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Caudoviricetes

frühere Ordnung von Viren (ersetzt durch Klasse Caudoviricetes) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Caudoviricetes
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Caudoviricetes (von lateinisch cauda Schwanz) ist eine Klasse von Viren, die Bakterien und Archaeen als Wirte nutzen und eine Kopf-Schwanz-Struk­tur besitzen, weshalb die Mit­glieder der Caudo­viricetes einer­seits als Bakterio­phagen klassi­fiziert, anderer­seits gelegentlich informell als Schwanz­viren bezeichnet werden. Die Klasse umfasste bis zum März 2022 nur eine einzige vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) bestätigte Ordnung, Caudo­virales. Diese Ordnung war 1998 von Hans-Wolfgang Ackermann aufgrund von EM-Aufnahmen der Virionen als Supergruppe aller geschwänzten Bakteriophagen vorgeschlagen worden, was in der Folge vom ICTV bestätigt wurde. Die klassische Unterteilung dieser Gruppe in Familien erfolgte ebenfalls hauptsächlich aufgrund der genauen Morphologie des am Kapsid sitzenden Schwanz­stückes:

  • Myoviren (englisch myoviruses, ehemalige Familie Myoviridae): Morphotyp A: langes kontraktiles Schwanzstück
  • Siphoviren (en. siphoviruses, ehemalige Familie Siphoviridae): Morphotyp B: langes nicht-kontraktiles Schwanzstück
  • Podoviren (en. podoviruses, ehemalige Familie Podoviridae): Morphotyp C: kurzes nicht-kontraktiles Schwanzstück.
Schnelle Fakten Systematik, Taxonomische Merkmale ...
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Typische Morphologie der Myoviren (Morphotyp A), Podoviren (Typ C) und Siphoviren (Typ B);
von links nach rechts.
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Bacillus-Phage Gamma (Gattung Wbetavirus, Siphoviren)[5]

In zunehmendem Maße erlangen aber Gen- und Genom- bzw. Proteom-Vergleiche für die Taxonomie an Bedeutung. Es zeigte sich dabei, dass diese drei traditionellen morphologisch begründeten Familien nicht monophyletisch waren. Dies hatte zur Folge, dass Genomsequenzen (sog. Contigs) aus der Metagenomik im bestehenden System – mit fehlender Information über die Morphologie – nicht zugeordnet werden konnten.[6]

Um dieses Problem zu lösen, hatte das ICTV zunächst verschiedene Gruppen aus diesen herkömmlichen Familien – zunächst formell noch innerhalb der damaligen Ordnung Caudovirales – in neue geschaffene Familien verschoben, darunter die Ackermannviridae, Autographiviridae (jetzt Ordnung Autographivirales), Chaseviridae, Demerecviridae und Herelleviridae.

Im März 2021 resultierten diese Bestrebungen in dem Vorschlag einer kompletten Reorganisation der Klasse unter Abschaffung der bisherigen Ordnung Caudovirales; sowie der Auflösung der damaligen polphyletischen Familien (Myoviridae, Podoviridae und Siphoviridae), wobei diese durch neue monophyletische Familien ersetzt werden und nur noch informall als nicht-taxonomische Gruppen zur morphologischen Klassifizierung (Morphotypen) bestehen bleiben.[6]

Diesen Vorschlag hat das ICTV dann im März 2022 vollständig umgesetzt. Die Ordnung Caudovirales wurde aufgelöst. Der Klade der aus der Metagenomik identifizierten crAss-like phages wurde dabei gemäß Vorschlag der Rang einer Ordnung Crassvirales gegeben[6] und noch weitere Ordnungen eingerichtet. Neben den oben genannten bereits aus den herkömmlichen drei Familien (Morphotypen) ausgegliederten Familien wurden dabei weitere Familien definiert, etliche Unterfamilien verblieben aber zunächst noch ohne Familienzuordnung.

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Genom

Zusammenfassung
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Das Genom der Caudoviricetes ist unsegmentiert (monopartit), d. h. es besteht aus einem einzigen Molekül einer (gewöhnlich) doppelsträngigen DNA mit einer Größe von 18 bis 500 kBp (Kilobasenpaare). Es ist bei den klassischen Myo-, Sipho- und Podoviren linear, kann aber (wie bei den Crassvirales, en. crAss-like phages) auch als eine ringförmig geschlossene (zirkuläre) DNA vorliegen.

Neben den üblichen Nukleotiden des genetischen Codes besitzen die Caudoviricetes auch modifizierte, z. B. glykosylierte Basen (d. h. mit angehängten zusätzlichen Zuckerresten) oder 5-Hydroxymethylcytosin an Stelle von Cytosin. Die DNA befindet sich in einem 45 bis 170 nm im Durchmesser großen ikosaedrischen Kapsid aus meist 72 Kapsomeren; das Schwanzstück kann bis zu 230 nm lang sein.

Das Genom kodiert für 27 bis über 600 Gene, deren Anordnung stark variiert. Das Genom kann von einzelsträngigen Lücken durchbrochen sein und im linearen Fall kovalent gebundene terminale Proteine besitzen. Im Bakterium können diese Caudoviricetes in das Nukleoid integrieren (Prophage) oder als lineares bzw. zirkuläres Plasmid in der Zelle verbleiben. Die Anzahl der isolierten Genome ist verhältnismäßig hoch, da die Caudoviricetes einem ständigen genetischen Austausch zwischen viralem und bakteriellem Genom wie auch dem horizontalen Austausch als Plasmid zwischen Bakterien unterliegen (siehe horizontaler Gentransfer). Es entsteht so eine Vielzahl von so genannten „Mosaiktypen“.

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Verbreitung

Die Caudoviricetes sind stammesgeschichtlich sehr alte Viren mit großen Populationsvarianten und weltweiter Verbreitung. Man schätzt, dass sich etwa 1031 Virionen der Caudoviricetes in der Biosphäre befinden, die aneinandergelegt einer Strecke von 2×108 Lichtjahren entsprächen. Die Caudoviricetes machen den überwiegenden Anteil des Virioplanktons in den Meeren und Gewässern aus.

Systematik

Zusammenfassung
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Mit Stand 3. März 2025 kennt das International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) die folgende Familien und Unterfamilien (ergänzt um einige Vorschläge in doppelten Anführungszeichen), wobei etliche Gattungen, Unterfamilien und Familien noch ohne Zuordnung sind:[7]

Klasse Caudoviricetes

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Galerie

Anmerkungen

  1. mit Poseidoniales virus P01 (Poseidoniales virus isolate PR24_contig_10065_pilon), Zugriffsnummer PP497040.[8][9]
  2. Im Oktober 2023 das tiefste je gefundene Virus (Marianengraben). Wirt: Halomonas meridiana H4907.
  3. teilweise verschrieben als Umezuonoviridae[34]

Literatur

  • C. M. Fauquet, M. A. Mayo et al.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. San Diego / London 2004.
  • Bernard N. Fields, David M. Knipe, Peter Howley (Hrsg.): Fields Virology. 4. Auflage. Philadelphia 2001.
Commons: Caudoviricetes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikispecies: Caudoviricetes – Artenverzeichnis
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Einzelnachweise

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