Eingewurzelte, bösartige Krankheit, Sucht, ein medizinischer Fachausdruck; von griechischκακοήθηςkakoḗthēs, deutsch ‚arglistig, boshaft, bösartig‘ („ von schlechtem Charakter“)
Davon speziell:
Cacoëthes carpendi
„Kritiksucht“
Cacoëthes regnandi
„Die Sucht zu herrschen“
Cacoëthes scribendi
„Schreibsucht“ – Juvenal, Satire 7,51 f., wo es heißt: „insanabile … scribendi cacoethes“ („des Schreibens unheilbare Sucht“)
Cacumen radicis loco ponis.
„Du stellst den Wipfel an die Stelle der Wurzel.“ (Gemeint: In deiner Theorie nimmst du das Ziel bereits als Anfang vorweg.) Seneca, Epistulae morales 124,7.
Caeca amore est.
„Sie ist blind vor Liebe.“ – Plautus: Miles gloriosus 1259
Caeca invidia est.
„Neid ist blind.“ – Livius, ab urbe condita 38,49.
Der Satz aus der Rede des Manlius lautet vollständig: „Caeca invidia est nec quidquam aliud scit quam detrectare virtutes“ („Blind ist der Neid und kann nichts anderes als Vorzüge heruntersetzen.“)
Caeci sunt oculi, cum animus alias res agit.
„Die Augen sind blind, wenn der Geist andere Dinge treibt.“ – Publilius Syrus: Sententiae 115
Caecior Tiresia
„Blinder als Teiresias“ – Teiresias war ein blinder Wahrsager der Griechen vor Troja. Seine Blindheit war so sprichwörtlich, dass Juvenal[1] statt „blind“ „Tiresias“ sagen kann: „Du wirst mit Freuden zugeben, dass keiner der Götter taub oder ein Tiresias ist.“ „Blinder als Tiresias“ bedeutet also „blinder als blind“.
Caedite eos. Novit enim Dominus qui sunt eius.
„Tötet sie alle! Gott kennt die Seinen schon.“ – Im Albigenserkreuzzug (1209 bis 1229) soll der päpstliche Gesandte, Abt Arnaud Amaury, den Kreuzfahrern auf die Frage, wie sie denn die Ketzer von den normalen Bewohnern unterscheiden sollten, mit diesem Befehl geantwortet haben.
Caelebs caelestium vitam ducens.
„Ein Junggeselle führt ein Leben wie im Himmel.“ – Priscianus: Institutiones grammaticae 1.23
Caelestem ergo admirabilem ordinem incredibilemque constantiam, ex qua conservatio et salus omnium omnis oritur, qui vacare mente putat is ipse mentis expers habendus est.
„Wer nun meint, die wunderbare Ordnung und unglaubliche Beständigkeit des Himmlischen, aus der alle Aufrechterhaltung und alles Leben von allem herrührt, sei ohne Geist, der ist selbst für geistlos zu halten.“ – Cicero angesichts der gleichmäßigen Planetenbewegung, die als kosmischer Garant aller Bewegung und damit allen Lebens angesehen wurde (De Natura Deorum, II, 56).
Caelestis aqua ad bibendum omnibus antefertur.
„Regenwasser wird zum Trinken allem vorgezogen.“ – Palladius, Opus agriculturae 1.17,4
Caelestis ira quos premit, miseros facit, humana nullos.
„Der Zorn der Götter stürzt, wen er trifft, ins Elend, der Zorn der Menschen vernichtet.“ – Seneca, Hercules Oetaeus 441–442
Caelo demissa
„Vom Himmel herabgeschickt“ – durch übernatürliche Macht entstanden; Livius: Ab urbe condita 22. 29,3
Caelo tegitur, qui non habet urnam.
„Vom Himmel wird bedeckt, wer keine Urne hat.“ – Lucan, Pharsalia 7,819
Caelo tonantem credimus Iovem regnare.
„Im Himmel, glauben wir, regiert der donnernde Zeus.“ – Horaz: Carmina 3.5,1-2
Caelum ac terras miscere
„Himmel und Erde vermischen“ – alles durcheinanderbringen; Livius: Ab urbe condita 4.3,6
Caelum et terra transibunt, verba autem mea non transibunt.
„Ringsum nur Himmel und Meer“ – Vergil: Aeneis 3.193
Caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt.
„Den Himmelsstrich, nicht ihr Bewusstsein, ändern die, die übers Meer eilen.“ – ein Hexameter aus Horaz’ Epistulae (1,11,27)
: - - / - v v / - - / - - / - v v / - -
Caelum vituperare
„Den Himmel tadeln“ – selbst am Himmel etwas auszusetzen haben; Phaedrus: Liber fabularum 4.7,26
Caesar ad Rubiconem
„Caesar am Rubikon“ – Am Scheideweg. Der Rubikon war der Grenzfluss zwischen der römischen Provinz Gallia cisalpina und dem eigentlichen Italien. Gegen das Senatsmandat überschritt Caesar den Grenzfluss mit der berühmten Bemerkung alea iacta est (siehe dort).
Caesar citra Rubiconem.
„Caesar diesseits des Rubicon.“ – Cicero: Orationes Philippicae 6,5
Caesar non supra grammaticos
„Der Kaiser steht nicht über den Grammatikern.“ – Der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Sigismund hatte auf dem Konzil von Konstanz das griechische Wort Schisma als Femininum gebraucht und befahl, es auch in Zukunft so zu gebrauchen, um seinen Fehler zu beschönigen. Konkret soll Sigismund gesagt haben:
Die Szene hat ein Vorbild in SuetonsDe grammaticis 22:
„Hic idem, cum ex oratione Tiberium reprehendisset, affirmante Ateio Capitone, et esse illud Latinum, et si non esset, futurum certe iam inde: Mentitur inquit Capito; tu enim, Caesar, civitatem dare potes hominibus, verbo non potes.“
„Als ebenderselbe [i. e. der Grammatiker und Stilkritiker M. Pomponius Marcellus] den [Kaiser] Tiberius wegen seiner Ausdrucksweise getadelt hatte, Ateius Capito aber bekräftigte, dass jener Ausdruck echt lateinisch sei, und, falls nicht, es von nun an aber gewiss sein werde, antwortete er: ‚Capito lügt. Du, Caesar, kannst nämlich Menschen das Bürgerrecht verleihen, einem Wort jedoch nicht.‘“
Bertolt Brecht soll dem Vorwurf, in manchen seiner Gedichte die Regeln der Grammatik missachtet zu haben, mit folgenden Worten begegnet sein:[2]
„Ego, poeta Germanus, supra grammaticos sto.“
„Ich, ein deutscher/echter Dichter, stehe über den Grammatikern.“
Das Wortspiel mit der Doppeldeutigkeit der übertragenen Bedeutung von „germanus“, das zunächst leibliche Verwandtschaft bezeichnet und einerseits „leibhaftig, echt, wahr“ bedeutet, andererseits aber auch „deutsch“ bzw. ursprünglich „germanisch“– im Singular wird allerdings viel häufiger die Variante „germanicus“ verwendet–, geht bis zu den deutschen Humanisten und Luther[3] zurück.
Caesarem vehis eiusque fortunam.
„Du fährst Caesar und sein Glück.“ – Der Historiker Plutarch erzählt, dass Gaius Julius Cäsar in einer Winternacht des Jahres 48 von Epirus aus trotz Sturms nach Italien zurückfahren wollte, um fehlenden Legionen gegen Gnaeus Pompeius Magnus nachzuziehen. Doch der Schiffer zögerte, bei diesem Seegang die Überfahrt zu wagen, bis ihm Cäsar auf Griechisch zurief: „Καίσαρα φέρεις καὶ τὴν Καίσαρος Τύχην συμπλέουσαν.“ – „Cäsar fährst du und Cäsars mitsegelndes Glück!“
Calamitas virtutis occasio est.
„Unglück ist eine Gelegenheit, seine Stärke zu zeigen.“ – Seneca: De providentia 4,6
Calceos mutare
„Seine Schuhe wechseln“ – Seinen gesellschaftlichen Stand; Erasmus von Rotterdam: Adagia 3713
Calumnia est quaevis versutia, qua alteruter litigantium adversarium suum circumvenire conatur.
„Rechtsverdrehung ist jegliche Art von List, mit der einer der Prozessierenden seinen Gegner zu täuschen versucht.“ – Rechtsregel
Candida candidis
„Rein für die Reinen“ – wörtlich „Weiß für die Weißen“
Devise der Königin Claude de France, neben ihrem Wappentier, dem Schwan
Canem timidum vehementius latrare quam mordere.
„Ein ängstlicher Hund bellt heftiger, als er beißt.“ – Curtius Rufus: Historiae Alexandri Magni 7.4,13
Canes mordent ultimum.
„Den Letzten beißen die Hunde.“
Canes plurimum latrantes raro mordent.
„Hunde, die sehr viel bellen, beißen selten.“
Canes timidi vehementius latrant.
„Ängstliche Hunde bellen heftiger.“
Canis a non canendo.
„Der Hund heißt Hund, weil er nicht singt.“ – Parodie auf falsche etymologische Ableitungen, wie z.B. auch „Lucus a non lucendo“.
Beispiel für von antiken Autoren ernsthaft vertretene Theorien zu Wortherkünften. Varro erklärt in seiner Schrift de lingua Latina (7,32):
„canes quod latratu signa dant, ut signa canunt, canes appellatae“ – „Die Hunde [canes] heißen Hunde [canes], weil sie mit ihrem Bellen Signale geben, wie man Signale erklingen lässt [canunt].“
Sehr ähnlich: Lupus a non lupendo – „Wolf, weil er nicht trauert“.
Canis Canem Edit.
„Hund frisst Hund.“ – so viel wie Fressen und Gefressenwerden, Titel eines Videospieles
Canis caninam non est.
„Ein Hund frisst kein Hundefleisch.“ – Varro: De lingua Latina 7.31
Canis festinans caecos parit catulos.
„Ein eiliger Hund bringt blinde Jungen zur Welt.“ – Entspricht dem deutschen Sprichwort „Gut Ding will Weile haben.“
„Ein furchtsamer Hund bellt heftiger als er beißt.“ – Curtius Rufus: Historiae Alexandri Magni 7.4,13. Entspricht dem deutschen Sprichwort „Hunde, die bellen, beißen nicht.“
„fester Gesang“ – Gemeint ist damit ursprünglich im mehrstimmigen musikalischen Satz die feststehende Hauptmelodie. Dies wird, als c. f. abgekürzt, vor allem dann angegeben, wenn sie nicht in der obersten Stimme liegt.
Cantus planus
„Ebenmäßiger Gesang“ – einstimmiger Choral des 12. Jahrhunderts
Capiat qui capere possit.
Ein häufig falsch interpretiertes Diktum („Es greife zu, wer greifen kann“).
Die ursprüngliche Formulierung findet sich im Evangelium nach Matthäus 19,12: „Qui potest capere, capiat“: „Wer es fassen kann, der fasse es“ (fassen im Sinn von verstehen).
„Erhaschen des Wohlwollens“ – Einleitungsfloskel, mit der man am Beginn einer Rede oder eines Schreibens dem Hörer bzw. Leser ein Kompliment macht.
Caput cenae
„Haupt des Mahls“ – Als Hauptgericht ließen die Römer gerne ein ganzes Tier auftragen.
Caput mundi
„Haupt der Welt“ – In der Formel „Roma Caput Mundi“, Rom als Hauptstadt der Welt. In der Pflasterung des Kapitols befindet sich ein vielstrahliger Stern, das Universum, mit der Sonne und dem Kaiser in der Mitte. Michelangelo stellte damit das Selbstverständnis des antiken Roms als Haupt der Welt dar.
Caput Nili quaerere
„Die Quelle des Nils suchen“ – bei den Römern ein geflügeltes Wort für eine unlösbare Aufgabe.
Cardo duplex
„Doppelte (Erd-)Achse“ – Gemeint sind die beiden Pole der Erde
Cardo maximus
„Hauptachse“ eines römischen Lagers bzw. einer römischen Stadt oder eine Linie im Gelände, stets in Nord-Süd-Richtung verlaufend, während die in Ost-West-Richtung verlaufende als decumanus bezeichnet wurde.
„Lieder aus Beuren“ – Titel, unter dem 1847 die mittelalterliche Liederhandschrift des Klosters Benediktbeuern herausgegeben wurde.
Carmina dant vitam.
„Lieder geben Lebensfreude.“
Carmina non dant panem.
„Lieder schaffen kein Brot.“ – Petronius: Satyricon 83,9
Carne opus est, si satur esse velis.
„Wenn du satt werden willst, brauchst du Fleisch.“ – Martial: Epigrammata 13.2,6
Carne vale!
„Lebe wohl, Fleisch!“ – Wohl Rückdeutung des Wortes Karneval, in dessen Anschluss (in der Fastenzeit) das Essen von Fleisch untersagt war. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff auch auf das römische „carrus navalis“ Schiffskarren, ein Schiff auf Rädern, das bei jährlichen Umzügen zum Wiederbeginn der Schifffahrt durch die Straßen geführt wurde, zurückgeführt.
Caro nostra
„Unser Fleisch (und Blut)“ – Zitat aus 1. Mose 37,27EU, in dem erzählt wird, wie Josef von seinen Brüdern verkauft wird und Juda seine Brüder davon abhält, ihn zu töten:
„Kommt, laßt uns ihn an die Ismaeliter verkaufen; aber unsere Hand sei nicht an ihm, denn unser Bruder, unser Fleisch ist er! Und seine Brüder hörten darauf.“
„Nutze den Tag!“ – Redewendung, die aus der Ode 1,11,8 des römischen Dichters Horaz stammt:
„Carpe diem quam minimum credula postero.“
„Nutze den Tag mit möglichst wenig Vertrauen auf den nächsten!“
Carpe noctem!
„Nutze die Nacht.“ – Neuprägung in Anlehnung an Carpe diem, die vor allem als Motto in Gothic-Discos und in der BDSM-Szene vorkommt. Ferner auch Titel eines Songs aus dem Musical Der Tanz der Vampire; in diesem kommt carpe noctem selbst nicht vor, wohl aber der anscheinend aus dem Requiem nebst Absolutio super tumulum zusammengestückelte (küchen-)lateinische Vers Dies iraeKyrie, Libera me, Domine.
Carpent tua poma nepotes.
„Deine Enkel werden deine Früchte ernten.“ – Vergil: Bucolica 9,50
Carum est, quod rarum est.
„Geschätzt wird, was selten ist.“
Casta placent superis.
„Reines gefällt den Göttern“ – Tibull, Elegie 2,1,13.
Castis omnia casta.
„Den Reinen ist alles rein.“ – Vulgata: Brief an Titus 1,15
Casum sentit dominus.
„Den Schaden spürt der Eigentümer .“ – Rechtsregel
„Ereignis (Anlass, Rechtfertigung) für einen Krieg; Ursache des Krieges“ – Umstand, der einen Krieg letztlich auslöst. Cicero, Ad familiares 6,1,7.
Casus et natura in nobis dominantur.
„Zufall und Natur herrschen über uns.“ – Cicero, Ad familiares 4,12,1.
Casus foederis
„Bündnisfall“ – Lage, in der eine von einem Staat auf Grund eines militärischen Beistandsvertrages eingegangene Verpflichtung wirksam wird, selbst in einen Krieg einzutreten, den der Bündnispartner führt.
„Schräger Fall“ – Begriff aus der Grammatik, der alle Kasus außer dem Nominativ bezeichnet, der deshalb als casus rectus (aufrechter Fall) bezeichnet wird, weil er für sich stehen kann, während die obliquen Casus nur an andere Redeteile angelehnt vorkommen.
Casus pro amico
„Fälle für einen Freund“
Bezeichnung für einen Freundschaftsdienst, über den es heißt: „Casus pro amico potius nominandos esse casus pro diabolo.“ – „Fälle für einen Freund müsste man besser Fälle für den Teufel nennen.“
die End- oder Zweckursache, die Ursächlichkeit, nach der das Geschehen durch ein vorausliegendes, vorausgesetztes Ziel bestimmt ist; der Zweck als Ursache (siehe Teleologie)
Causa finita.
„Die Sache ist abgeschlossen.“ – Jede weitere Diskussion ist sinnlos.
In einer Predigt (sermo 131,10) geht Augustinus auf den Kampf gegen die Lehren des Pelagius ein, gegen den er selbst aufgetreten war: „Iam enim de hac causa duo concilia missa sunt ad Sedem Apostolicam: inde etiam rescripta venerunt. Causa finita est.“ („Denn in dieser Angelegenheit wurden bereits zwei Gesandtschaften zum Apostolischen Stuhl geschickt. Von dort kamen auch Antworten. Die Angelegenheit ist beendet.“)
Dies wurde zum Sprichwort „Roma locuta causa finita“ verkürzt: „Nachdem/Weil Rom gesprochen hat, ist die Angelegenheit beendet.“
„Durch Beredsamkeit kann die schwächere Sache zur stärkeren werden.“ – Versprechen des griechischen Sophisten nach Cicero: Brutus 30. Im Griechischen heißt es: „τὸν ἥττω λόγον κρείττω ποιεῖν“ – „die schwächere Sache zur stärkeren machen“.
Si bene commemini, causae sunt quinque bibendi:
Hospitis adventus, praesens sitis atque futura
Aut vini bonitas et quaelibet altera causa.
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es fürs Trinken fünf Gründe:
Ankunft eines Gastes, Durst jetzt und in der Zukunft,
guter Wein und an Gründen noch jeder beliebige andre.[4]
Im Allgemeinen Deutschen Kommersbuch ist es von causae sunt quinque an der Refrain zu dem Cantus „Die Zecher von Fulda“ („Die Brüder des heiligen Benedikt …“) von Ludwig Liebe (1891).
„Warnung vor dem Hunde“ – Aufschrift auf einem Bodenmosaik, das einen Hund darstellt, am Eingang eines Hauses in Pompei. Petronius: Satyricon 29,1
Cave Idus Martias!
„Hüte dich vor den Iden des März!“ – Mit diesen Worten warnte nach Plutarch der Augur Spurinna Gaius Iulius Caesar davor, an den Iden (Monatsmitte) in den Senat zu gehen. Am 15. März 44 v. Chr. wurde Cäsar dort von Verschwörern erstochen.
Cave, ne armarium doctius quam pectus habeas.
„Pass auf, dass deine Bibliothek nicht gebildeter ist als du selbst.“ – Caecilius Balbus: Sententiae 48,6
Cave tibi a cane muto et aqua silenti.
„Hüte dich vor einem stummen Hund und stillem Wasser.“ – Entspricht in etwa den deutschen Sprichworten „Hunde, die bellen, beißen nicht.“ und „Stille Wasser gründen tief.“
Stilles Wasser steht hier jedoch nicht für tiefes Wasser, sondern für Wasser, das möglicherweise mit Krankheitserregern verseucht ist. So wurden im Mittelalter und bis ins 19. Jahrhundert Dörfer und Städte durch solches Wasser verseucht, was nicht selten zu Epidemien führte. Weiterhin bestand eine verbreitete Kriegslist darin, bei einer Belagerung das „stille“ Wasser zu vergiften. Dies war bei fließendem Wasser nicht durchführbar. Siehe hierzu Seuchen, Pest.
Cave quicquam dicas, nisi quod scieris optime.
„Rede nicht über etwas, was du nicht genau kennst.“
„Der Käufer soll aufpassen“ – Das Kaufrisiko liegt beim Käufer.
Caveat lector
„Der Leser soll aufpassen“ – Der Autor garantiert nicht für die Richtigkeit des Gesagten. Vermutlich eine jüngere Variation zu caveat emptor.
Caveat venditor
„Der Verkäufer soll aufpassen“ – Die Verantwortung für die zugesicherten Eigenschaften einer Ware liegt beim Verkäufer.
Cedant arma togae, concedat laurea laudi!
„Weichen sollen der Toga die Waffen, weichen der Lorbeer dem Lob.“
Gemeint ist damit: Der Politiker habe gegenüber dem Feldherrn den Vorrang, der Lorbeerkranz des Siegers sei weniger wert als die bürgerliche Belobigung.
Es handelt sich um einen Hexameter aus Ciceros autobiographischem Epos De consulatu suo (Über sein Konsulat), den der Autor mehrere Male ganz oder teilweise in seinen Werken zitiert.
Die zweite Hälfte des Verses wurde schon in der Antike auch mit etwas anderem Wortlaut zitiert[5]: „... concedat laurea linguae“ („der Lorbeerkranz soll der Beredsamkeit weichen“).
Cedant tenebrae lumini et nox diurno sideri.
„Der Schatten soll dem Licht weichen und die Nacht dem Tagesgestirn.“ – Inschrift auf Sonnenuhren
Cedite Romani scriptores, cedite Graii, nescio quid maius nascitur Iliade.
„Tretet zurück, ihr römischen Schriftsteller, zurück, ihr Griechen. Etwas Größeres als die Ilias entsteht.“ – Properz, Elegien 2,34,65 f.
Cedo maiori.
„Ich weiche dem Größeren.“
Cedo nulli.
„Ich weiche niemandem.“ – Irrtümlich als Wahlspruch des Erasmus von Rotterdam bezeichnet und in diesem Zusammenhang in Benutzung. Er benutzte jedoch die etwas längere Version Concedo nulli.
„Zweifelhaftes Mahl“ – Ein prächtiges Mahl, bei dem wegen der Vielfalt die Auswahl der Speisen schwerfällt. Horaz: Sermones 2.2,77
Census Romanus
„Römische Steuer“ – Peterspfennig (auch Denarius Sancti Petri), eine Geldsammlung, die als Ausdruck der Verbundenheit der Katholiken zum Papst gilt.
Centesimus annus
„Das hundertste Jahr“ – Die Enzyklika Centesimus annus wurde 1991 von Johannes Paul II. veröffentlicht, 100 Jahre nach der Enzyklika Rerum Novarum und hatte das Ende der kommunistischen Staatsformen in Europa zum Thema.
Centum sunt causae, cur ego semper amem.
„Hundert Gründe gibt es, warum ich immer liebe.“ – Ovid, Ars amatoria
Cessante causa cessat effectus.
„Fällt die Ursache fort, entfällt auch die Wirkung.“
„Den Gürtel der Venus besitzt, wer in überraschender Weise jedermanns Zuneigung gewinnt. Der Ausdruck stammt aus Homers Ilias, Buch 54, wo Hera, in der Absicht, Zeus in ihr Lager zu locken, zu Aphrodite geht und sich von ihr den Gürtel ausborgt, der liebenswürdig und begehrenswert macht.“[6]
„Unter sonst gleichen Umständen“ – Unter sonst gleichen Bedingungen. Eine Aussage oder Theorie wird unter dem Ceteris-paribus-Vorbehalt formuliert, d.h. ihre Gültigkeit wird vom Fortbestehen der Randbedingungen abhängig gemacht. Thomas von Aquin: Summa contra gentiles 1.102
„Im Übrigen beantrage ich (die Zerstörung Karthagos).“ – Eine beharrlich wiederholte Forderung. Vor Beginn des Dritten Punischen Krieges soll Cato mit diesem Ausspruch am Ende jeder Senatssitzung die Zerstörung Karthagos gefordert haben. Als einziger Autor zitiert Plutarch Cato „wörtlich“, dies aber nur in altgriechischer Sprache: Δοκεῖ δέ μοι καὶ Καρχηδόνα μὴ εἶναι. – „Ich beantrage aber, dass es auch Karthago nicht mehr geben soll.“
Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam.
„Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass die Nachkommenschaft der Menschen vermindert werden müsse.“ – Ausspruch des Biologen Bernhard Grzimek in Anlehnung an das obige Zitat.
„Untilgbares Prägemal“ – Besagt, dass bestimmte Sakramente die Person, die sie empfangen hat, unauslöschlich prägen. Ein solches Prägemal verleihen die Taufe, die Firmung und die Priesterweihe, die unwiderruflich und unwiederholbar sind. Im Zusammenhang mit der Priesterweihe besagt der Ausdruck, dass der Geweihte lebenslang Priester bleibt, auch wenn er kein kirchliches Amt mehr innehat, sogar wenn ihm die Ausübung der priesterlichen Funktionen aus disziplinarischen oder lehramtlichen Gründen verboten oder er auf Antrag laisiert wurde.
Christianos ad leonem.
„Die Christen vor den Löwen!“ – Slogan bei Christenverfolgungen im Römischen Reich. Tertullianus: Apologeticum 40,2 (Seine Replik darauf: „Tantos ad unum?“ – „So viele vor einen?“)
Christianus nullius est hostis.
„Ein Christ ist niemandes Feind.“ – Tertullian: Ad Scapulam 2,6
Christo auspice regno
„Ich herrsche, während Christus mein Beschützer ist.“ – „Ich herrsche unter dem Schutz Christi.“
Wahlspruch von KarlI. und KarlII., 1625–1649 bzw. 1660–1685 Könige von England, Schottland und Irland, daher ist er auch auf vielen Münzen dieser Zeit geprägt.
Das lateinische Wort auspex (auspice ist Ablativ) bezeichnet ursprünglich den Wahrsager (einen Auguren), der die Auspizien durchführt; das Wort erhielt aber ausgehend von „günstigen Einfluss Habender“ bereits in antiker Zeit die übertragene Bedeutung „Beschützer“.
Christum diligere melius est omnibus scire.
Christus zu lieben ist besser als alles zu wissen. – Wahlspruch unbestimmter Herkunft von zweifelhafter Latinität.
Christus bene coepta secundet.
„Christus möge segnen, was gut begonnen ist.“ – Erasmus von Rotterdam: Colloquia familiaria, Auspicanti quippiam
„Christus segne dieses Haus.“ – Um Dreikönig schreiben die Sternsinger an die Haustüren bzw. die Türbalken mit geweihter Kreide die traditionelle Segensbitte C+M+B+ mit der jeweiligen Jahreszahl und drei Kreuzen (20*C+M+B+08). Diese Schreibweise hat, laut Kindermissionswerk, folgende Bedeutung: ein Stern für den Stern von Bethlehem und die drei Kreuze für den Dreifaltigen Gott: Vater, Sohn und Hl. Geist. Die Bedeutung der Buchstaben C, M und B wird offiziell als Abkürzung der Worte „Christus mansionem benedicat“ (= „Christus segne dieses Haus“) gedeutet. In älteren volkskundlichen Abhandlungen herrscht die Deutung der Buchstaben als Initialen der Heiligen Drei Könige (Caspar, Melchior und Balthasar) vor. Dies wird auch dadurch erhärtet, dass in manchen Regionen die Schreibweise K+M+B üblich war.
Christus mihi vita, mors lucrum.
„Christus bedeutet mir Leben, der Tod Gewinn.“
Der Satz geht zurück auf Paulus, Phil 1,21EU: „Mihi enim vivere Christus est et mori lucrum“ („Für mich bedeutet Christus Leben und Sterben Gewinn“), auch bekannt als Anfang des Kirchenlieds Christus, der ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn (Jena 1609).
„Christus König“- Als Rexisten bezeichnet man vor allem in Belgien die Anhänger der wallonischen faschistischen Bewegung Rex (von Christus Rex), die während der deutschen Besatzung mit den Nationalsozialisten kollaborierten.
Circulus aureus in naribus suis mulier pulchra et fatua.
„Eine schöne, aber einfältige Frau ist wie ein goldener Ring am Rüssel eines Schweins.“ – Vulgata: Buch der Sprichwörter 11,22
Circulus in probando
„Zirkelbeweis“ – Die Prämissen enthalten schon, was zu beweisen ist.
Circulus vitiosus
„Fehlerhafter Kreis“ – Zirkelschluss, der im Kreis herumführt, wenn das zu Beweisende wieder als Beweisgrund verwendet wird. Aristoteles: Analytica priora
„Schneller, höher, stärker“ – Motto der modernen Olympischen Spiele. Es wurde vorgeschlagen von Pierre de Coubertin nach einer Idee des französischen Dominikanerpaters Henri Didon, der diese Formulierung zuerst auf einem Schulsportfest in Arcueil verwendete, bei dem Coubertin als Wettkampfleiter anwesend war.
Citius, quam escendas, cades.
„Du fällst schneller, als du emporsteigst.“ – Macrobius: Saturnalia 2.7,9
Citius venit periclum, cum contemnitur.
„Eine Gefahr kommt schneller, wenn man sie verachtet.“ – Publilius Syrus: Sententiae 92
Cito! Cito, cito, cito! CCC!
„Eilig!“ bzw. „Sehr Eilig!“ – Eilpost (Vermerk auf alten Briefen für den Postboten)
Cito arescit lacrima, praesertim in alienis malis.
„Schnell trocknet die Träne, zumal bei fremdem Missgeschick.“ – Zitat aus den Werken Ciceros
Cito maturum, cito putridum
„Schnell reif, schnell verdorben“
Civilitas successit barbarum.
„Die Zivilisation folgte der Barbarei.“ – Motto des US-Bundesstaates Minnesota
„Ich bin ein römischer Bürger.“ – Mit diesem Satz beriefen sich Verfolgte im Römischen Reich auf ihr Bürgerrecht. Nach Cicero, In Verrem II, letzte Worte des römischen Bürgers Publius Gavius, den Verres in seiner Provinz widerrechtlich hatte kreuzigen lassen. – Auch Paulus von Tarsus verlangte mit Erfolg, nicht ohne Gerichtsverfahren gegeißelt zu werden (Apg 22EU) und an das Gericht nach Rom überstellt zu werden (Apg 25EU). Der Überlieferung zufolge bewahrte ihn dieser Satz während seiner Verhaftung vor der Kreuzigung, so dass er, vermutlich 64 n. Chr., als römischer Bürger durch das Schwert hingerichtet wurde.
Civis totius mundi
„Weltbürger“ – Cicero: De legibus 1.61. Der Begriff geht auf das griechische κοσμοπολίτης (kosmopolitēs) zurück, mit dem sich der Kyniker Diogenes von Sinope selbst bezeichnete.[7]
Es folgt dann: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben.“ Der Schlüssel ist das Attribut des Apostels Petrus und findet sich als Wappensymbol zum Beispiel im Stadtsiegel Bremens.
Clavis regni
„Schlüssel des Königtums“ – Ergänze „regni caelestis“ – des Himmelreichs
Clemens victor.
„Milde/gnädig als Sieger“ oder „Ein gnädiger Sieger“. – „Milde im Sieg.“
„Ich denke, also bin ich.“ – Berühmter Gedanke des Philosophen René Descartes. Denken als Existenzbeweis. Wenn ich mit meinem Denken jede Sinneserkenntnis in Zweifel ziehen kann, bleibt als letzte Gewissheit die Existenz meines Denkens.
Das Siegel geht auf Gottfried Wilhelm Leibniz zurück, der neben dem Entwurf des Siegels, das ursprünglich zentral einen Adler darstellte, auch die Devise auswählte. Er lehnte sich dabei an einen Vers von Ovid an.(Anm.)[10] Das heutige Logo der Akademie enthält ebenfalls einen Adler.
Vermutlich Metamorphosen, Buch15, Vers839: „aetherias sedes cognataque sidera tanget“ (freie Übertragung durch Reinhard Suchier, 1862: „wird zu aitherischen Höhn und verwandtem Gestirn er gehoben“).
„Zusammenfall der Gegensätze“ – Grundgedanke der Philosophie des Nikolaus von Kues, der sie mit Beispielen aus der Geometrie belegt und schreibt:
„All unsere geistige Anstrengung muss darauf gerichtet sein, die einfache Einheit zu erreichen, in der die Widersprüche zusammenfallen.“ (ubi contradictoria coincidunt). Cusanus: De coniecturis 76,12
„Das allgemeine (sc. Formular) für Heilige“ – Liturgische Formulare zum Einsatz an Heiligenfesten ohne eigenes Proprium. Im Commune Sanctorum wird dann nach der Art des Heiligen differenziert (so wären etwa bei der Heiligen Elisabeth von Thüringen die Texte für heilige Witwen zu nehmen).
Communi consensu
„unter allgemeiner Zustimmung“ – Caesar: De bello Gallico 1. 30,5
„Zwinge (sie) einzutreten!“ – Maxime der Inquisition aus den Schriften des Kirchenlehrers Augustinus von Hippo, die zurückgeht auf eine Stelle im Evangelium nach Lukas (14,23), wo in einem Gleichnis Jesu der Gastgeber seine Diener bittet auf die Straße zu gehen und Passanten zu seinem Fest einzuladen, weil die Geladenen nicht gekommen sind. Die Befürworter der Inquisition sahen es als einen Akt christlicher Nächstenliebe, einem Abtrünnigen den rechten Weg zu zeigen, notfalls auch unter Zwang. Davon abgeleitet bezeichnete man später ein Nötigungsmittel oder einen zwingenden Beweggrund als eine Kompelle.
Compensatio est debiti et crediti inter se contributio.
„Aufrechnung ist der gegenseitige Ausgleich einer Schuld mit einer Forderung.“ – Corpus Iuris Civilis, Digesta 16.2,1
Compos mentis
„Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte“ – Wird heute oft scherzhaft verwendet.
Concedo nulli.
„Ich weiche niemandem.“ – Devise des Humanisten Erasmus von Rotterdam, der der Ansicht war, dass zwar der Körper dem Tod weichen muss, aber den Geist und den Ruhm besiegt er nicht.
Erasmus leitete seine Devise von einem auf den römischen Gott Terminus bezogenen Spruch ab, den er in den Noctes Atticae des Aulus Gellius gefunden hatte (und den dieser als Varro-Zitat bezeichnete): „Iovi ipsi regi noluit concedere.“ – „Er wollte selbst dem Herrscher Jupiter nicht weichen.“[12]
Das bezog sich auf den Jupitertempel auf dem Kapitol von Rom, der um einen (dem Terminus geweihten) Grenzstein herum gebaut wurde.[13]
„Unbefleckte Empfängnis“ – Die römisch-katholische Kirche begeht in der Adventszeit, neun Monate vor dem Fest der Geburt Mariens (8. September), am 8. Dezember ein Fest, das die Unbefleckte Empfängnis Mariens feiert. Der vollständige Titel des Festes lautet: „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“.
Conceptus pro iam nato habetur.
„Ein Empfangener wird wie bereits geboren behandelt.“ – Als nasciturus pro iam nato habetur wird das bereits gezeugte, aber noch ungeborene Kind bezeichnet. Im deutschen Recht ist der Nasciturus (nach herrschender Meinung) Träger von Grundrechten. Beispielsweise kann der Nasciturus Erbe sein, wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gezeugt war.
„Eintracht nach innen, Frieden nach außen“ – Inschrift auf dem Holstentor in Lübeck. Die ursprüngliche Inschrift lautete:
„Pulchra res est pax foris et domi concordia – MDLXXXV“
„Schön sind der Friede draußen und die Eintracht innen – 1585“
Concordia firmat vires.
„Einigkeit stärkt die Kräfte.“ – Devise auf älteren Baseler Münzen
Concordia fulciuntur opes etiam exiguae.
„Durch Eintracht werden auch geringe Kräfte stark.“ – Erasmus von Rotterdam: Adagia 2763
Concordia, industria, integritas
„Eintracht, Fleiß, Ehrbarkeit“ – Wahlspruch der Bankiersfamilie Rothschild
Concordia res parvae crescunt
„Durch Eintracht wachsen kleine Dinge.“ – Wahlspruch der Stadt Emden nach Sallust, Bellum Iugurthinum 10,6
Concordia res crescunt
Generalisierung zu voriger Sentenz, wörtlich „durch Eintracht wachsen Dinge“, wird meist mit „Einigkeit macht stark!“ übersetzt und ist der Wahlspruch vieler Studentenverbindungen.
Concursus creditorum
„Zusammenlaufen (der Gläubiger)“
Concursus Dei
„ Mithilfe Gottes“ – Sie ermöglicht nach René Descartes die Wechselwirkung der beiden getrennten Substanzen Leib und Seele.
Condemno. (C.)
„Ich verurteile.“ – Der Buchstabe C auf dem Stimmtäfelchen stand für die Verurteilung eines Delinquenten. Cicero: Pro Milone 15
Der Ausdruck bezieht sich auf den Brief des Jakobus, wo es[14] heißt: „pro eo ut dicatis: Si Dominus voluerit; et: si vixerimus, faciemus hoc aut illud.“ („Ihr sollt lieber sagen: Wenn der Herr es will, werden wir noch leben und dieses oder jenes tun.“[15])
Condicio illicita habetur pro non adiecta.
„Eine verbotene Bedingung gilt als nicht hinzugefügt.“
„Ich bekenne.“ – Bestandteil des Stufengebetes, welches der Priester im Wechsel mit dem Ministranten oder der Gemeinde zu Beginn der Messe betete. Es beginnt mit den folgenden Worten:
Confiteor Deo omnipotenti
et vobis, fratres,
quia peccavi
nimis cogitatione, verbo, opere et omissione:
mea culpa, mea culpa,
mea maxima culpa.
Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen,
und allen Brüdern und Schwestern,
dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe.
Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken –
durch meine Schuld, durch meine Schuld,
durch meine große Schuld.
Confiteor, laudant illa, sed ista legunt.
„Ich gebe zu, jenes loben sie, dieses hier lesen sie.“
Zitat aus den Schriften des Dichters Martial, das etwas freier übersetzt bedeutet:
„Ja, dich preisen sie hoch, mich aber lesen sie gern.“
Martial verspottete mit diesen Worten den Dichter Flaccus.
Confoederatio Helvetica (C.H.)
„Helvetische Konföderation“ = Schweizer Eidgenossenschaft – Der offizielle Name der Schweiz; daher „CH“ für ihren ISO-Ländercode und ihre Top-Level-Domain. Der Name nimmt Bezug auf den antiken keltischen Stamm der Helvetier, der im schweizerischen Mittelland und in Teilen Süddeutschlands siedelte. Die Erinnerung an dieses Volk blieb durch seine besondere Rolle in den Berichten Julius Cäsars im kollektiven Gedächtnis der geistigen Elite der Schweiz. Bei der Neukonstituierung der Schweiz als Staatenbund 1803 wich man auf die Bezeichnung „Schweizerische Eidgenossenschaft“ aus, um sich von der instabilen und zentralistischen Helvetischen Republik abzugrenzen. Nur in der lateinischen Form des Staatsnamens blieb man bei der Bezeichnung «Helvetia».
Confusio linguarum
„Verwirrung der Sprachen“ – Biblische Geschichte der Babylonischen Sprachverwirrung, der zufolge die Sprachenvielfalt eine Gottesstrafe an der gesamten Menschheit ist
Confusione extinguitur obligatio.
„Durch Vereinigung erlischt das Rechtsverhältnis.“ – Digesta (34. 3,21)
Coniunctivus obliquus
„Konjunktiv der inneren Abhängigkeit“
Consecutio temporum
„Zeitenfolge“ – Wenn es darauf ankommt, in welcher zeitlichen Reihenfolge die verschiedenen Ereignisse stattfanden, etwa zur Aufklärung von Schuldfragen. Regelung des Zeitengebrauchs zwischen Haupt- und Nebensatz
Consilio, non impetu
„Mit Überlegung, nicht mit Gewalt“ – Motto des schottischenClansAgnew
„Widerspruch in der Beifügung“ – In der traditionellen Logik eine widersprüchliche Begriffsbildung, bei der einem Substantiv ein mit ihm logisch unvereinbares Attribut zugesprochen wird; z.B. „hölzernes Eisen“, „schwarzer Schimmel“
Contradictio per se
„Widerspruch in sich“
Contraria non contradictoria, sed complementa sunt.
„Gegensätze widersprechen sich nicht, sondern ergänzen einander.“
„Die Fülle der Speisen verhindert klare Gedanken.“ – Zitat des Philosophen Seneca, das dem spätlateinischen Spruch „Plenus venter non studet libenter“ („Ein voller Bauch studiert nicht gern.“) entspricht
Cor ad altare
„Das Herz zum Altar“ – eine Handlungsempfehlung für Pfarrer, auf welche Weise sie sich von der Gemeinde zum Altar und umgekehrt drehen sollen: Eine Drehung linksherum bei der Wendung von der Gemeinde zum Altar, eine Drehung rechtsherum bei der Wendung vom Altar zur Gemeinde[16]
„Wertloser Körper“ – Als Floskel genutzt, um zu verdeutlichen, dass ein Gegenstand, gegebenenfalls auch ein Lebewesen, so minderwertig behandelt wird, dass er/es nur als Versuchsobjekt Verwendung findet.
Corrige praeteritum, praesens rege, discerne futurum.
„Korrigiere die Vergangenheit, beherrsche die Gegenwart, erkenne die Zukunft!“ – Spruch auf Sonnenuhren
Corruptio optimi pessima.
„Die Korruption der Besten ist das Schlimmste.“
Corruptissima re publica plurimae leges.
„Wenn ein Staat am verdorbensten ist, bestehen die meisten Gesetze.“ Tacitus, Annalen 3,27.
Corvus corvo negridinem obiecit.
„Ein Rabe wirft dem (anderen) Raben seine Schwärze vor.“
Entspricht der deutschen Redewendung „Wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“
„Morgen, morgen, immer morgen. Und so verrinnt die Zeit.“ – Vergleiche das deutsche Sprichwort „Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle faulen Leute.“
Cras legam.
„Morgen werd ich es lesen.“ – Als man Julius Caesar am Tag seiner Ermordung eine Warnung zusteckte, soll er sie mit diesen Worten sorglos weggesteckt haben.
Creatio continua
„Fortlaufende Schöpfung“ – Unaufhörliche Schöpfung im Gegensatz zum einmaligen Schöpfungsakt
Creatio ex nihilo
„Schöpfung aus dem Nichts“ – Bezeichnung für den göttlichen Akt der Schöpfung der Welt
Crede experto.
„Glaube es dem, der es erfahren hat!“
Angeblich warnte ein Grieche, der sich in Italien niedergelassen hatte, damit die Italiker davor, sich den geflohenen Trojanern um Aeneas in den Weg zu stellen.
Credite, mentiri non didicere ferae!
„Glaubt (es): Wilde Tiere haben es nicht gelernt, zu lügen.“ – Aus den Werken des Dichters Martial
Credite posteri.
„Glaubt es, ihr Späteren!“ – Aus den Werken des Dichters Horaz
Credo, ergo sum.
„Ich glaube, also bin ich.“
Credo, quia absurdum.
„Ich glaube (es), weil es unsinnig ist.“
Eine apokryphe Zuspitzung einer Stelle aus Tertullians Schrift de carne Christi (Vom Fleisch Christi) (5,4): „Et mortuus est Dei Filius; prorsus credibile, quia ineptum est …“ („Und der Sohn Gottes ist gestorben; das ist etwas absolut Glaubwürdiges, weil es Blödsinn ist.“)
Bedeutet, dass etwas derart Absurdes nie geglaubt worden wäre, wenn die Jünger es nicht selbst erlebt hätten.
„Ein leichtgläubiges Ding ist die Liebe.“ – Aus den Werken des Dichters Ovid
Crescas in mille millia!
„Mögest du wachsen tausend mal tausend Jahre!“
Crescit amor nummi, quantum ipsa pecunia crescit.
„Die Liebe zum Geld nimmt zu, je mehr das Geld selbst zunimmt.“ – Zitat aus den Werken des Dichters Juvenal
Crescit eundo.
„Es wächst, während es vorangeht.“ – Zitat aus den Werken des Dichters Lucretius, heute Motto des US-Bundesstaates New Mexico
Crescit sub pondere virtus.
„Die Tugend wächst unter Belastung.“
Crescite et multiplicamini.
„Wachst und vermehrt euch!“ – Seid fruchtbar und mehret euch! Zitat aus dem 1. Buch Mose (1,28)
Crescunt anni, decrescunt vires.
„Die Jahre nehmen zu, die Kräfte nehmen ab.“
Creta notare
„Mit Kreide notieren“ – Etwas billigen
Cretenses semper mendaces, malae bestiae, ventres pigri.
„Die Kreter sind immer Lügner, böse Tiere, faule Bäuche.“ – Zitat aus dem Brief an Titus des Apostels Paulus in der Vulgata, das das Paradoxon des Epimenides aufgreift: „Alle Kreter sind Lügner.“ (im griechischen Originaltext: Κρῆτες ἀεὶ ψεῦσται.)
„Ans Kreuz mit ihm!“ – Worte, die dem Evangelium nach Markus, 15.14, die Menschenmenge rief, als Pontius Pilatus fragte, ob er Jesus frei lassen sollte.
„Gut für wen?“ – Maxime, nach der man den Verantwortlichen für ein unangenehmes Ereignis daran erkennen kann, dass er den Nutzen daraus zieht. Der Censor Lucius Cassius wollte 125 v. Chr. laut Cicero (Rede für Roscius Amerinus 86 und Rede für Milo 32) mit diesem Ausspruch einschärfen, dass man bei Ermittlungen nach dem Nutznießer des Verbrechens fragen solle.
Cui honorem, honorem
„Ehre, wem Ehre gebührt.“ (Paulus)
Cui prodest?
„Wem nützt es?“ – Verkürztes Zitat aus Seneca, Medea 500 f.: „cui prodest scelus, is fecit“ („Wem das Verbrechen nützt, der hat es verübt“).
Cuius est solum, eius est usque ad coelum.
„Wer das Land besitzt, besitzt es bis zum Himmel.“[17]
„Verschulden bei Vertragsschluss“ – Begriff aus der Rechtswissenschaft, oft auch c. i. c. abgekürzt, bezeichnet die schuldhafte Verletzung von Pflichten aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis
Culpa in eligendo
„Fahrlässigkeit bei der Auswahl“ – Bei der Auswahl von Mitarbeitern
Culpa lata
„Große Schuld“ – Juristischer Begriff für grobe Fahrlässigkeit
Culpa levis
„Kleine Schuld“ – Juristischer Begriff für leichte Fahrlässigkeit
Cum annexis
„Mit Anhang“, „nebst Anhang“, „nebst Zubehör“, „sowie die damit zusammenhängenden Fragen“ – Häufig abgekürzt c.a.
Cum caput aegrotat, corpus simul omne laborat.
„Wenn der Kopf krank ist, leidet zugleich der ganze Körper.“ Lateinischer Denkspruch aus dem Mittelalter.
Cum correctione (c.c.)
„Mit Korrektur“ – Verwendung in der Augenheilkunde, wenn die Sehschärfe mit optischer Korrektur, wie Brille oder Kontaktlinse, durchgeführt wird.
„mit Zeit“ – Im studentisch-akademischen Floskel bzw. Akademische Zeitangabe, die den offiziellen Beginn einer Veranstaltung auf eine bestimmte Uhrzeit festsetzt, den Teilnehmern aber noch einen gewissen Zeitraum (üblicherweise 15 Minuten) bis zum tatsächlichen Beginn einräumt (Beispiel: 10.00 Uhr c.t. = 10:15)
Cur impia nupsi, si miserum factura fui?
„Warum habe ich gewissenlose geheiratet, wenn ich dich unglücklich machen sollte?“ – Lucan (Pharsalia 8,96 f.)
Antwort der Cornelia an ihren Gatten Pompeius kurz vor ihrem Suizid. Zitiert von Peter Abaelard, als er Heloisa aufforderte, ins Kloster zu gehen.
Cur moriatur homo, cui salvia crescit in horto?
„Warum sollte der Mensch sterben, dem Salbei im Garten wächst?“ – Aus dem mittelalterlichen medizinischen Lehrgedicht Regimen sanitatis Salernitanum (Anleitung aus Salerno zur Gesundheit, eine Zusammenstellung von Gesundheitsregeln aus der Schule von Salerno in Hexametern), Nr.48,1 (De salvia/Über den Salbei).
In dem darauf folgenden Satz wird übrigens die Antwort gegeben: Contra vim mortis non est medicamen in hortis (Gegen die Gewalt des Todes gibt es kein Kraut in den Gärten). Was genau so auch das deutsche Sprichwort ausdrückt: Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen.
Cura in eligendo
„Sorgfalt bei der Auswahl“ – Haftung für Hilfspersonen
„Lebenslauf“ – Der „Curriculum vitae“ oder auch „Vitae cursus“ listet die wichtigsten Daten einer Person auf. Im Englischen ist die Abkürzung CV geläufig.
Gerhard Härle: Reinheit der Sprache, des Herzens und des Leibes: Zur Wirkungsgeschichte des rhetorischen Begriffs puritas in Deutschland von der Reformation bis zur Aufklärung, Max Niemeyer Verlag, 1996, S. 93
Gotthold Krebs:Mottos und Devisen des Kriegerstandes. Wahl-, Wappen- und Denksprüche der Männer vom Schwerte. Wien 1896, S.30 (Digitalisatin der Google-Buchsuche).
Des Seel. Herrn Claussens Müntz-Cabinet, enthaltend einen herrlichen Vorrath Alter und Neuer Müntzen. Hamburg 1738, S.17 (Digitalisatin der Google-Buchsuche).
Siehe zu allem Lothar Schmitt:Der Siegelring des Erasmus von Rotterdam. Auf den Spuren eines Rätsels der Renaissancezeit (=Basler Kostbarkeiten. Band30). Historisches Museum Basel, 2009, ISBN 978-3-9523034-7-4, S.19–22 (hmb.ch[PDF; 4,2MB; abgerufen am 4.März 2023]; die in der Onlinequelle auf Seite21 abgebildete Stelle der Noctes Atticae aus der Ausgabe, die Erasmus besaß, zeigt eine fehlerhafte Schreibung: „ioui [Iovi] regi uoluit [voluit] concedere“– „er wollte dem Herrscher Jupiter weichen“–; Erasmus hat den Sinn offensichtlich trotzdem verstanden, vermutlich handelt es sich in uoluit bei der Verwendung von u statt n um einen Zwiebelfisch).