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Software-definierte Verteidigung

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Software-definierte Verteidigung (SdV) (englisch Software Defined Defense (SDD)) zielt darauf ab, moderne Software und IT-Systeme für verschiedene militärische Zwecke und Geräte nutzbar zu machen. Der Fokus liegt dabei auf einer Software-zentrierten oder -gestützten Methodik in der Entwicklung sowie den Fähigkeiten der damit ermöglichten Rüstungsprodukte.[1][2][3] Übergeordnet kann auch von Software-basierten Systemen oder Infrastruktur gesprochen werden.

Beispielsweise können die Änderbarkeit, Portabilität und Agilität von Software-definierten Verteidigungssystemen als Merkmale gegenüber Hardware-basierten Systemen genannt werden.[4] Historisch und auch heute noch, werden Waffensysteme vorwiegend als fest definierte, monolithische Systeme entwickelt, um ihre verteidigungsrelevanten Funktionen optimal zu gewährleisten. SdV bietet das Potenzial für neue und teilweise notwendige technologische Veränderungen in Bezug auf die Kriegsführung im 21. Jahrhundert, der die Streitkräfte ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang und der übergeordneten Verteidigungs- und Sicherheitspolitik wird in machen Fachkreisen und Medien auch umgangssprachlich von einem „Software-definierten Krieg“ gesprochen.[5] Die Frage, welche Software-definierten Systeme von den Streitkräften für die Verteidigung eingesetzt werden können, ist Teil der Entwicklungsaufgabe der Wehrtechnik und der zukünftigen Verteidigungsstrategie der Bundeswehr.

Die Ursprünge des „Software-definierten Systems“ oder einer „Programmierbaren Plattform“ gehen auf das vor rund zwei Jahrzehnten entstandene Konzept des Software-definierten Radios (SDR) in der Funktechnik zurück.[6][7] Software-definierte Verteidigung (SdV) sollte nicht mit Software-definierten Netzwerken (SDN) verwechselt werden, da es sich um unterschiedliche Ansätze handelt, die sich jedoch gegebenenfalls ergänzen können.

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Einleitung

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Eine Mitarbeiterin der U.S. Navy reinigt eine Leiterplatte (PCB). Software kann diese Elektronik teilweise ersetzen oder unterstützen, jedoch gibt es im militärischen Umfeld strenge Anforderungen und Normen (vgl. MIL-STD), die vorschreiben, wie Systeme entwickelt und hergestellt werden müssen. (1988)

SdV zielt auf aktuelle oder neue Waffensysteme, wie z. B. unbemannte Systeme, autonome Waffensysteme oder die digitale Infrastruktur (IT-Systeme) des Militärs ab. Derartige sicherheitskritische Systeme werden in der Regel durch die Verteidigungsindustrie im Rahmen der Wehrtechnik entwickelt und hergestellt.

Die zugrunde liegende Methodik oder Philosophie des SdV basiert auf der technologisch bedingten Verschiebung von „starrer“ Hardware (gemeint ist die Elektronik, weniger die Mechanik) zu „flexibler“ Software. Zwar werden die hochkomplexen Chipsätze (vgl. auch System-on-a-Chip) und Mikroelektroniken immer umfangreicher (vgl. eingebettete Systeme, Mehrkernprozessoren usw.), jedoch bieten sich nur im Bereich der Software viele neue Möglichkeiten, Einfluss auf die Systeme zu nehmen und Systeme von Systemen zu organisieren und orchestrieren.

Software ist daher für eine Vielzahl von Funktionen zur Steuerung hochautomatisierter bzw. Echtzeitsysteme verantwortlich und ermöglicht die Datenverarbeitung, wie z. B. Sensorintegration oder Kommunikation. Hardware und Software sind jeweils hochkomplexe Teilkomponenten mit zahlreichen Abhängigkeiten und Schnittstellen, die im Rahmen des Ingenieurwesens entwickelt und getestet werden. In beiden Fällen existieren weiterhin spezialisierte Hardware oder Software, beispielsweise Hochfrequenztechnik oder Softwarearchitekturen.

Trotz SdV-Methodik und dem Software-Fokus steht bei der Entwicklung im Rahmen eines Systems Engineering immer das Gesamtsystem aus all seinen Komponenten im Vordergrund. Die Qualitätssicherung sowie die Verifikation und Validierung und Testing von Software sind ebenfalls ingenieurwissenschaftliche Teildisziplinen.

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Software-definerte Systeme und Geräte

Das übergeordnete Konzept der Software-definierten Geräte wird bereits in der Automobilindustrie, dort bekannt als englisch Software-Defined Vehicle (SDV), in Einzelstudien bzw. Entwicklungsprojekten verfolgt.[8][9] Die hochautomatisierten Fahrfunktionen, die Elektrifizierung des Antriebs und die Software-gestützte Steuerung des Betriebs, wie sie beispielsweise bei selbstfahrenden Fahrzeugen zum Einsatz kommt, haben verschiedene Entwicklungsmodelle (vgl. auch AUTOSAR u. a.), wie die der software-definierte Fahrzeuge hervorgebracht. Dabei steht die hochmodulare Anpassungsfähigkeit von Software gegenüber Hardware im Vordergrund. Diese Prinzipien und das SdV-Konzept lassen sich in angepasster Weise auch auf andere Branchen, in diesem Falle die Verteidigungsindustrie und Rüstungsgüter, übertragen.

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Multidimensionales und digitales Gefechtsfeld

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Militärische Systeme bzw. Waffenträgersysteme mit ihren zum Teil umfangreichen, jedoch statischen Softwareanteilen gelten oft als technisch isolierte monolithische Fähigkeitsträger. Weiterentwicklungen von proprietären Informationstechnologien oder deren Integration in moderne Systeme und Netzwerke sind nur mit großem Aufwand möglich. Denn die Entwicklungszyklen der Hard- und Software richten sich primär an großen Fähigkeitsträgern bzw. klassischen Waffensystemen zu Land, See oder Luft aus, also Kampfpanzern, Kriegsschiffen oder Kampfflugzeugen oder Bombern. Das bedeutet, dass unter diesen Bedingungen kürzere und dynamische Softwarezyklen im ausgelieferten und betriebsgeführten Zustand kaum möglich sind.[10][11]

Seit der digitalen Revolution (vgl. auch Halbleitertechnik) und genauer in der Informationstechnik bildet Software mit rapiden Entwicklungszyklen, flexibler Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit zunehmend die Grundlage nicht nur für zivile Anwendungen und Fähigkeiten, sondern auch für militärische.[11][12] Heutzutage sind digitale militärische Fähigkeiten eine wesentliche Grundvoraussetzung für Multi-Domain Operations, d. h. im multidimensionale Gefechtsfeld.[13] Bei Multi-Domain Operations sollen Streitkräfte wie z. B. die Bundeswehr durch gezielt aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken von militärischen Fähigkeiten, auch zusammen mit Streitkräften eines Bündnisses, in allen Dimensionen und Einsatzumgebungen die erforderlichen Wirkungen auf dem Gefechtsfeld erzielen. Dazu ist die Nutzung von verschiedenen digitalen Technologien, welche primär von Software getrieben ist, unerlässlich.

Diese Form der Kriegsführung, auch Teil einer digitalisierten oder elektronische Kriegsführung, erfordert eine Vernetzung aller eingesetzten Systeme. Damit sind in der Zukunft alle Plattformen und Waffensysteme gemeint, die interoperabel über militärische digitale Netzwerke miteinander verbunden und Informationen (Daten) austauschen werden.[14] Der Begriff der Plattform ist dabei weit gefasst. So zählen z. B. Funkgeräte, Rechenzentren, Waffensysteme oder auch ferngesteuerte Systeme dazu.

Um in einem „digitalisierten Gefechtsfeld“ bestehen zu können, sind eine schnelle Übertragung von teilweise auch großen Datenmengen sowie eine auf Interoperabilität ausgerichtete Führungsfähigkeit elementar. Erfolgreiches militärisches Handeln setzt voraus, eine Masse von Daten und Informationen aus einem Verbund verschiedener Quellen (u. a. Sensoren, Plattformen und Waffensystemen) zu erfassen, auszuwerten und auf dieser Basis Entscheidungen treffen zu können.[15][16] Für diesen und weitere Fälle könnte die Entwicklung nach der SdV-Methode von Bedeutung sein.

Software spielt im Bereich der Wehrtechnik eine wichtige Rolle. Dies unterstreichen Fachleute, indem sie ihre Bedeutung und die Details spezieller Software hervorheben.[17]

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Entwicklungsprinzip nach SdV

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Software-definierte Verteidigung (SdV) wird als ein Leitprinzip für die Entwicklung von militärischen Fähigkeiten verstanden, das auf einer grundlegenden, übergreifenden Architektur basieren und ein geändertes Verhältnis von Plattformen und Software herstellen soll.

Dieser Paradigmenwechsel führt zu einem neuen Konstruktionsansatz. Die bisherige Konzentration auf definierter Hardware (im Sinne von Plattformen und Waffensystemen) soll durch eine stärkere Fokussierung auf Software und Daten ergänzt werden. Software soll dabei als Fähigkeit getrennt von der Plattform entwickelt werden. Moderne Künstliche Intelligenz als spezielle Teilsoftware ist dabei explizit eingeschlossen.[18][19]

Mit Hilfe von SdV erhofft man eine Verlagerung und die Bereitstellung von Fähigkeiten von der „Plattform“ in Richtung „Software“ und zum „Netzwerk“. Beispielsweise sollen Verbesserung können durch Softwareaktualisierungen kontinuierlich auf alle Plattformen übertragen werden. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit modernen Smartphones, auf denen unterschiedliche Fähigkeiten als Applikationen bereitgestellt werden.[20] Durch Nutzung einer z. B. offenen Architektur sollen sich die Entwicklung von militärischer Hardware, Software sowie die Bereitstellung von Daten in gewissen Grenzen entkoppeln.[3] Beispielsweise könnte ein neues Software-Release ohne umfassende Anpassung des Waffensystems bzw. dem Austausch von Komponenten erfolgen.[21]

SdV wird auch als Voraussetzung eines „Military Internet of Things“ angesehen, d. h. Wehrmaterial oder -geräte, die in hochentwickelten Infrastrukturen des Informationszeitalters arbeiteten und genutzt werden.[22]

Für die Integrationsfähigkeit von Software in unterschiedlichen militärischen Plattformen und Systemen können offene Architekturen dienen. Interoperabilität und Skalierbarkeit auf Grundlage von Cloud-Technologien gelten dabei als mögliche erfolgskritische Faktoren. Somit wären Leistungssteigerungen und neue Fähigkeiten auch in bereits bestehenden Plattformen erreichen, z. B. durch ein besseres Zusammenwirken von Sensoren und Effektoren über ein modulares System mit definierten Schnittstellen.[21]

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Position des BMVg und der Verteidigungsindustrie

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Bei der Bundeswehr soll SdV als ein grundsätzliches Leitprinzip für die Entwicklung von softwarebasierten Fähigkeiten etabliert werden.[23] Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) beschäftigen sich im Rahmen eines ständigen strategischen Industriedialogs mit dem Thema SdV. Weitere Organisationen, die sich mit SdV befassen, sind z. B. die BWI GmbH.

Mit der Digitalisierungsplattform des BMVg existiert bereits eine Grundlage, um Rüstungs- und Planungsprozesse anzusteuern und auszugestalten.[24][25] Neben den Plattformen und einer agilen Softwareentwicklung sollen auch Sicherheitsaspekte sowie wirtschaftliche und rechtliche Fragestellungen einbezogen werden. Diese Arbeit ist noch nicht abgeschlossen, sondern wird in verschiedenen Arbeitsgruppen fortgesetzt.

Wann die im Positionspapier beschriebene Transformation umgesetzt und SdV final für die Bundeswehr operationalisiert sein wird, ist noch offen.[21] Auch die NATO und andere Nationen haben SdV als zukunftsweisend erkannt. Entsprechende Arbeiten wurden initiiert und sind unterschiedlich weit fortgeschritten.[26]

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Trivia

  • Das Akronym SDD wird auch für Siliziumdriftdetektoren verwendet.
  • Das Konzept Software-definierte Gebäude in der Gebäudeautomatisierung.

Siehe auch

Literatur

  • PlgABw, BMVg, W. Gäbelein: Multi-Domain Operations für die Bundeswehr. Eine kurze Einführung. Planungsamt der Bundeswehr, Berlin 2023 (bundeswehr.de [PDF]).
  • CIH, BWI: CIHBw Positionspapier Software Defined Defence. Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, Berlin 2025 (cyberinnovationhub.de [PDF]).
  • Whitney M. McNamara, Peter Modigliani, Tate Nurkin: Commission on Software-Defined Warfare: final report. Atlantic Council, Washington, DC 2025, ISBN 978-1-61977-365-3 (englisch, atlanticcouncil.org).

Einzelnachweise

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