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Frederik Obermaier

deutscher Journalist, Politikwissenschaftler und Buchautor Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Frederik Obermaier
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Frederik Obermaier (* 1984 in Eggenfelden) ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Er ist Mitglied des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).[1] Zusammen mit dem Journalisten Bastian Obermayer initiierte er 2016 die weltweiten Panama-Papers-Enthüllungen und wurde dafür 2017 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.[2][3] Ebenfalls mit Obermayer war er 2019 an den Enthüllungen zur Ibiza-Affäre beteiligt, die zum Rücktritt der Regierung in Österreich führte. Seit 2022 ist er mit Obermayer gleichberechtigter Geschäftsführer der in München ansässigen Investigativfirma paper trail media.[4][5][6]

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Frederik Obermaier (2019)
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Leben und Arbeit

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Obermaier wurde 1984 in Eggenfelden geboren und machte 2003 am Ruperti-Gymnasium in Mühldorf am Inn das Abitur. Er studierte an den Katholischen Universitäten Eichstätt und Bogotá Journalistik und Politikwissenschaft. Anschließend arbeitete er als Freier Journalist, bevor er ein Volontariat bei der Süddeutschen Zeitung absolvierte. Ab 2012 arbeitete er für die Süddeutsche Zeitung im Ressort Investigative Recherche, zuletzt als stellvertretender Ressortleiter.[6]

Obermaier ist Autor des Buches Land am Abgrund – Staatszerfall und Kriegsgefahr in der Republik Jemen.[7] 2009 berichtete er als erster deutscher Autor über den Fall der Jemenitin Nojoud Ali, die sich im Alter von zehn Jahren von ihrem 22 Jahre älteren Mann scheiden ließ.

Für die Süddeutsche Zeitung betreute Obermaier die Recherche in den Offshore-Leaks-Dateien, die im April 2013 weltweit für Schlagzeilen sorgten.[8] Er schrieb unter anderem über die Offshore-Verwicklungen von Gunter Sachs, dem in der Folge zurückgetretenen österreichischen Banker Herbert Stepic, dem georgischen Premier Bidsina Iwanischwili und dem Sohn des DDR-Spionagechefs Markus Wolf.[9][10][11][12]

Zusammen mit Hans Leyendecker und John Goetz enthüllte Obermaier im Juni 2013, dass der britische Geheimdienst GCHQ das Unterseekabel TAT-14 angezapft hatte, das Deutschland mit Großbritannien und den USA verbindet.[13] Das Kabel sei eines von mehr als 200 Glasfaser-Kabeln, die der britische Geheimdienst GCHQ im Rahmen des geheimen Programms Tempora anzapfe und abhöre. Dabei hat der Dienst offensichtlich direkt an Knotenpunkten des Kabels bei Kommunikationsunternehmen angesetzt und musste somit nicht von außen an das Kabel gelangen. Beim Ausspähen sollen dem britischen Abhördienst zwei Telefongesellschaften behilflich gewesen sein, Vodafone und British Telecommunications (BT).

Obermaier enthüllte zusammen mit Bastian Obermayer und Volkmar Kabisch, wie Deutschlands ältester Waffenhersteller, Sig Sauer, die deutschen Ausfuhrbehörden täuschte, um illegal Waffen nach Kolumbien zu liefern.[14] Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle stoppte vorübergehend alle Exporte des Waffenherstellers.[15] Er gehörte zum Team internationaler Rechercheprojekte wie den Offshore-Leaks-, Luxemburg-Leaks[16] und Swiss-Leaks-Enthüllungen,[17] dem Projekt Der geheime Krieg über Deutschlands Rolle im US-Drohnenkrieg sowie dem sogenannten Pegasus Project[18] über die Überwachungssoftware Pegasus.

Im April 2022 gaben Obermaier und Obermayer die Gründung ihrer eigenen Investigativfirma paper trail media bekannt, welche eng mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel,[4][5][6][19][20] dem ZDF[20][21] und dem Standard[20][22] kooperiert.

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Tätigkeit als investigativer Journalist

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Frederik Obermaier beschäftigt sich in seiner Arbeit vor allem mit Korruption und Steueroasen sowie mit Geheimdiensten, illegalen Waffengeschäften und Extremismus von rechtsextremen bis zu islamistischen Gruppen.[23][24][25]

Panama Papers

Obermaier initiierte und koordinierte zusammen mit Bastian Obermayer die sogenannten Panama-Papers-Enthüllungen. Eine anonyme Quelle, die sich John Doe nannte, hatte den Journalisten 2,6 Terabyte interner Daten des Offshore-Dienstleister Mossack Fonseca zugespielt. Obermaier und Obermayer teilten diese mit dem International Consortium of Investigative Journalists – am Ende arbeiten rund 400 Journalisten weltweit an den Recherchen.[26] Sie zeigen nach Einschätzung der beteiligten Medien legale Strategien der Steuervermeidung, aber auch Steuer- und Geldwäschedelikte, den Bruch von UN-Sanktionen sowie andere Straftaten durch Kunden von Mossack Fonseca.[27] Nach mehr als einem Jahr der Analyse wurden die ersten Nachrichten am 3. April 2016 veröffentlicht. Obermaier und Obermayer veröffentlichten im April 2016 auch den Bestseller „Panama Papers“ über ihre Erfahrungen mit John Doe und die folgenden weltweiten Enthüllungen. Es wurde in mehr als zehn Sprachen übersetzt.[28] 2016 erwarb Netflix die exklusiven Filmrechte an dem Buch.[29]

Bahamas-Leaks

Eine unbekannte Quelle spielte Frederik Obermaier und Bastian Obermayer 38 Gigabyte an vertraulichen Unterlagen des bahamaischen Unternehmensregister zu, die am 21. September 2016 als Bahamas-Leaks veröffentlicht wurden.[30] Die Enthüllungen deckten u. a. auf, dass Neelie Kroes, Amber Rudd, William Francis Morneau, Carlos Caballero Argáez, Manuel Domingos Vicente, Hamad ibn Dschasim ibn Dschabir Al Thani, Süchbaataryn Batbold und Georg Freiherr von Waldenfels Direktoren, Präsidenten oder Sekretäre von Briefkastenfirmen auf den Bahamas waren beziehungsweise sind.[31]

Paradise Papers

Nach den Panama Papers initiierte und koordinierte Frederik Obermaier zusammen mit seinem Kollegen Bastian Obermayer ein weiteres internationales Rechercheprojekt: die im November 2017 veröffentlichten Paradise Papers.[32] Die Paradise Papers enthüllten die Offshore-Geschäfte von Konzernen wie Nike, Apple und Sixt sowie von Prominenten wie US-Handelsminister Wilbur Ross, Queen Elisabeth II., Bono und dem FC Arsenal-Besitzer Alischer Usmanow.[33] Die Recherchen basierten auf vertraulichen Dokumenten der Finanzdienstleister Appleby und Asiaciti Trust sowie den Unternehmensregistern von 19 Steueroasen, die der Süddeutschen Zeitung von unbekannter Seite zugespielt worden waren.[34]

Ibiza-Affäre

Im Mai 2019 löste Frederik Obermaier mit Bastian Obermayer, Leila Al-Serori, Oliver Das Gupta und Peter Münch die sogenannte Ibiza-Affäre aus,[35] und damit eine Staatskrise in Österreich. Das SZ-Team veröffentlichte gemeinsam mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel die Recherche über ein heimlich aufgenommenes Video, das den damaligen österreichischen Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache innerhalb von nicht einmal 24 Stunden zum Rücktritt zwang.[36] Strache war in eine Falle getappt: Er hatte in einer Villa auf Ibiza einer vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen Staatsaufträge gegen Wahlkampfunterstützung in Aussicht gestellt sowie ein offenbar illegales Parteispendensystem erläutert.[35] Im Laufe der Ibiza-Affäre zerbrach innerhalb von wenigen Tagen die damalige österreichische Regierung von Kanzler Sebastian Kurz. Am 29. September 2019 erfolgten Neuwahlen.

Pegasus-Projekt

Obermaier war Teil eines internationalen Rechercheteams, das 2021 eine geleakte Liste von Telefonnummern auswertete, bei denen es sich um Ziele handelt, die von Kunden der israelischen Cyberwaffenfirma NSO Group zur Ausforschung ausgewählt worden waren.[37] Das Rechercheteam fand heraus, dass zu den Staaten, die Pegasus zur Überwachung verwendeten, Mexiko, Indien, Marokko, Indonesien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kasachstan, Aserbaidschan, Togo, Ruanda sowie das EU-Mitgliedsland Ungarn gehören. Unter den überwachten Telefonadressen befinden sich mehrere Nummern von Politikern in den höchsten Ämtern: Emmanuel Macron (Präsident Frankreichs), Barham Salih (Präsident des Irak), Cyril Ramaphosa (Präsident Südafrikas), König Mohammed VI. von Marokko, Ahmed Obeid bin Daghr (Premierminister des Jemen), Saad Hariri (Premierminister des Libanon), Ruhakana Rugunda (Premierminister von Uganda), Edouard Philippe (Premierminister von Frankreich), Noureddine Bedoui(Premierminister von Algerien), Charles Michel (Präsident des Europäischen Rates), Imran Khan (Premierminister von Pakistan), Mustafa Madbuli (Ministerpräsident Ägyptens), Baqytschan Saghyntajew (Premierminister von Kasachstan), Romano Prodi.[38][39]

Suisse Secrets

Nachdem eine anonyme Quelle Frederik Obermaier und seinem Kollegen Bastian Obermayer interne Daten der Schweizer Großbank Credit Suisse zugespielt hatten, initiierten die beiden Journalisten zusammen mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project die sogenannten Suisse-Secrets-Enthüllungen.[40] Die Recherchen belegten, dass die Schweizer Großbank korrupte Autokraten, mutmaßliche Kriegsverbrecher sowie Menschenhändler, Drogendealer und andere Kriminelle als Kunden akzeptiert hat.[41] Mehrere Konten wurden von den Leitern von Geheimdiensten oder ihren Verwandten geführt, darunter Personen, die eng mit der Central Intelligence Agency zusammenarbeiteten, und einige, die beschuldigt wurden, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen beaufsichtigt zu haben.[42]

Cyprus Confidential

Nachdem Frederik Obermaier und seinen Kollegen und Kolleginnen bei paper trail media vertrauliche Daten mehrerer zyprischer Finanzdienstleister zugespielt worden waren, initiierten sie mit dem ICIJ eine internationale Recherche, die im November 2023 unter dem Titel „Cyprus Confidential“ weltweit veröffentlicht wurde.[43] Sie enthüllten unter anderem, wie der ARD-Journalist, Putin-Biograph und Buchautor Hubert Seipel von einem russischen Oligarchen Hunderttausende Euro erhalten und dies verheimlicht hatte.[44]

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Publikationen

Filmografie

  • 2023: Wanted - Der gefährlichste Waffenhändler der Welt (Arte/Bayerischer Rundfunk)[45]

Auszeichnungen

Otto Brenner Preis 2016
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Commons: Frederik Obermaier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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