewähren – offenbar mit Rücksicht auf seinen internationalen Bekanntheitsgrad. So lernte Maugham bis zur Oktoberrevolution führende russische Politiker kennen und verfasste eine große Zahl wertvoller Berichte. Im Winter 1917 kehrte er nach Großbritannien zurück.
Seine Erfahrungen inspirierten ihn zu Ashenden: Or, the British Agent (1928). Mit diesem Werk beeinflusste er spätere Schriftsteller wie Graham Greene, Eric Ambler, Ian Fleming und John le Carré. Fleming bewunderte Maugham sehr, denn er betrachtete ihn und sich selbst als „die einzigen heutigen Schriftsteller, die über solche Dinge schreiben, die die Leute wirklich genießen: Kartenspiel, Geld, Gold, und so weiter“. Wie Greene reiste Maugham gerne, und diese Leidenschaft zeigte sich auch in vielen seiner Romane. Seine Reisen in die Südsee und nach Fernost fanden Niederschlag in Kurzgeschichten, die Maugham gesammelt ab 1921 veröffentlichte. In ihnen finden sich packende und authentische Porträts des „Englishman abroad“, Kolonialfiguren, wie sie bereits Conrads Werke bevölkerten und die Maugham mit skeptisch-distanziertem Blick meisterhaft zu schildern verstand.
1917 heiratete er in New Jersey seine Geliebte Syrie Barnardo, die geschiedene Frau des Pharma-Unternehmers Henry Wellcome und Tochter von Thomas John Barnardo. William und Syrie Maugham hatten eine Tochter, Elizabeth (1915–1998). Die Ehe litt unter heftigen Wirrnissen, die durch Maughams homosexuelle Neigungen kompliziert wurden. Sein wirklicher Partner war sein Sekretär, der Amerikaner Gerald Haxton. Haxton hatte einen schlechten Ruf; er soll ein Lügner, Schwindler, Trunkenbold und sogar Zuhälter gewesen sein. Später gestand Maugham ein: „Ich war ein Viertel ‚normal‘ und drei Viertel schwul. Aber ich versuchte mich selbst zu überzeugen, dass es umgekehrt war. Das war mein größter Fehler.“ Die Eheleute Maugham wurden 1928 geschieden. In den folgenden dreißig Jahren stritten sie sich wegen Geld und der Erziehung ihrer Tochter.
Nach der Scheidung zog es Maugham an die Côte d’Azur. Er kaufte auf der Halbinsel Cap Ferrat bei Nizza die Villa La Mauresque, die früher dem belgischen König Leopold II. gehört hatte. Mit Maughams hervorragender Kunstsammlung ausgestattet, wurde dieses Haus sehr berühmt. Er plante seine Karriere sorgfältig und nüchtern. 1933 gab er es auf, Theaterstücke zu schreiben, denn er glaubte, mit 50 Jahren sei er zu alt, um mit den wechselnden Trends der Theaterwelt Schritt halten zu können. 1947 stiftete er den Somerset Maugham Award, einen Literaturpreis für junge Autoren. 1948 verfasste er seinen letzten Roman Catalina. 1959 hörte er endgültig mit dem Schreiben auf. Ab 1950 war er Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters.[1]
Maugham starb am 16. Dezember 1965 an Tuberkulose in seinem Haus in Saint-Jean-Cap-Ferrat. Seine Leiche wurde eingeäschert; die Asche wurde in der Nähe der Bibliothek der King’s School in Canterbury verstreut. Maughams zweiter männlicher Partner, Alan Searle, stritt mit Maughams Tochter um das Erbe.
Ein Neffe Maughams war der seinerseits als Schriftsteller erfolgreiche Robin Maugham.
William Somerset Maugham errang mit seinem 1897 veröffentlichten Erstlingswerk Liza of Lambeth frühen literarischen Erfolg und löste zugleich einen Skandal aus. In dem Roman verarbeitete Maugham Erfahrungen, die er als angehender Arzt in den Armenvierteln Londons gemacht hatte. Das Bürgertum sah es als unpassend an, die Welt der Arbeiter derart naturalistisch darzustellen.
Auf das Buch folgten Jahre der Selbstbestimmung als Autor. Zuerst arbeitete er als Dramatiker und schrieb Theaterstücke wie The Circle, Our Betters und The Constant Wife. Im frühen 20. Jahrhundert wurden gleichzeitig vier Theaterstücke von ihm in London aufgeführt. Seine Produktivität war erstaunlich: in der Regel brauchte er nur eine Woche, jeden Aufzug zu schreiben, und eine weitere Woche, das Stück zu redigieren. Später widmete er sich der Prosa und verfasste zahlreiche Romane und Kurzgeschichten.
Als Maughams bedeutendste Arbeit wird meist der Roman Der Menschen Hörigkeit (original: Of Human Bondage) angesehen, eine autobiographische Geschichte, deren Held, Philip Carey, wie Maugham als Waise bei seinem frömmlerischen Onkel aufwächst und durch einen Klumpfuß gehandicapt ist. Maugham selbst stotterte.
Im englischen Sprachraum wird Maughams Werk zur so genannten middlebrow-Literatur gezählt, die bei leichter Lesbarkeit und hohem Unterhaltungswert dennoch ein beachtliches künstlerisches und formales Niveau erreicht.[2] Ein Thema, das Maugham in seinem dramatischen und seine erzählerischen Werk immer wieder beschäftigt hat, ist der Ehebruch.
Liza of Lambeth (1897) – Liza von Lambeth. Diana, Stuttgart 1953.
1950: So ist das Leben(Trio) – Vorlage: drei Novellen, Regie: Ken Annakin, Harold French
1951: Dakapo(Encore) – Vorlage: Erzählungen The Ant and the Grasshopper, Winter Cruise, Gigolo and Gigolette, Regie: Pat Jackson, Harold French, Anthony Pelissier
1954: Ins Paradies verdammt (The Beachcomber), Regie: Muriel Box
1954: Liebe im Quartett (Three for the Show) – Remake von Too Many Husbands, Regie: H. C. Potter
1954/55: Mord ohne Mörder (Three Cases of Murder) – Vorlage: Lord Mountdrago und zwei weitere Novellen, Regie: Wendy Toye, David Eady und George More O’Ferrall
1957: Hongkong war ihr Schicksal (The Seventh Sin) – Vorlage: Roman Der bunte Schleier, Regie: Ronald Neame
Stanley Archer: W. Somerset Maugham. A study of the short fiction (= Twayne's studies in short fiction. Bd. 44). Twayne Publishers u.a., New York 1993. ISBN 0-8057-0856-1
Ronald E. Barnes: The dramatic Comedy of William Somerset Maugham (= Studies in English literature. Bd. 32). The Hague u.a.: Mouton 1968
Bryan Connon: Somerset Maugham and the Maugham dynasty. Sinclair-Stevenson, London u.a. 1997, ISBN 1-85619-274-1.
Rolf Cyriax: Der Dramatiker William Somerset Maugham. Univ. Diss., Freiburg im Breisgau 1968.
Selina Hastings: The secret lives of Somerset Maugham. Murray, London 2009, ISBN 978-0-7195-6554-0.
Philip Holden: Orienting masculinity, orienting nation. W. Somerset Maugham's exotic fiction (= Contributions to the study of world literature. Bd. 68). Westport, Conn. u.a.: Greenwood Press, 1996, ISBN 0-313-29812-2.
Raimund Lindenberger: Autobiographische Konvergenzen in den Kurzgeschichten Somerset Maughams. Stutz, Passau 2004, ISBN 3-88849-096-0.
Anna Makolkin: Semiotics of misogyny through the humor of Chekhov and Maugham. Mellen, Lewiston u.a. 1992, ISBN 0-7734-9570-3.
Robin Maugham: Mein Onkel Somerset und all die Maughams. München: List 1967
Jeffrey Meyers: Somerset Maugham. A life. Knopf, New York, NY 2004. ISBN 0-375-41475-4
Ted Morgan: Maugham. Simon u. Schuster, New York 1980. ISBN 0-671-24077-3
Helmut Papajewski: Die Welt-, Lebens- und Kunstanschauung William Somerset Maughams. Kölner Universitäts-Verlag, Köln 1952
Samuel J. Rogal: A William Somerset Maugham encyclopedia. Westport (Connecticut) u.a.: Greenwood Press, 1997, ISBN 0-313-29916-1.
Charles Sanders: W. Somerset Maugham. An annotated bibliography of writings about him. De Kalb, Ill.: Northern Illinois Univ. Press, 1970.
Sotheby & Co: Somerset Maugham Collection, Catalogue, the Collection of Impressionist and Modern Pictures formed by W. Somerset Maugham over the last fifty years. Day of Sale Tuesday 10 April 1962
Raymond Toole Stott: A bibliography of the works of W. Somerset Maugham. Kaye u. Ward, London 1973, ISBN 0-7182-0950-8.
Hans-Dieter Gelfert:Was ist gute Literatur? – Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet. 2. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-51098-4, S.161.