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Thermococcus

Gattung der Familie Thermococcaceae Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Thermococcus
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Thermococcus ist eine Gattung thermophiler Archaeen in der Familie Thermococcaceae.[3][5]

Schnelle Fakten Systematik, Wissenschaftlicher Name ...

Thermococcus-Mitglieder werden als heterotrophe, chemotrophe[6][7][8] und auch als organotrophe „Sulfanogene“ beschrieben; sie nutzen Kohlenstoffquellen wie Aminosäuren, Kohlenhydrate und organische Säuren (wie Brenztraubensäure) Pyruvat sowie elementaren Schwefel.[7][8][9]

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Morphologie

Die Mitglieder der Gattung Thermococcus sind typischerweise unregelmäßig geformt bis mehr oder weniger sphärisch (kokkoid) mit einem Durchmesser von 0,6 bis 2,0 μm.[6]

Einige Thermococcus-Arten sind unbeweglich, andere Arten sind beweglich, indem sie Geißeln (Archaellen) als Hauptbewegungsmittel nutzen. Diese Geißeln befinden sich in der Regel an einem bestimmten Pol der Zelle. Eine solche Bewegung wurde je nach Art und Stamm bei Raumtemperatur oder bei hohen Temperaturen beobachtet.[10]

Bei einigen Arten können diese Mikroorganismen aggregieren und weiß-graue Plaques bilden.[11]

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Habitat

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Arten der Gattung Thermococcus gedeihen in der Regel entweder in der Nähe von Süßwasserquellen oder Schwarzen Rauchern (hydrothermalen Schloten)[12] bei Temperaturen zwischen 60 und 105 °C (beim hohen Wasserdruck in der Tiefsee),[13], wobei die optimale Temperatur bei 85 °C liegt.[13][14][15]

Sie sind daher thermophil[6][16] und auch strikt anaerob.[17][16] Sie kommen in verschiedenen Tiefen vor, z. B. in hydrothermalen Schloten 2.500 m unter der Meeresoberfläche,[18] oder in geothermischen Quellen nur Zentimeter unter der Wasseroberfläche.[19] Sie gedeihen bei einem pH-Wert von 5,6 bis 7,9.[20] Natriumchlorid ist an diesen Orten in der Regel in einer Konzentration von 1 % bis 3 % vorhanden,[17] dies ist aber kein notwendiges Substrat für diese Organismen,[21][22] Thermococcus-Mitglieder leben in heißen Süßwassersystemen auf der Nordinsel Neuseelands.[12] Sie benötigen jedoch eine niedrige Konzentration von Lithiumionen für ihr Wachstum.[23]

Mitglieder dieser Gattung wurden in vielen hydrothermalen Schloten auf der ganzen Welt gefunden (kosmopolitisch), unter anderem in den Meeren Japans[24] im Golf von Kalifornien.[6] aber auch in den heißen Quellen im Flachwasser um die italienische Indes Vulcano.

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Stoffwechsel

Für die Glykolyse (Zuckerabbau) benutzen die Thermococcus-Arten einen anderen Stoffwechselweg als Eukaryoten und auch andere Prokaryoten.[25][13] Ein anderer wichtiger Stoffwechselweg bei diesen Organismen ist der Abbau von Peptiden. Dieser verläuft in drei Schritten: Zunächst werden die Peptide durch Peptidasen zu Aminosäuren hydrolysiert. Dann bewerkstelligen Aminotransferasen die Umwandlung der Aminosäuren in Ketosäuren, und schließlich wird mit Hilfe von vier weiteren Enzymen bei der oxidativen Decarboxylierung der Ketosäuren Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, wobei Coenzym-A-Derivate entstehen, die in anderen wichtigen Stoffwechselwegen Verwendung finden.[13][25] Thermococcus-Arten verfügen auch über das Enzym RuBisCO (Ribulose-1,5-Bisphosphat-Carboxylase/Oxygenase).[26] Dieses wird bei Thermococcus kodakarensis aus Enzymen hergestellt, die am Stoffwechsel von Nukleinsäuren beteiligt sind.[13][25][26] Das zeigt, wie integriert (eng miteinander in Verbindung stehend) diese Stoffwechselsysteme bei hyperthermophilen Mikroorganismen wie Thermococcus tatsächlich sind.[26]

Es konnten auch einige Nährstoffe identifiziert werden, die das Zellwachstum von Thermococcus limitieren. Die Nährstoffe, die das Zellwachstum von Thermococcus-Arten am meisten beeinflussen, sind Kohlenstoff- und Stickstoffquellen. Da die Mitglieder von Thermococcus nicht alle erforderlichen Aminosäuren selbst herstellen können, müssen einige von der Umgebung, in der diese Organismen gedeihen, bereitgestellt werden (Thermococcus-spezifische essentielle Aminosäuren). Einige dieser Aminosäuren sind die verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin Wenn den Thermococcus-Arten diese Aminosäuren zugeführt werden, werden sie verstoffwechselt, wobei Acetyl-CoA oder Succinyl-CoA entsteht. Diese beiden Koenzyme sind wichtige Voraussetzungen für andere Stoffwechselwege, darunter solche, die für das Zellwachstum und die Zellatmung Voraussetzung sind.[26]

Der Spezies Thermococcus onnurineus fehlen dagegen die Gene für die Purinnukleotid-Biosynthese.[26] Diese Art ist daher zur Deckung ihres Purinbedarfs auf Umweltquellen angewiesen ist.[27]

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Kultivierung

Mit heutigen Methoden lassen sich die Thermococcus-Arten im Allgemeinen relativ leicht im Labor züchten,[28] weshalb diese als Modellorganismen für die Untersuchung der physiologischen und molekularen Wege von Extremophilen dienen.[29][30] Insbesondere ist Thermococcus kodakarensis ein solches Beispiel für einen Thermococcus-Modellorganismus; das gesamtes Genom dieser Spezies ist sequenziert und untersucht worden.[30][31][32]

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Ökologie

Die extreme Hyperthermophile verschafft ihnen einen großen ökologischen Vorteil, denn so sind sie die ersten Organismen, die neue hydrothermale Umgebungen besiedeln.[13][14][15] Thermococcus-Arten sind sogar auf die extremen Umweltbedingungen angewiesen: neben der hohen Temperatur meist auch extreme pH-Werte und Salzkonzentrationen. Unter solchen Bedingungen produzieren sie Stressproteine und molekulare Chaperone, die ihre DNA und den zellulären „Haushalt“ (Stoffwechselapparat) schützen. Thermococcus-Arten gedeihen auch unter glukoneogenen Bedingungen.

Einige Thermococcus-Arten produzieren Kohlendioxid (CO2), Wasserstoff (Diwasserstoff; H2) und Schwefelwasserstoff (H2S) als Stoffwechsel- und Atmungsprodukte.[30] Die freigesetzten Moleküle werden dann von anderen autotrophen Arten genutzt und tragen so zur Vielfalt der hydrothermalen Mikrobengemeinschaften bei. Diese Art von natürlicher kontinuierlicher Anreicherungskultur spielt eine entscheidende Rolle in der Ökologie der Hydrothermalquellen in der Tiefsee. Anscheinend interagieren die Thermococcus-Arten mit den anderen Organismen über den Austausch von Metaboliten, was das Wachstum dieser anderen Organismen fördert.[33][13]

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Genetik

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Genome von T. bergensis T7324T im Vergleich zu T. litoralis DSM:5473T. Genomische Inseln (Genomic islands, GI) wurden ebenfalls bestimmt. Der schwarze (innerste) Ring zeigt die Verteilung des GC-Gehalts von T. litoralis DSM:5473T.

Transport-Mechanismen, Gentransfer, Kommunikation

Thermococcus-Arten sind von Natur aus in der Lage, DNA aufzunehmen und solche Spender-DNA durch homologe Rekombination in ihr Genom einzubauen.[34] Diese Arten können Membranvesikel (MVs) produzieren, die durch Knospung aus den äußersten Zellmembranen gebildet werden,[34][35] Diese können Plasmide von benachbarten Archaeen-Arten einfangen und diese DNA entweder in sich selbst integrieren oder an benachbarte Arten übertragen.[34] Diese MVs werden in Clustern aus den Zellen abgesondert und bilden Nanokugeln oder Nanoröhren,[35] wobei die inneren Membranen durchlässig bleiben.[34] Die Fähigkeit zum DNA-Transfer und zur Integration von Spender-DNA in das (eigene oder fremde) Empfängergenom durch homologe Rekombination ist bei Archaeen weit verbreitet und scheint eine Anpassung zur Reparatur von DNA-Schäden in den Empfängerzellen zu sein (siehe auch Archaeen, §Gentransfer). Thermococcus-Arten produzieren zahlreiche MVs, die DNA, Metaboliten und bei einigen Arten sogar Toxine übertragen.[35] Darüber hinaus schützen diese MVs ihren Inhalt vor thermischem Abbau, indem sie die Makromoleküle in eine geschützte Umgebung bringen. übertragen.[34][35] Neben diesem Transport von Makromolekülen verhindern MVs auch Infektionen, indem sie Viruspartikel einfangen.[35] Darüber hinaus nutzen Thermococcus-Arten MVs (Nanoröhren) zur Kommunikation untereinander.[34] Beispielsweise werden MVs von der Art Thermococcus coalescens verwendet, um untereinander zu kommunizieren, wann eine Aggregation stattfinden soll, so dass die typischerweise einzelligen Mikroorganismen zu einer großen Einzelzelle (Größe 5 Mikrometer) verschmelzen können.[34][36]

DNA-Replikation

Der Prozess der DNA-Replikation und -Verlängerung wurde bei T. kodakarensis eingehend untersucht. Das DNA-Molekül dieser Art ist zirkuläre und hat eine Länge von etwa 2 Millionen Basenpaaren; es enthält mehr als~2.000 Proteine kodierende Sequenzen.[37]

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Plasmide, Virus-ähnliche Gensequenzen und Viren

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2012/2013 wurde über vier virusähnliche Abschnitte (englisch virus-like integrated gene elements) im Genom von Thermococcus kodakarensis berichtet, die für Subtilisin-ähnliche Serinprotease-Vorläufer kodieren.[10][38][39]

Möglicherweise sind nicht alle dieser virusähnlichen Elemente ins Hauptgenom integriert! sondern Plasmid-ähnliche extrachromosomales Elemente, so etwa das bei dieser Spezies gefundene TKV1. TKV1 zeigte Homologie zum extrachromosomalen Element pAMT11 von Thermococcus sp. AMT11, sowie eine entfernte Ähnlichkeit zu einem Plasmid von Pyrococcus sp. JT1.[40]

Bis 2012 wurden Archaeen der Familie Thermococcaceae nur zwei Viren isoliert:[41]

  • Thermococcus prieurii virus 1 (TPV1), Wirt: Thermococcus prieurii Stamm Bio-pl-0405IT2[42]
  • Pyrococcus abyssi virus 1 (PAV1), Wirt: Pyrococcus abyssi Stamm GE23[43]

Die TPV1-Partikel haben eine zitronenförmige Morphologie (140 nm × 80 nm). TPV1 könnte wie auch PAV1 zu der Virusfamilie Fuselloviridae angehören. TPV1 enthält eine doppelsträngige zirkuläre DNA von 21,5 kbp, dieses Genom umfasst nach Vorhersage 28 Gene. Die Infektion mit TPV1 verursacht keine Lyse des Wirts, die Virusreplikation kann durch UV-Bestrahlung ausgelöst werden.[41]

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Anwendung

Thermococcus-Arten, die mit Hilfe mehrerer Hydrogenasen (einschließlich CO-abhängiger Hydrogenasen) H2 freisetzen, werden als potenzielle Biokatalysatoren für Wassergas-Shift-Reaktionen angesehen.[44]

Eines der Thermococcus-Enzym, die DNA-Polymerase Tpa-S von T. kodakarensis, hat sich 2013 bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) als effizienter erwiesen als die bis dahin etablierte Taq-Polymerase des Bakteriums Thermus aquaticus.[38] Tk-SP, ein weiteres Enzym aus T. kodakarensis, kann abnorme Prionproteine (PrPSc) abbauen[A. 1][38][45] Tk-SP weist eine breite Substratspezifität auf und baute Prionen im Labor sehr schnell ab. Dieses Enzym benötigt weder Kalzium noch ein anderes Substrat, um sich zu falten, und zeigt daher in bisherigen Studien ein großes Potenzial.[38]

Weitere Studien wurden zum Enzym Phosphoserin[46]-Phosphatase (PSP) von T. onnurineus veröffentlicht, die eine wesentliche Komponente zu der Regulierung der PSP-Aktivität darstellen. Diese Informationen sind für Arzneimittelhersteller von Nutzen, da eine abnormale PSP-Aktivität zu einem starken Abfall des Serinspiegels im Nervensystem führt, was neurologische Krankheiten und Komplikationen verursacht.[45]

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Systematik

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Artenliste

Die hier angegebene Artenliste (Stand: 23. August 2024) folgt grundsätzlich der List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN)[3]mit wenigen Ergänzungen zu unveröffentlichten Spezies nach der Taxonomie des National Center for Biotechnology Information (NCBI)[A. 2][5] und der Genome Taxonomy Database (GTDB)[A. 3][4] In der GTDB wurde die Gattung jedoch aufgesplittet und mehrere Teile (durch angehängte Buchstaben A, B, C gekennzeichnet) abgetrennt, was hier transparent wiedergegeben ist – gemäß LPSN und NCBI gehören diese Mitglieder alle zur Gattung Thermococcus.

Gattung Thermococcus Zillig 1983 s. s.

Gattung Thermococcus_A(G)

  • Spezies Thermococcus aggregans Canganella et al. 1998
  • Spezies Thermococcus alcaliphilus Keller et al. 1997
    • Referenzstamm AEDII12 alias DSM 10322
      – seichtes marines hydrothermales System bei der Insel Vulcano, Italien
  • Spezies Thermococcus argininiproducens Park et al. 2023
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Phasenkontrastmikroskopische Aufnahme von T. bergensis T7324. Balken 2 µm
  • Spezies „Thermococcus bergensisBirkeland et al. 2021
  • Spezies Thermococcus litoralis Neuner et al. 2001
  • Spezies Thermococcus sibiricus Miroshnichenko et al. 2001[45]
    • Referenzstamm MM 739 alias DSM 12597, VKM B-2774
      – Probe des geförderten Wassers (produziertes Abwasser) von der Hochtemperatur-Öllagerstätte Samoltor, Westsibirien, isoliert aus Formationswasser, Hochtemperatur-Öllagerstätte Samoltor, Westsibirien

Gattung Thermococcus_B(G)

Gattung Thermococcus_C(G)

  • Spezies Thermococcus_C sp002009975(G) [Thermococcus sp. JdFR-02]

In der GTDB zur Gattung Pyrococcus:

  • Spezies Thermococcus chitonophagus Huber & Stetter 1996 [„Pyrococcus chitonophagus“]

Ohne Zuordnung zu einer dieser Gattungen in der GTDB

Phylogenie

Weitere Informationen GTDB 08-RS214. ...

In diesen Phylogenien sind weiterhin noch ohne Zuordnung unter anderem:

  • T. coalescens
  • T. marinus
  • T. waimanguensis
  • T. mexicalis
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Anmerkungen

  1. Prionen sind fehlgefaltete Proteine, die in allen Organismen tödliche Krankheiten verursachen können.
  2. Kennzeichnung mit hochgestelltem (N).
  3. Kennzeichnung mit hochgestelltem (G).
  4. nicht in NCBI; in der LPSN nicht als synonym gekennzeichnet, offenbar fehlerhaft

Literatur

  • Judicial Commission of the International Committee on Systematics of Prokaryotes: The nomenclatural types of the orders Acholeplasmatales, Halanaerobiales, Halobacteriales, Methanobacteriales, Methanococcales, Methanomicrobiales, Planctomycetales, Prochlorales, Sulfolobales, Thermococcales, Thermoproteales and Verrucomicrobiales are the genera Acholeplasma, Halanaerobium, Halobacterium, Methanobacterium, Methanococcus, Methanomicrobium, Planctomyces, Prochloron, Sulfolobus, Thermococcus, Thermoproteus and Verrucomicrobium, respectively. Opinion 79. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 55, Nr. 1, Januar 2005, S. 517–518; doi:10.1099/ijs.0.63548-0, PMID 15653928 (englisch).
  • Maximilian Mora, Annett Bellack, Matthias Ugele, Johann Hopf, Reinhard Wirth: The temperature gradient-forming device, an accessory unit for normal light microscopes to study the biology of hyperthermophilic microorganisms. In: Applied and Environmental Microbiology. 80. Jahrgang, Nr. 15, August 2014, S. 4764–4770, doi:10.1128/AEM.00984-14, PMID 24858087, PMC 4148812 (freier Volltext), bibcode:2014ApEnM..80.4764M (englisch).
  • Paul Villain, Violette da Cunha, Etienne Villain, Patrick Forterre, Jacques Oberto, Ryan Catchpole, Tamara Basta: The hyperthermophilic archaeon Thermococcus kodakarensis is resistant to pervasive negative supercoiling activity of DNA gyrase. In: Nucleic Acids Research, Band 49, Nr. 21, 2. Dezember 2021, S. 12332–12347; doi:10.1093/nar/gkab869, Epub 10. November 2021 (englisch).
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Commons: Thermococcus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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