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Terminal High Altitude Area Defense

Raketenabwehrsystem des US-Heeres Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Terminal High Altitude Area Defense
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Das THAAD steht für Terminal High Altitude Area Defense und ist ein Raketenabwehrsystem der United States Army zur Bekämpfung von ballistischen Raketen.

Schnelle Fakten Allgemeine Angaben, Technische Daten ...
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Entwicklung

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Im Rahmen der Strategic Defense Initiative (SDI) untersuchten die Vereinigten Staaten verschiedene Möglichkeiten zur Abwehr von ballistischen Raketen. Unter anderem sollten mit den High Endoatmospheric Defense Interceptor (HEDI) und Kinetic Kill Vehicle Integrated Technology Experiment (KITE) ballistische Raketen bei ihrem Wiedereintritt bekämpft werden. Mit dem Ende von SDI wurden auch die Programme HEDI und KITE abgebrochen.[4][5]

Nach dem Zweiten Golfkrieg wurde von der United States Army der Abwehr von ballistischen Raketen eine große Priorität zugeschrieben und das Programm Theater High Altitude Area Defense wurde gestartet. Im Jahr 1991 formulierte das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten eine Bedarfsforderung an die Industrie. Bei der anschließenden Ausschreibung bekamen Lockheed Martin zusammen mit Raytheon (heute RTX Corporation) den Zuschlag. Bei der Entwicklung konnten die Ingenieure auf die Resultate der HEDI- und KITE-Programme zurückgreifen. Ab August 1992 lief das THAAD-Demonstrationsprogramm (DEM-VAL), bei dem einige Flugtests auf der White Sands Missile Range absolviert wurden. Zwischen dem 21. April 1995 und dem 2. August 1999 fanden insgesamt 11 THAAD-Flugtests statt. Erst bei den Abfangversuchen Nummer 10 und 11 am 10. Juni 1999 und 2. August 1999, gelang es die ballistischen Raketen zu treffen.[1][6][7]

Die darauffolgende Phase des Programms sah die Übertragung des Entwurfs und der gemachten Erfahrungen auf die Entwicklung einer mobilen Startvorrichtung vor. Diese Phase hieß Engineering Manufacturing and Development (EMD) und begann im August 2000. 2002 kam THAAD zum Raketenabwehrprogramm der Missile Defense Agency (MDA), welche für die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen der Streitkräfte der Vereinigten Staaten verantwortlich ist. Im Jahr 2004 wurde das THAAD-Budget auf über 700 Mio. US-Dollar angehoben. Die Raketentests auf der White Sands Missile Range wurden mit dem kompletten System in den Jahren 2005 und 2006 wieder aufgenommen und später 2006 auf der Pacific Missile Range Facility fortgeführt. Bis im März 2009 wurden weitere 11 THAAD-Tests durchgeführt, darunter sechs tatsächliche Abfangmanöver, die alle erfolgreich verliefen. Am 26. Juni 2008 konnte das THAAD während eines Tests einen separierten Wiedereintrittskörper erfolgreich abfangen. Zwischen 2006 und 2019 führten die United States Army und die Missile Defense Agency 18 Abfangtest durch. Von diesen verliefen 14 erfolgreich. Die restlichen vier Tests mussten aufgrund von Fehlfunktionen an den Zielraketen kurzfristig abgesagt werden. Bereits am 3. Januar 2007 hatte Lockheed Martin den Auftrag erhalten, die Produktion von THAAD bis 2009 für die Vorserienproduktion hochzufahren. Der Auftrag hatte ein Volumen von über 619 Millionen US-Dollar. Dafür hatte der Konzern 6 Abfangsysteme bestehend aus je sechs Startfahrzeuge, zwei THAAD-Kommandoposten bis zum Geschäftsjahr 2009 der Missile Defense Agency bereitzustellen. Die Entwicklungskosten für THAAD werden auf rund 15 Mia. US-Dollar geschätzt.[1][3][5][8]

Am 28. Mai 2008 aktivierte die US-Armee die erste THAAD-Einheit: Alpha-Batterie, 4th Air Defense Artillery Regiment, 11th Air Defense Artillery Brigade, mit 24 THAAD-Raketen, drei THAAD-Startfahrzeuge, einen THAAD-Kommandoposten und einem THAAD-Radar. Am 16. Oktober 2009 wurde in der gleichen Konfiguration die zweite THAAD-Batterie aktiviert: Alpha-Batterie, 2nd Air Defense Artillery Regiment, 11th Air Defense Artillery Brigade. Beide Einheiten sind in Fort Bliss, Texas stationiert.[7][8]

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Technik

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Das THAAD-System wurde entwickelt, um ballistische Kurz- und Mittelstreckenraketen abzuwehren. Zusätzlich soll auch ein begrenztes Potenzial zur Abwehr von Interkontinentalraketen bestehen. Mit den THAAD-Lenkflugkörpern werden Ziele in der Höhe der Mesosphäre und Thermosphäre, am Rande des Weltraums bekämpft. Mit Einschränkungen können auch Ziele in einer Höhe von 40–50 km in der Stratosphäre abgefangen werden. Die maximale Schussdistanz der THAAD-Lenkflugkörper beträgt schätzungsweise 200 km bei einer maximalen Flughöhe von etwa 150 km.[4][7][9][10]

Eine THAAD-Batterie besteht im Wesentlichen aus einem Kommandoposten, einem Feuerleitradar sowie sechs Lenkflugkörperstartern mit insgesamt 48 startbereiten Lenkflugkörpern. Sämtliche Komponenten sind auf LKWs verbaut und können auf der Straße transportiert werden. Die Mannschaft besteht aus 90 Soldaten und Offizieren. THAAD kann mit der C-5 „Galaxy“ oder der C-17 „Globemaster III“ luftverlastet werden.[3]

Kommandoposten und Feuerleitstand

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Aufbau eines THAAD-Kommandopostens

Der THAAD Fire Control and Communications (TFCC) ist der zentrale Kommandoposten sowie die Feuerleitzentrale einer THAAD-Batterie. Der TFCC, auch Tactical Station Group (TSG) bezeichnet, umfasst eine Tactical Operations Station (TOS) mit zwei Betriebsstationen, eine Launch Control Station (LCS) sowie eine Station Support Group (SSG). Der Kommandoposten verfügt als C3I-System eine Anbindung an das Command and Control, Battle Management, and Communications System (C2BMC), dass es dem Kampfführungspersonal erlaubt, mit verschiedenen Aufklärungs- und Führungssystemen zu kommunizieren. Dabei können u. a. auch Daten von Frühwarnsatelliten des Space-Based Infrared System empfangen werden und es besteht eine Schnittstelle für den Datenaustausch mit dem Aegis-Kampfsystem der United States Navy. Im Kommandoposten laufen alle Daten vom AN/TPY-2-Radar sowie den weiteren Aufklärungssystemen zusammen und werden dort verarbeitet. Im Kommandoposten führen die Bediener den Feuerkampf und können über Link 16 auch dem Flug- und Raketenabwehrsystem MIM-104 Patriot Ziele zuweisen. Der TFCC besteht aus verschiedenen Containern die auf 6×6 LKWs oder auf HMMWV aufgesetzt sind. Der TFCC kann in bis zu 14 km Entfernung zum AN/TPY-2-Radar platziert werden.[4][6][11]

Radar

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Ein auf Guam stationiertes AN/TPY-2-Radar

Als Such- und Feuerleitradar wird das AN/TPY-2-Radar verwendet. Das Radar ist auf das Erfassen und Begleiten von kleinen Zielen mit Hyperschallgeschwindigkeit ausgelegt. Es soll ballistische Raketen bis zu einer Entfernung von 1.000 km erfassen und begleiten können. Dazu verwendet es eine Active-Electronically-Scanned-Array-Antenne mit Digitaler Strahlformung. Die Antennenfläche misst 9,2 m² und verwendet 25.344 Phasenschieber. Das Radar arbeitet im X-Band mit einer Frequenz von 8,5–10 GHz. In der Vertikalen hat das Radar einen Öffnungswinkel von 10–60°. Die Radarantenne kann in der Vertikalen elektromechanisch geschwenkt werden, so dass der minimale Elevationswinkel 4° beträgt. Als Feuerleitradar kann es zeitgleich die Zieldaten von verschiedenen ballistischen Raketen ermitteln und eine unbekannte Anzahl THAAD-Lenkflugkörper an die Ziele heranführen. Dabei kann die maximale Zielgeschwindigkeit Schätzungen zufolge über 3,5 km/s (rund Mach 10) betragen. Ab 2024 wurden die Radargeräte mit Galliumnitrid (GaN)-Leistungsverstärker sowie der neuen CX6-Software nachgerüstet. Diese Nachrüstung verbesserte die Zielerfassung und vergrößerte die Erfassungsreichweite erheblich. Das Radar ist auf einem Sattelzug verbaut und wiegt rund 34 Tonnen. Die zugehörigen Elektronik, das Stromerzeugungsaggregat und die Kältemaschine für das Radar sind auf weiteren Sattelzügen mit einem Gewicht von 27–28 Tonnen untergebracht.[12][13][14][15][16][17]

Lenkflugkörperstarter

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Startbereite THAAD-Starter im Jahr 2019 in Rumänien

Die Lenkflugkörperstarter tragen je acht THAAD-Lenkflugkörper. Diese sind in geschlossenen und wartungsfreien Containern mit einer Länge von 6,6 m und einem Gewicht von 1.044 kg untergebracht. Um den Lenkflugkörperstarter feuerbereit zu machen, werden die Lenkflugkörpercontainer aus der horizontalen Transportposition in der Vertikalen auf 75° angestellt. Um ein Lenkflugkörperstarter nachzuladen, werden rund 30 Minuten benötigt. Der Lenkflugkörperstarter basiert auf einem LKW vom Typ M1074 HEMTT. Dieser hat eine Länge von 12 m, ist 3,25 m hoch und wiegt rund 40 Tonnen.[5][17][11]

Lenkflugkörper

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Diagramm eines THAAD-Lenkflugkörpers

Der Lenkflugkörper besteht aus einem Raketentriebwerk und der darauf aufgesetzten Gefechtskopfsektion. Das Feststoffraketentriebwerk wurde von Pratt & Whitney entwickelt und hat einen Durchmesser von 340 mm. Es wird Treibstoff auf der Basis von HTPB verwendet. Für die Lenkung ist am Heck eine schwenkbaren Düse verbaut. Die Beplankung des Raketentriebwerks besteht aus Verbundwerkstoffen. Auf dem Raketentriebwerk ist die Gefechtskopfsektion in Form eines spitzen Kegels aufgesetzt. Dieser hat an seiner Basis einen Durchmesser von 370 mm. Als Gefechtskopf wird ein Kinetic Kill Vehicle (KKV) verwendet. Dieses nutzt verschiedene Manövrierdüsen um ins Ziel zu fliegen: Sechs Flüssigkeitsraketentriebwerke für die Rollbewegungen, die Nickbewegungen und für die Gierbewegungen. Vier weitere Flüssigkeitsraketentriebwerke werden für Kursanpassungen verwendet. Zuvorderst im KKV ist der Zielsuchkopf verbaut. Dieser verwendet einen Bildsensor als Focal plane array mit 256×256 Indiumantimonid-Elementen. Diese arbeiten auf Wellenlängen von 3,3–3,8 µm sowie 7–10 µm. Die Infrarotdetektoren werden mit Gas durch den Joule-Thomson-Effekt gekühlt. Der Zielsuchkopf ist mit einer kardanischen Aufhängung im KKV verbaut. Für den Zielsuchkopf ist seitlich in der KKV-Spitze ein Fenster aus Saphirglas eingelassen. Während der Beschleunigungsphase ist das KKV mit einer Nutzlastverkleidung geschützt. Die Beplankung des KKV besteht aus Kohlenstofffaserverstärktem Kohlenstoff und die Spitze aus einer Wolframlegierung.[4][17][11][18][10]

Nach dem Start beschleunigt der Lenkflugkörper innerhalb von rund sechs Sekunden auf 2.500 m/s (rund Mach 7,3). Während der Beschleunigungsphase (englisch boost phase) geschieht die Steuerung mittels dem Inertialen Navigationssystem und dem Global Positioning System. Weiter wird der Lenkflugkörper über den Datenlink mit aktuellen Zielparametern des AN/TPY-2-Radars versorgt. Dabei wird der Lenkflugkörper auf Kollisionskurs mit dem Ziel gebracht. Die Bediener sind über ein 2-Weg-Datenlink jederzeit über den Flugweg und Status der Lenkflugkörper im Bilde. Wenn die Antriebsstufe in der der oberen Stratosphäre, in rund 40–50 km Höhe ausgebrannt ist, wird das KVV von der Antriebsstufe abgetrennt. Weiter wird die Nutzlastverkleidung abgesprengt und das Fenster für den Infrarot-Zielsuchkopf freigelegt. Der Weiterflug und Endanflug zum Ziel vollführt das KKV autonom mit Hilfe des eigenen Zielsuchkopfes. Dabei steuert sich das KKV mit den Manövrierdüsen ins Ziel. Statt durch einen Gefechtskopf wird die anfliegende Rakete allein durch die Kinetische Energie des Zusammenpralls zerstört (englisch Hit-To-Kill), da so eine sichere Zerstörung des Raketen-Gefechtskopfes gewährleistet werden soll.[1][4][17][11][9][10]

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Stationierungen in Übersee und im Ausland

  • Am 3. April 2013 gab das US-Verteidigungsministerium im Zuge der Spannungen mit Nordkorea bekannt, binnen weniger Wochen ein THAAD-Raketenabwehrsystem nach Guam zu verlegen, um die dortigen amerikanischen Militäreinrichtungen zu schützen.
  • Am 4. Mai 2016 berichtete KBS World Radio, dass, „nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministers Han Min-koo“, „die Regierung mit den USA über die Stationierung von Raketen des THAAD-Systems auf der koreanischen Halbinsel“ spreche. Dies habe „der Minister am Dienstag“ (3. Mai 2016) „vor dem Wehrausschuss der Nationalversammlung“ gesagt. ...„Zurzeit sei nicht absehbar, wann er Details bekannt geben könne. Doch schreite der Prozess gut voran, ergänzte er.“[19] Am 7. Juli 2016 gab das südkoreanische Verteidigungsministerium bekannt, dass die USA das THAAD zur Abwehr von nordkoreanischen Raketen in Südkorea stationieren würden.[20] Genaue Stationierungsdaten wurden nicht genannt. Das System sollte Ende 2017 einsatzbereit sein. Die Volksrepublik China kritisierte die Entscheidung, da die Stationierung der Bemühung, durch Dialog die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel zu wahren, zuwider laufe.[21] Auch im Wahlkampf vor der Präsidentschaftswahl in Südkorea am 9. Mai 2017 war die Stationierung ein Thema. Am 13. Juni 2017 meldete das südkoreanische Militär, dass eine vermutlich aus Nordkorea stammende Drohne Fotos des THAAD-Systems angefertigt habe, das 250 km von der Grenze in Südkorea errichtet wird.[22]
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Einsätze

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Verbreitung

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Literatur

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Commons: Terminal High Altitude Area Defense – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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