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WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems

Klassifikation Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Die WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems ist eine weltweit gebräuchliche und allgemein anerkannte Klassifikation der Hirntumoren der Weltgesundheitsorganisation (WHO), zuletzt aktualisiert für die 5. Auflage im Jahre 2021. Die Einteilung erfolgt erstens nach der mutmaßlichen Tumorzellenherkunft (benignes Muttergewebe), zweitens nach dem Grad der Bösartigkeit. In der neuesten Version bestimmen molekulare Eigenschaften (Gene, Gen-Amplifikation, -Deletion, -Translokation, Methylierung, Genprodukte, Rezeptoren) die Zuordnung zu einer Tumorentität.

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Entstehung

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Im Jahr 1926 publizierten Bailey und Cushing eine Klassifikation der gliösen Hirntumoren auf der Basis ihrer Abstammung von gesunden Herkunftszellen.[1] Auf der Basis dieser Einteilung entwickelte der Neurologe und Neuropathologe Klaus-Joachim Zülch in den 1950er[2] und 1960er Jahren[3] eine Klassifikation, welche auf dem ersten internationalen Symposion zur Klassifikation von Hirntumoren in Köln 1961 vorgetragen wurde und die erste Fassung der WHO-Klassifikation bilden sollte.[4]

Die 2. Edition der WHO-Klassifikation wurde 1993 von Kleihues et al. publiziert.[5] Im Jahr 2000 publizierte Kleihues eine weitere Fassung der WHO-Klassifikation, die auf einer internationalen Konsensuskonferenz von Neuropathologen im Jahr 1999 beruhte. Neue Entitäten waren das chordoide Gliom des dritten Ventrikels, das zerebelläre Liponeurozytom, der atypische Teratoid/Rhabdoid-Tumor und das Perineurinom. Das Grading-System wurde verbessert und für Meningeome erheblich modifiziert.[6]

An der 4. Auflage von 2007 wirkten über 70 Autoren aus 19 Ländern mit. Die WHO-Klassifikation der ZNS-Tumoren von 2007 beruhte im Wesentlichen auf dem histologischen Erscheinungsbild im Mikroskop nach Hämatoxilin-Eosin-Färbung, immunhistologischen Darstellungen und elektronenmikroskopischen Bildern.[7][8][9] Die 2016 durchgeführte Aktualisierung listet über 120 Autoren und reflektiert nach Angaben des Titelblattes die Ansichten einer 2015 am Deutschen Krebsforschungszentrum abgehaltenen Konsens- und Redaktionstagung. Sie wurde 2016 von Louis et al. publiziert und enthielt eine wesentlich präzisere Feinunterteilung der einzelnen Tumorentitäten.[10][11]

Diese Klassifikation wurde von Anfang an durch immer neue molekularbiologische Ergebnisse ergänzt und infrage gestellt. Daraufhin wurde die internationale Arbeitsgruppe cIMPACT-NOW (auf Englisch homophon zu see impact now ‚Auswirkungen jetzt sehen‘, voller Name Consortium to Inform Molecular and Practical Approaches to CNS Tumor Taxonomy – Not Officially WHO) gebildet, welche in mehreren ausführlichen Publikationen die molekularbiologischen Ergebnisse zusammengetragen hat.[12][13] Diese zahlreichen Einzelbefunde flossen letztlich in die Erstellung der neuen Fassung der WHO-Klassifikation ein.

Die fünfte Auflage der WHO-Klassifikation wurde im August 2021 von Louis et al. publiziert. Sie unterscheidet sich von den vorangehenden Versionen durch eine erheblich höhere Feineinteilung, die ganz überwiegend von molekularbiologischen Parametern bestimmt ist.[14]

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Nomenklatur

Seit der fünften Edition werden Typen und Subtypen unterschieden, welche die bisherigen Entitäten und Varianten ersetzten. Der Zusatz NOS (englisch not otherwise specified nicht näher bezeichnet) kennzeichnet Tumoren, bei denen keine vollständige Diagnostik durchgeführt wurde und die deswegen nicht genauer klassifiziert oder gradiert werden können. NEC (englisch not elsewhere classified anderenorts nicht klassifiziert) kennzeichnet solche, bei denen nach vollständiger Diagnostik keine Zuordnung zu einer der WHO-Diagnosen erfolgen kann, beispielsweise bei einem molekulargenetisch neuen Typ.[15]

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Klassifikation

Zusammenfassung
Kontext

Während es sich bei der eigentlichen WHO-Klassifikation lediglich um eine Auflistung anerkannter Tumorentitäten handelt, stellt die begleitende histologische Definition der verschiedenen Tumoren zusammen mit ihren immunhistochemischen und molekulargenetischen Eigenheiten eine wichtige Ressource für die neuropathologische Diagnostik dar und ermöglicht Konsistenz und weltweite Vergleichbarkeit neuropathologischer Befunde. Der Gradierung der verschiedenen Tumorentitäten[7] kommt auch wegen ihrer prognostischen Aussage besondere klinische Bedeutung zu. Die Veränderung von der 4. zur 5. Edition ist so stark und grundlegend, dass nur die Grundstruktur der Einteilung erhalten geblieben ist. Zum Vergleich werden beide Einteilungen dargestellt. Die Feineinteilung neurokranieller Tumoren ist so umfangreich geworden, dass sie in eine 2. Tabelle ausgelagert worden ist.

Weitere Informationen Hauptgruppe, Unterteilung ...
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Klassifikation der Gliome, glioneuralen Tumoren und neuronalen Tumoren der 5. Edition

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Die Einbeziehung molekularbiologischer Eigenschaften hat zu einer ausgedehnten Feinteilung der früheren Gruppe der neuroepithelialen ZNS-Tumoren geführt.

Weitere Informationen Unterteilung, Typ ...
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4. Edition der WHO-Klassifikation 2016

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In manchen Richtlinien wird noch die 4. Edition verwendet.

Weitere Informationen Ursprung, Untergruppe ...
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Gradierung

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ZNS-Tumoren können pathologische Grade von 1 (günstigste Prognose) bis vier (schlechteste Prognose) aufweisen. Die Gradierung basiert dabei auf histologischen, immunhistochemischen und molekulargenetischen Untersuchungen, mit je nach Tumorentität unterschiedlichen Kriterien. Manchen Neoplasien sind verschiedene mögliche Grade zugewiesen, andere haben einen fixen Grad, bei unzureichender Datenlage kann auch kein Grad zugeteilt sein.[14][15]

Im klinischen Kontext kommt dem Tumorgrad eine wesentliche Bedeutung bei der Therapieauswahl zu, inklusive einer Entscheidung zu adjuvanter Chemo- oder Strahlentherapie zu. Dieses Gradierungsschema besteht seit der ersten Version der WHO-Klassifikation und repräsentiert eine Skala für die Einschätzung der Malignität der verschiedenen behandelten Neoplasien.

Der WHO-Grad stellt lediglich eine Komponente unter einer Vielzahl von Kriterien dar, die letztendlich die Prognose eines Hirntumors beeinflussen. Andere wichtige Faktoren sind unter anderem die Lokalisation des Tumors, die Möglichkeit seiner vollständigen neurochirurgischen Entfernung, das Ansprechen des Tumors auf Chemo- und Strahlentherapie sowie auch das Alter des Patienten.

Weitere Informationen Klassifikation, Beschreibung ...
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Literatur

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