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Ratzmann (Orgelbauer)

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Ratzmann ist eine deutsche Orgelbauerfamilie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die in Thüringen und Hessen etwa 170 Orgeln schuf.

Familien- und Firmengeschichte

Zusammenfassung
Kontext

Aus drei Generationen sind folgende sieben Orgelbauer bekannt:

  • Georg Franz Ratzmann war der Begründer der Orgelbauerfamilie.

Er war der Vater von:

  • Johann Friedrich Heinrich Ratzmann und
  • Johann Heinrich Ludwig Ratzmann und
  • Wilhelm August Ratzmann

Letzterer war der Vater von:

  • Jean Ratzmann und
  • Wilhelm Ratzmann und
  • Anton August Ratzmann

Georg Franz Ratzmann (auch: Franz Georg Ratzmann) (* 1771 in Cumbach; † 5. Mai 1846 in Ohrdruf) begründete eine Orgelbauerdynastie über drei Generationen. Er ließ sich 1792 als Orgelbauer im thüringischen Ohrdruf nieder, wo er in eine Schreinerei einheiratete.[1] Drei seiner sechs überlebenden Kinder erlernten ebenfalls den Orgelbau. Zu seinen Schülern zählte auch Ernst Sauer. Der drittälteste Sohn (Johann Heinrich) Ludwig (* 7. Mai 1804 in Ohrdruf; † 25. Februar 1875 in Ohrdruf) führte 1846 die Ohrdrufer Werkstatt fort. Dabei ging ihm offensichtlich sein Bruder Johann (Friedrich) Heinrich (* 23. Juni 1800 in Ohrdruf; † 30. Juli 1881 in Ohrdruf) zur Hand. Nach 1876 sind keine Werke mehr aus der Werkstatt nachgewiesen.

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Firmenschild von August Ratzmann in Eichen (Nidderau), 1847

(Wilhelm) August Ratzmann (* 22. November 1812 in Ohrdruf; † 25. November 1880 in Gelnhausen) war der dritte Sohn von Georg Franz Ratzmann, der den Orgelbau erlernte. Im Zuge eines Orgelneubaus in der Bergkirche in Niedergründau übersiedelte er um 1839 nach Gelnhausen in der südöstlichen Wetterau. Er hatte dort die Tochter eines Gastwirts kennengelernt und heiratete diese im Jahr 1840. In Gelnhausen errichtete August Ratzmann etwa 1841 eine eigene Werkstatt und führte den Ratzmann-Orgelbau zu einer Blütezeit.[2]

Drei der vier Kinder von August Ratzmann erlernten ebenfalls das Handwerk des Vaters und führten den Betrieb fort: Jean, Wilhelm und Anton August Ratzmann. Sie traten bis zum Tod des Vaters im Jahr 1880 nicht unter eigenem Namen auf. Friedrich Heinrich Ludwig (Jean) Ratzmann (* 7. Januar 1842 in Gelnhausen; † unbekannt) führte ein recht eigenständiges Leben, löste sich von seinen Brüdern und zog ab 1860 als Orgelbauer für zehn Jahre in Deutschland, der Schweiz und Australien herum, arbeitete zwischenzeitlich als freier Mitarbeiter bis mindestens 1879 für den väterlichen Betrieb. Mit wenig Erfolg hatte sich Jean Ratzmann um 1868 in Hanau-Kesselstadt selbstständig gemacht. 1882 arbeitete er bei Sauer in Frankfurt (Oder).[2] Wilhelm Ratzmann (* 20. September 1846 in Gelnhausen; † 11. November 1911 in Gelnhausen) und Anton August Ratzmann (* 24. September 1852 in Gelnhausen; † 30. Juni 1928 in Gelnhausen) erlernten den Orgelbau unter anderem bei Johann Georg Förster in Lich und betrieben die väterliche Werkstatt nach dessen Tod unter dem Namen „Gebr. Ratzmann“ weiter. Wilhelm hatte auf seinen sechs Wanderjahren Kenntnis von neuen Techniken wie der Pneumatik im Orgelbau erlangt und war diesen Entwicklungen aufgeschlossen, während sein Bruder die bis dahin traditionellen Orgeltechniken bevorzugte.

Nach dem Tod von Wilhelm im Jahr 1911 kam es mit der Witwe zu Streitigkeiten über die Fortführung des Betriebs, der schließlich damit endete, dass die Witwe die Werkstatt an Richard Schmidt (* 18. April 1889 in Aubstadt; † 1951 Gelnhausen) verkaufte.[3]

Richard Schmidt hatte bei Georg Friedrich Steinmeyer den Orgelbau erlernt. Unter seiner Leitung firmierte die Werkstatt unter dem Namen „W. Ratzmann, Orgelbauanstalt, Inh. Rich. Schmidt“. Sein Sohn Bernhard (* 31. Mai 1930 in Gelnhausen; † 10. Juni 2021 in Gelnhausen) führte den Betrieb unter eigenem Namen fort. Seit 1994 wird er von Andreas Schmidt (* 1963 in Gelnhausen), einem Enkel Richards, geleitet.[4]

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Werk

Von Georg Franz Ratzmann sind insgesamt 14 Werke nachgewiesen, darunter zwei dreimanualige (Arnstadt und Fulda).[1] Seine Söhne erweiterten das Auftragsgebiet der Ohrdrufer Werkstatt. August Ratzmann schuf etwa 75 neue Instrumente und prägte die Orgellandschaft Hessen nachhaltig. Ab etwa 1870 wandte er sich vor allem der mechanischen Kegellade zu, ohne sich von der mechanischen Schleiflade abzuwenden. Unter seiner Leitung erlangte die Orgelwerkstatt überregionale Bedeutung. Den Gebr. Ratzmann gelang es, die erreichte Qualität fortzuführen. Um 1900 führten sie die pneumatische Kegellade ein.[2] Bis 1921 entstanden 48 Orgelneubauten.[3]

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Werkliste (Auswahl)

Erste Generation (1792 bis 1846)

Georg Franz Ratzmann

Weitere Informationen Jahr, Ort ...

Zweite Generation (1846 bis 1876)

Johann Friedrich Heinrich und Johann Heinrich Ludwig Ratzmann

Weitere Informationen Jahr, Ort ...

Wilhelm August Ratzmann (1839 bis 1880)

Weitere Informationen Jahr, Ort ...

Dritte Generation (um 1870 bis 1921)

Jean Ratzmann

Weitere Informationen Jahr, Ort ...

Gebr. Ratzmann

Weitere Informationen Jahr, Ort ...
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CD-Aufnahmen

  • Historische Orgeln in Hessen: Ratzmann-Orgeln in Altenmittlau, Aufenau, Roßdorf, Schönstadt. Hessischer Rundfunk. 2006 (Hans-Jürgen Kaiser spielt Werke von F. Mendelssohn, J. Brahms, M. Karg-Elert, M. Reger)
  • Reise durch Europas Romantik. 2010. Klaus Uwe Ludwig in Niedergründau spielt Werke von J. Brahms, N.W. Gade, A. Guilmant, A. Alain, E. Grieg, C.V. Stanford, M.E. Bossi, Z. Gardonyi, F. Schmidt und S. Karg-Elert
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Literatur

  • Nachruf auf Wilhelm Ratzmann in der Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd.: 32. 1911/12, Leipzig, 1912, S. 275–276
  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde. Band 72). 2. Auflage. Merseburger, Kassel 1997, ISBN 3-87537-169-0.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte - Rheinhessen - Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,2). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2: M–Z. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5.
  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister: 1891–1991. Hrsg.: Bund Deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0.
  • Dieter Großmann: Orgeln und Orgelbauer in Hessen (= Beiträge zur hessischen Geschichte. Band 12). 2. Auflage. Trautvetter & Fischer, Marburg 1998, ISBN 3-87822-109-6.
  • Nikolaus E. Pfarr: Die Orgelbauerfamilie Ratzmann aus Ohrdruf/Thür. und ihr Werk. Selbstverlag, Steinheim/Main (Reihentitel für Band 1–5, erschienen ab 1985).
  • Nikolaus E. Pfarr: Die Orgelbauerfamilie Ratzmann aus Ohrdruf, Thür. – Gelnhausen und ihr Werk. Selbstverlag, Steinheim/Main (Reihentitel ab Band 6, erschienen seit 2002).
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Commons: Ratzmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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