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Pilzkiosk

Kioskform Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Pilzkiosk
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Ein Pilzkiosk ist ein für die 1950er Jahre typisches Kioskgebäude in Form eines Fliegenpilzes, das ursprünglich für die Verkaufsförderung von Milch und Milchprodukten als „Milchpilz“ entwickelt wurde.

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Milchpilz in Lindau im Bodensee (errichtet 1952)

Hintergrund

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Das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre zeigte sich im wieder gewonnenen Wohlstand. Da es Alkohol erst mit 21 Jahren gab, galt es als schick, sich in Milchbars und Eisdielen zu treffen. Gleichzeitig konkurrierten auch in Deutschland die Molkereien und ihre Erzeugnisse gegen die neuen Erfrischungsgetränke, die es an jedem Kiosk einfach und verbrauchernah zu kaufen gab. Der Milch fehlte es an solchen Verkaufsstellen.

Mit der Idee eines Milchkiosks mit einem breiten Angebot von Milchprodukten sollte diese Versorgungslücke geschlossen werden. Das erste Kioskhäuschen in Fliegenpilzform wurde bei der Tagung der „Großstädtischen Milchversorgungsbetriebe“ im Mai 1952 in Bayreuth als sogenannter „Milchverbrauchswerber“ präsentiert und später nach Regensburg gebracht. Später ließ sich der Hersteller, die Hermann Waldner KG aus Wangen im Allgäu, sowohl den Entwurf als auch den Namen „Milchpilz“ gesetzlich schützen.[1] Da ein Milchkiosk einen hohen Wiedererkennungswert haben sollte, wählte Hermann Waldners Sohn Anton, zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer, die markante Form eines Fliegenpilzes.[2]

Die eigentliche Konstruktion des Bauwerks war ein weiß bemalter Holz-Fertigbau. In der ursprünglichen Form wurde der Kiosk von einer flexiblen, wasserabweisenden Dachhaut aus Polyvinylchlorid (Handelsname Mipolam) überspannt. Sie hatte die charakteristische rote Farbe mit weißen Punkten. Im Lauf der farblichen und strukturellen Alterung ergab sich auch eine merkliche Schrumpfung dieses Weich-PVCs, so dass manches Exemplar bald mit einer massiven Dachhaut aus Metall überzogen und danach in vergleichbarem Stil bemalt wurde.

Milchpilze hatten ab Werk eine Gesamthöhe von rund 4,0 Metern und eine Dachbreite von 4,60 Meter. Der Durchmesser des Nutzraumes maß 3,15 Meter. Er hatte vier Schiebefenster, eine Glastür, drei eingebaute Tische und vier Regale. Einbaukühlschrank, Heißwasserspeicher mit Waschbecken, Schlagsahnezapfer und Eismaschine konnten als standardisierte Zusatzgeräte hinzugekauft werden.

Manchen Behörden war das Konzept ein Dorn im Auge: Die Württembergische Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege in Ludwigsburg schrieb in einem auf den 12. August 1952 datierten Brief an die Geschäftsleitung von Waldner: „Die Gestaltung Ihrer Milchhäuschen in Pilzform halte ich für völlig abwegig. Die Ablehnung dieses Bauwerks, das besser nach Amerika passen würde, durch die Stadtbauämter ist in Ordnung. Ich glaube nicht, daß es eines Milchpilzes bedarf, um die Milchgetränke populär zu machen. Zuverlässige Bedienung und niedrige Preise werden mehr dazu betragen als geschmacklose Reklame.“

Die Pilze wurden nicht nur in Deutschland vertrieben, sondern auch nach Österreich, in die Schweiz, nach Italien, Frankreich, Belgien und nach Griechenland exportiert.[3]

Die letzte Position des Orderbuches der Waldner KG ist die Nummer 49: Die Auslieferung erfolgte am 21. November 1958 nach Mannheim.

Zur Landesgartenschau in Wangen 2024 baute das Unternehmen Waldner drei neue Milchpilze. Einer steht zusammen mit dem bisherigen auf dem Wangener Festplatz.[4] Die beiden anderen sind im Gartenschaugelände,[5], von denen einer im Frühjahr 2025 an das Bauerhof-Museum Wolfegg überstellt wurde.[6]

Die Aufstellung weiterer Exemplare wird geprüft, wobei die Form leicht modifiziert wurde, von einem Fünfeck hin zu einem Sechseck, das gefälliger wirken soll und standfester ist.[7][8]

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Standorte

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Von den verkauften Kiosken sind noch acht in Betrieb:

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Weitere noch erhaltenen Waldner-Milchpilze oder Pilzkioske ungeklärten Status sind:

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Miniaturausgaben

Bekannt geworden sind diese „Pilze“ auch durch eine Miniaturausgabe der Firma Faller für Modelleisenbahnen. Das Modell für die Nenngröße H0 ist seit dem Jahr 1961 im Programm.[30] Im Jahr 2024 hat die in Wangen im Allgäu ansässige Firma NOCH, die Zubehör für Modelleisenbahnanlagen herstellt, aus Anlass der Landesgartenschau in Wangen ein neues Modell eines Milchpilzes herausgebracht. Als Vorbild diente hier augenscheinlich der umgebaute Wangener Milchpilz mit seinen gebogenen Scheiben. Das Modell wurde im Gästeamt Wangen zu ermäßigtem Preis als Fanartikel für die Gartenschau abgegeben. Das Modell gelangte jedoch auch in den normalen Handel über das Netz der Modelleisenbahnhändler.[31]

Literatur

Commons: Pilzkioske – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Einzelnachweise

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