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Bundesregierung (Österreich)

Regierung Österreichs Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Bundesregierung (Österreich)
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In Österreich ist gemäß Bundes-Verfassungsgesetz die Bundesregierung neben dem Bundespräsidenten eines der obersten Organe der Bundesverwaltung. In ihrer Gesamtheit ist sie ein Kollegialorgan, das durch Beschlüsse entscheidet. Ihre Mitglieder sind der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die Bundesminister. Die im Zusammenhang mit der Regierung oft genannten Staatssekretäre sind formal nicht Regierungsmitglieder, sondern Hilfsorgane der Minister, ebenso die Kabinettschefs. Nicht alle Minister leiten auch ein Ministerium.

Schnelle Fakten Wappen der Republik Österreich, Bundeskanzleramt Sitz der Regierung ...
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Funktion und Stellung im politischen System

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Ernennung und Entlassung

Die Bundesregierung wird seit 1929 vom Bundespräsidenten ernannt (bis dahin wurde sie seit 1920 vom Nationalrat gewählt), wobei er bei der Ernennung des Bundeskanzlers an keine rechtlichen Vorgaben gebunden ist. Bei der Ernennung der übrigen Mitglieder der Bundesregierung ist er auf den Vorschlag des Bundeskanzlers angewiesen (wobei er die Ernennung jedoch verweigern kann). Mit ihrer Ernennung und Angelobung ist die Regierung unmittelbar voll funktionsfähig. Eine gesonderte Bestätigung durch den Nationalrat ist nicht erforderlich. Da jedoch der Bundespräsident infolge eines Misstrauensvotums des Nationalrats verpflichtet wäre, die Bundesregierung zu entlassen, sind die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse bei ihrer Ernennung von ausschlaggebender Bedeutung. (Bei Nationalratswahlen pflegen die Parteien ihre Spitzenkandidaten als künftige Bundeskanzler zu bewerben; dies stellt sich in der Realität je nach Wahlergebnis als Vorgabe für den Bundespräsidenten dar.)

Von dieser rechtlichen Verpflichtung abgesehen, kann der Bundespräsident den Bundeskanzler oder die gesamte Bundesregierung jederzeit entlassen. (Dies wäre allerdings nur sinnvoll, wenn der Bundespräsident sicher sein kann, dass die von ihm angepeilte Alternative vom Nationalrat akzeptiert wird.) Die Entlassung einzelner Mitglieder der Bundesregierung ist wie ihre Ernennung an den Vorschlag des Kanzlers gebunden und findet formal auch dann statt, wenn Minister von sich aus ihren Rücktritt erklären.

Rechtsstellung der Bundesregierung

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Sitzungssaal des Ministerrates

Die Bundesregierung ist in ihrem Wirkungsbereich eine als Kollegial- oder Gesamtorgan eingerichtete Verwaltungsbehörde.[1] Zur Beschlussfassung tritt sie im Ministerrat zusammen,[2] seit September 1997 ist zur Beschlussfähigkeit die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Bundesregierung erforderlich (Art. 69 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz[3]). Obwohl dies ursprünglich rechtlich nicht gesondert festgelegt war, mussten schon in der politischen Praxis Beschlüsse einstimmig getroffen werden;[4] dies entsprach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.[5] In Hinblick auf diese Konventionalregel stellte Staatskanzler Karl Renner 1945 zwei kommunistischen Regierungsmitgliedern, die einen Beschluss nicht mittragen wollten, den Austritt aus der Regierung anheim, worauf diese keinen Einspruch mehr erhoben.

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde Art. 69 Abs. 3 B-VG im März 2020 abgeändert: Einerseits wurde das Einstimmigkeitsprinzip nun verfassungsrechtlich festgeschrieben, wobei weiterhin (nunmehr dezidiert „in persönlicher Anwesenheit“) mehr als die Hälfte ihrer Regierungsmitglieder zur Beschlussfassung anwesend sein müssen. Andererseits wurde die Möglichkeit geschaffen, Beschlüsse im Umlaufverfahren zu fassen; befristet war dies auch (nach einer Verlängerung) bis zum 30. Juni 2023 im Wege einer Videokonferenz möglich.[6]

Rechtsstellung der Regierungsmitglieder

Der österreichische Bundeskanzler ist Vorsitzender der Bundesregierung (im Sinne eines primus inter pares).[7] Eine formale Richtlinienkompetenz oder ein Weisungsrecht des Regierungschefs gegenüber den Ministern sieht das österreichische Regierungssystem nicht vor. Seine Rechtsstellung innerhalb der Bundesregierung wird jedoch durch sein Vorschlagsrecht bei der Ernennung und Entlassung ihrer einzelnen Mitglieder gestärkt. Seine politische Stellung hängt davon ab, ob er die Alleinregierung einer Partei führt oder auf seine Koalitionspartner Rücksicht nehmen muss.

Neben dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit gehören auch ihre einzelnen Mitglieder (d. h. Bundeskanzler, Vizekanzler sowie Bundesminister) zu den obersten Organen der Bundesverwaltung (monokratische Organe). Als solche sind sie selbst nur an Beschlüsse der Bundesregierung – repräsentiert im Ministerrat – gebunden, und ansonsten weisungsfrei, d. h. keinerlei Auftrag von wem immer unterworfen, und nur sie den ihnen untergeordneten Behörden gegenüber weisungsbefugt (Ressortprinzip). Nicht als rechtlicher, wohl aber als politischer Auftrag ist es zu verstehen, wenn der Nationalrat einen Bundesminister durch eine Entschließung dazu auffordert, in einem bestimmten Sinn tätig zu werden, z. B. einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Zur Unterstützung in den Amtsgeschäften können den Bundesministern Staatssekretäre beigegeben werden, die als Hilfsorgane des jeweiligen Bundesministers fungieren und damit ihm gegenüber weisungsgebunden sind. Sie sind rechtlich keine Mitglieder der Bundesregierung, haben als solche auch kein Stimmrecht, nehmen jedoch an Regierungssitzungen teil. In Koalitionsregierungen werden Bundesministern nicht selten Staatssekretäre der jeweils anderen Regierungspartei beigegeben. In diesem Fall bleibt die Weisungsgebundenheit des Staatssekretärs Theorie; in der Praxis fungiert er quasi als politischer „Aufpasser“ der Partei, die das Ressort nicht führt.

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Ministerratsprotokolle

Die Ministerratsprotokolle, die als Archivgut im Österreichischen Staatsarchiv verwahrt sind,[8] waren bis 2016 öffentlich nicht zugänglich. Seit der XXV. Regierungsperiode, beginnend mit dem Beschlussprotokoll des 10. Ministerrates vom 30. August 2016,[9] sind die Protokolle online auf der Website des Bundeskanzleramtes veröffentlicht.[10] Seit der XXVII. Regierungsperiode, beginnend mit der 1. Ministerratssitzung am 8. Jänner 2020, sind die Ministerratsprotokolle mit den Beschlussprotokollen und den zugehörigen Ministerratsvorträge samt Beilagen im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) abrufbar.[11]

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Bundesregierungen (Kabinette) der Republik

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Siehe auch: Liste der Bundeskanzler der Republik Österreich

Erste Republik (1918–1934) und Bundesstaat (1934–1938)

Staatsregierungen wurden 1918–1920 gewählt:

Bundesregierungen bestanden vom 10. November 1920 (Inkrafttreten des Bundes-Verfassungsgesetzes, siehe Bundesregierung Mayr I) bis zum 13. März 1938 (Inkrafttreten des „Anschlusses“ an das Deutsche Reich)

Die Bundesregierung Dollfuß regierte vom 5. März 1933 an ohne Parlament, schaltete im Zusammenhang mit den Februarkämpfen am 12. Februar 1934 die Opposition aus und setzte am 1. Mai 1934 die autoritäre Verfassung des Bundesstaates Österreich in Kraft. Außerdem wurden alle Parteien neben der Vaterländischen Front (VF) als Einheitspartei verboten, sodass alle folgenden Regierungen formal VF-Regierungen waren.

Zweite Republik (seit 1945)

Die Provisorische Staatsregierung Renner 1945 amtierte ohne parlamentarische Kontrolle vom 27. April 1945 (Österreichische Unabhängigkeitserklärung) bis zum 20. Dezember 1945 und bereitete die Nationalratswahl vom 25. November 1945 vor. Sie wurde von der Bundesregierung Figl I abgelöst, die vom 20. Dezember 1945 (dem Tag des vollen Inkrafttretens des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nach dem Zweiten Weltkrieg) an amtierte.

Weitere Informationen Bundesregierungen der Zweiten Republik, Regierung ...
*) 
Art. 71 B-VG: „Ist die Bundesregierung aus dem Amt geschieden, hat der Bundespräsident bis zur Bildung der neuen Bundesregierung Mitglieder der scheidenden Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und einen von ihnen mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung zu betrauen. […] Der mit der Fortführung der Verwaltung Beauftragte trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister (Art. 76).“[12]
**) 
Ohne Wahldatum und damit ohne Dauer: Nach Rücktritt des Bundeskanzlers und/oder der gesamten Bundesregierung wurde mit altem bzw. in den meisten Fällen mit neuem Bundeskanzler die Regierung neu oder umgebildet.
1) 
Provisorische Staatsregierung mit vollständiger exekutiver und legislativer Gewalt, allerdings anfangs nur in der sowjetischen Besatzungszone und ohne Wahlgang eingesetzt.
2) 
Am 20. November 1947 schied die KPÖ aus der Bundesregierung aus.
3) 
Regierung Kreisky I: Seit 1945 die erste und bis 2019 einzige (siehe Regierung Kurz) Minderheitsregierung.
4) 
Laut offiziellen Angaben des Bundeskanzleramtes wurde am 17. April 2005 aus der ÖVP-FPÖ-Koalition eine ÖVP-BZÖ-Koalition.
5) 
Am 22. Mai 2019 schieden im Gefolge der sogenannten Ibiza-Affäre der FPÖ-Vizekanzler und die anderen FPÖ-Minister aus der Bundesregierung aus. Die ausgeschiedenen Regierungsmitglieder wurden auf Vorschlag von ÖVP-Bundeskanzler Kurz mit parteilosen Experten ersetzt; anstelle des scheidenden Vizekanzlers Heinz-Christian Strache wurde der ÖVP-Bundesminister Hartwig Löger zum Vizekanzler ernannt. Die Regierung wurde damit zu einer ÖVP-Allein- und Minderheitsregierung.
6) 
Am 28. Mai 2019 wurde die gesamte Regierung Kurz des Amtes enthoben. Gleichzeitig wurde (Kurzzeit-)Vizekanzler Hartwig Löger mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung und der Fortführung der Verwaltung betraut.[13][14]
7) 
Wurde am 3. Juni 2019 als Übergangsregierung bis nach der vorgezogenen Nationalratswahl am 29. September 2019 eingesetzt. Nach Demission wurde die Bundesregierung vom Bundespräsidenten am 1. Oktober 2019 mit der Fortführung der Verwaltung und die Bundeskanzlerin überdies mit dem Vorsitz dieser einstweiligen Bundesregierung betraut.[15]
8) 
Lediglich der bisherige Bundeskanzler Kurz wurde seines Amtes enthoben. Der bisherige Außenminister Schallenberg wurde nur enthoben, um sofort darauf als Bundeskanzler angelobt zu werden, die übrigen Regierungsmitglieder wurden nicht des Amtes enthoben und auch nicht neu angelobt.

Zeitleiste Bundesregierungen, Bundeskanzler und Vizekanzler seit 1945

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Siehe auch

Einzelnachweise

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