Verzweigung eines fließenden Gewässers Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Flussbifurkation oder Flussgabelung ist die Verzweigung (Gabelung) eines fließenden Gewässers (Fluss, Bach) in der Weise, dass sein Wasser in die Flusssysteme zweier unterschiedlicher Ströme abfließt. Flusslauf und Wasserscheide fallen an einer solchen Stelle zusammen, sodass ein Teil des Abflusses von einem Einzugsgebiet in ein anderes übertritt.[1] Wie generell der Ablauf des Regenwassers wird in diesen seltenen Fällen der weitere Lauf eines ganzen Flusses in zwei Richtungen geschieden. Das Wort stammt von lat.bi- „zwei“ und furca „die Gabel“.
Im englischen Sprachraum wird, abweichend von dieser Bedeutung, oft jede Verzweigung oder Gabelung eines Gewässerbetts in Flussarme, etwa auch die Teilläufe eines anastomosierenden Flusses, „bifurcation“ genannt.
werden gleichsam als „Überlauf“ erst ab einem bestimmten Wasserstand aktiv. Beispielsweise verbindet sich bei Hochwasser im Seengebiet von Minnesota das Mississippi-System mit dem Red River und dem Lake Superior.
liegen vor, wenn stehende Wasserkörper wie Sümpfe oder Seen zu mehreren verschiedenen Flusssystemen hin entwässern. Pseudo- deshalb, weil hierbei keine eigentliche Strömung aufgeteilt wird, sondern ein Bassin mehrere Abflüsse hat. Viele Pseudobifurkationen in Mitteleuropa verdanken ihre Existenz Urstromtälern: In der Nacheiszeit gab die Verlaufsrichtung der flachen Talsohlen der Urstromtäler den Gewässern die Fließrichtung vor. Wo das Gefälle aber sehr gering war oder das Urstromtal (aufgrund postglazialer Prozesse) gar keinen Scheitelpunkt hatte, bildeten sich anstatt fließender oft stehende Gewässer oder Moore. Sobald diese zu beiden Seiten in das Urstromtal entwässern, liegt eine Pseudobifurkation vor.
nennt man eine Bifurkation bei Gletschern– im Gegensatz zur Konfluenz, dem Zusammenfluss. In den Fließwasserströmen innerhalb des Gletschers treten auch die Formen der Wasserhöhlen auf.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche künstliche Ausleitungen oder Überleitungen von Wasser aus Gewässern zur Wasserversorgung von Bewässerungsgebieten, Städten und Schifffahrtskanälen sowie im Kraftwerksbau. Hierbei können hydrographisch bedeutende Wassermengen transportiert werden. Diese werden nicht Bifurkationen genannt.
Bifurkationen
An der weltweit bedeutendsten Flussbifurkation zweigt der Brazo Casiquiare je nach Wasserstand 10bis30% des Wassers vom oberen Orinoco zum Rio Negro ab und damit zum Amazonas-System. Sie liegt in Venezuela, rund zwei Kilometer westlich des Dorfes Tamatama3.1384583-65.8804681.
Der von Schweden nach Finnland fließende Torne älv verliert unweit der schwedischen Ortschaft Junosuando67.444789222.4511898 die Hälfte seines Wassers durch den Tärendöälven in den Kalixälven.
Die Else zweigt bei Melle-Gesmold52.2027777777788.2552777777778 im niedersächsischen Landkreis Osnabrück von der Hase ab und fließt über die Werre in die Weser, während die Hase der Ems zufließt. Beide Flussläufe enden letztendlich in der Nordsee.[3] Vermutlich wurde hier eine ursprünglich periodische Bifurkation im 15. oder 16. Jahrhundert von einem Müller oder von den Besitzern des Schlosses Gesmold künstlich zu einer ständigen Bifurkation ausgebaut, um die Else wirtschaftlich nutzen zu können. In der Folge wurde bei Kriegen und Streitereien wiederholt der eine oder andere Arm verschlossen.[4]
Der Krollbach in Hövelhof teilt sich in den Krollbach und den Schwarzwasserbach. Der Krollbach fließt über den Haustenbach, die Lippe und den Rhein in die Nordsee. Der Schwarzwasserbach ergießt sich über die Ems ebenfalls in die Nordsee.
Der Mühlegraben bei Blumberg gabelt sich am Rande des Riedes im Scheitelbereich des Aitrachtales. Von hier fließt die Aitrach in die Donau und das Schleifebächle in die Wutachschlucht, also in Richtung Rhein. Das Gewässernetz des Blumberger Riedes ist gleichzeitig eine Pseudobifurkation (s.u.).
Das Flüsschen Nerodimka(Nerodimja) (albanisch auch Nerodime, serbisch: Неродимка) im Kosovo gabelt sich auf dem Gebiet der Gemeinde Ferizaj in einen über die Flüsse Lepenac und Vardar der Ägäis und in einen über die Sitnica, den Ibar, die Morava und die Donau dem Schwarzen Meer zufließenden Teil. Eine Fläche von 13ha rund um die Bifurkation ist als Wildschutzgebiet ausgezeichnet. Die Bifurkation wurde im 14.Jahrhundert künstlich angelegt. Der künstliche Kanal versandete immer mehr, so dass er kaum mehr Wasser führte. Vor wenigen Jahren wurde dies ausgebessert.[5]
In Rothenburg/Oberlausitz in Sachsen gibt es im Ortsteil Geheege eine Bifurkation eines kleinen Bachs ohne Namen, der aus dem Biehainer Torfstich herausfließt. Ein Teil des Wassers gelangt über Spree und Elbe in die Nordsee, der andere über Neiße und Oder in die Ostsee.[6]
Ähnlich hat der Ruppiner See unterschiedliche Abflüsse:
den Alten Rhin, der sich seinerseits bifurkiert, um einerseits nach Osten über Kremmener Rhin und Ruppiner Kanal in die Oberhavel bei Oranienburg zu münden und andererseits nach Westen durch den Rhin-Kanal zur Unterhavel zu entwässern, und
den künstlichen Wustrauer Rhin, der ebenfalls dem Rhin-Kanal zuströmt.
Gewässer mit stehendem Scheitelbereich in Urstromtälern:
Wasser aus dem Oberlauf der Unteralpreuss (Reuss → Rhein → Nordsee) wird über Stollen dem Lago Ritóm zugeführt, der durch den Ticino(Tessin) und Po in die Adria entwässert wird.
Panamakanal, bestehend aus dem System Río Chagres, Lago Gatún. Diese künstliche Pseudobifurkation ist der wichtigste Schifffahrtskanal der Welt.
Río Fenix Grande teilt sich bei der Stadt Perito Moreno auf. Ein künstlicher Kanal führt zum Río Deseado und damit zum Atlantik. Der Río Fenix Chico läuft weiter zum Lago Buenos Aires/Lago General Carrera und damit über den Río Baker zum Pazifik. Interessant sind die politischen Hintergründe, die zum Bau dieses Kanals geführt haben (siehe Río Deseado).
Herbert Louis: Allgemeine Geomorphologie. Walter de Gruyter Verlag, Berlin und New York, 4. Auflage 1979. ISBN 3 11 007103 7. Abschnitt Überschüttung von Wasserscheiden, S. 317.
Wasserscheide Geheege (Mementodes Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rothenburg-ol.de, auf rothenburg-ol.de