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Pierre Viret

Schweizer Reformator in Genf und Lausanne Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Pierre Viret
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Pierre Viret (* 1511 in Orbe, Waadt; † 4. Mai 1571[1] in Pau, Aquitanien) war ein Schweizer Reformator, der in Genf, Lausanne und in Südfrankreich als Prediger, Bibelausleger, theologischer Lehrer, Leiter und Autor wirkte.[2]

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Pierre Viret
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Flachrelief von Pierre Viret

Leben

Zusammenfassung
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Viret war ein Sohn des Guillaume, eines Tuchscherers, Schneiders und Mitglieds des Rats der Vierundzwanzig von Orbe.[3] Pierre studierte von 1527 bis 1530 die klassischen Fächer und Theologie, teilweise gleichzeitig mit Johannes Calvin, in Paris am Collège de Montaigu. Er wollte katholischer Priester werden, aber wegen seiner Parteinahme für die Reformation musste er 1531 Frankreich verlassen und in seine waadtländische Heimat zurückkehren. Auf Bitten von Guillaume Farel hielt er ab dem 6. Mai 1531[4] evangelische Predigten in seiner Heimatstadt Orbe, Grandson, Payerne und den umliegenden Dörfern. 1533 war er Pastor in Neuchâtel.[5] Ab 1534 unterstützte er Farel bei der Durchsetzung der Reformation in Genf und beim Kampf der Genfer gegen die Truppen des Herzogs von Savoyen.

Als im Mai 1536 die Reformation in Genf durch den Generalrat offiziell angenommen wurde, und Calvin seinen Dienst als Prediger antrat, wechselte Viret nach Lausanne, das gerade unter die Herrschaft Berns gekommen war. Hier nahm er im Oktober am Religionsgespräch von Lausanne teil, durch das die Reformation offiziell angenommen wurde. Er wirkte anschliessend als Prediger und Leiter der Académie de Lausanne, die 1537 gegründet wurde und eine grosse Bedeutung für die schweizerische Reformation erhalten sollte. Nach der Ausweisung Calvins und Farels 1538 kehrte er nach Genf zurück, setzte sich dann aber erfolgreich für die Rückberufung Calvins ein. 1542 konnte er seine Arbeit in Lausanne wieder aufnehmen.[6]

Weil er für die reformierte Kirche in der Waadt mehr Zuständigkeit in Sachen Kirchenzucht einforderte, wurde er 1559 vom bernischen Rat abgesetzt und übersiedelte wieder nach Genf.[7] Da gegen 1000 Personen samt den meisten Lehrern der Lausanner Akademie ihn begleiteten, konnte mit ihnen die Académie de Genève gegründet werden, und Genf wurde nun das Zentrum der reformierten Welt. Sein Lohn an der dortigen Akademie betrug 800 Florins, 12 Säcke Korn und 2 Fässer Wein pro Jahr.

Die verfolgten Protestanten und seine angegriffene Gesundheit veranlassten ihn 1561, das wärmere Südfrankreich aufzusuchen. Zuvor folgte er noch Einladungen nach Paris, Orléans, Avignon und Montauban. Er nahm eine führende Rolle unter den Hugenotten und beim Aufbau der reformierten Kirchen Frankreichs ein. In Nîmes predigte er oft vor 8000 Personen und war als Schulleiter erfolgreich. 1563 wechselte er nach Montpellier und wegen des ersten Hugenottenkriegs nach Lyon, wo er die nationale Synode der reformierten Kirchen leitete. Innert acht Tagen nach dem 27. August 1565 musste er Lyon verlassen, und er zog sich nach Orange zurück. 1566 floh er weiter und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Auftrag von Jeanne d’Albret in Navarra als Lehrer der Akademie in Orthez. In einer Überraschungsaktion während des 3. Hugenottenkriegs (1568–1570) wurde er und elf reformierte Pastoren festgenommen, sieben davon wurden hingerichtet. Wegen seiner großen Reputation wurde er vom katholischen Kommandanten verschont.[8] Er starb in Pau, auf dem Weg zur Synode von La Rochelle 1571.[9]

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Bedeutung

Viret wirkte nicht nur als Prediger und Lehrer, sondern auch durch seine zahl- und umfangreichen Veröffentlichungen, es waren insgesamt über fünfzig, verständliche, volksnahe und meistens populäre Schriften.[10] Neben der Auslegung der Bibel beschäftigten ihn besonders Fragen der Ethik, auch der politischen Ethik. Er orientierte sich stark an der Bibel, galt aber trotzdem als etwas weniger dogmatisch ausgerichtet als Jean Calvin und Theodor Beza, zudem war verbindend und friedliebend.[11]

Auf einem Relief am Genfer Reformationsdenkmal ist dargestellt, wie Pierre Viret bei einer Versammlung in einem Haus an der Rue Basses in Anwesenheit von Guillaume Farel und Antoine Froment am 22. Februar 1534 erstmals in Genf eine reformierte Taufe vollzieht.

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Familie

1538 heiratete Viret Elisabeth Turtaz, eine Tochter des Pierre Turtaz; sie starb 1546. Im gleichen Jahr ehelichte er Sébastienne de La Harpe, eine Tochter des Antoine de La Harpe.[12]

Schriften (Auswahl)

  • Dialogues du désordre qui est à présent au monde. Des causes d’iceluy, et du moyen pour y remedier, desquelz l’ordre et le tiltre s’ensuit, Genf 1545; neuer Titel: Métamorphose chrétienne, 1552; Le monde à l’empire et le monde démoniacle, 1561; hrsg. von Ruxandra Vulcan, Labor et fides, Genf 2012.
  • Exposition familière sur le symbole des apôtres contenant le articles de la foi et un sommaire de la religion chrétienne. Genf 1543.
  • Remonstrances aux fidèles qui conversent avec les papistes, Genf 1547.
  • Exposition familière de l’oraison de notre Seigneur Jésus-Christ et des choses dignes de considérer sur icelle. Genf 1548.
  • Instruction chrétienne et somme générale de la doctrine, 1556.
  • Traités divers pour l’instruction des fidèles qui résident et conversent ès lieux et pays esquels il ne leur est permis de vivre en la pureté et liberté de l’Évangile, Genf 1559.
  • Exposition familière des principaux points du Catéchisme et de la doctrine Chrétienne, Genf 1564.
  • Instruction chrétienne en la doctrine de la foi et de l’Evangile, 2 Bände, Genf 1561 und 1564 (Neuausgabe in: Pierre Viret: Oeuvres complètes, vol. I. Hrsg. v. A.-L. Hofer. ISBN 2-8251-1416-2).
  • L’Interim, Lyon 1565.
  • De la providence divine, Lyon 1565.
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Literatur

  • Willem Balke: Jean Calvin und Pierre Viret. In: Peter Opitz (Hrsg.): Calvin im Kontext der Schweizer Reformation. Historische und theologische Beiträge zur Calvinforschung, Zürich 2003, S. 57–92.
  • Georges Bavaud: Le réformateur Pierre Viret, Labor et Fides, Genf 1986 und 89.
  • Jean Barnaud: Pierre Viret, sa vie, son œuvre, Carayol, Saint Amans 1911.
  • Johannes Madey: Viret, Pierre. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Bautz, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 1492.
  • Jean-Marc Berthoud: Pierre Viret: Forgotten Giant of the Reformation, Zürich 2010.
  • Michael W. Bruening: Calvinism’s First Battleground: Conflict and Reform in the Pays de Vaud, 1528-1559, Springer 2005.
  • Michael W. Bruening: Pierre Viret and Geneva. In: Archiv für Reformationsgeschichte, 99 (2008), S. 175–197.
  • Pierre Chareyre: Pierre Viret et la Réformation du Béarn 1567-1571, Centre d'études du protestantisme béarnais, 2001.
  • Karine Crousaz: Pierre Viret (1511–1571), in: André Holenstein (Hrsg.): Berns mächtige Zeit. Das 16. und 17. Jahrhundert neu entdeckt. Bern 2006. S. 189 ff.
  • Karine Crousaz und Daniela Solfaroli Camillocci (Hrsg.): Pierre Viret et la diffusion de la Réforme: pensée, action, contextes religieux. Editions Antipodes, Lausanne 2014, ISBN 978-2-88901-054-7.
  • Robert Dean Linder: The political Ideas of Pierre Viret, Genf 1964.
  • Robert Dean Linder: Pierre Viret and the Sixteenth-Century French Protestant Revolutionary Tradition, in: The Journal of Modern History, The University of Chicago Press, Vol. 38, N° 2, Chicago 1966, S. 125–137.[13]
  • Charles Schmidt: Wilhelm Farel und Peter Viret. Nach handschriftlichen und gleichzeitigen Quellen, Elberfeld 1860.
  • Dominique-Antonio Troilo: Pierre Viret et l’anabaptisme : un réformé face aux dissidents protestants, Association Pierre Viret, 2007.
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Einzelnachweise

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