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Helme in der Formel 1
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Die Helme in der Formel 1, der höchstrangigen von der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) veranstalteten Rennserie, sind Schutz- beziehungsweise Sporthelme, die seit ihrer Einführung in der Formel 1 ständig weiterentwickelt werden. Parallel zu den generellen Anforderungen, die auch Helme in anderen Motorsportarten betreffen, sind einige spezielle Punkte zu berücksichtigen, die sich im Formelsport durch den Einsatz in offenen Monoposti und durch die hohen Geschwindigkeiten ergeben.

Erste Verbesserungen betrafen fast ausschließlich sicherheitstechnische Aspekte. Später wurden optische Akzente gesetzt, um die Erkennbarkeit der Fahrer zu erhöhen und auch ihre Persönlichkeit zu unterstreichen. Nach Entwicklungen im Bereich Tragekomfort, aerodynamischer Anströmung und der Einführung von Intercom war ein weiterer Schritt die verstärkte Nutzung als Werbeträger und Marketing-Werkzeug, bis hin zum gezielten Einsatz als Merchandising- bzw. Sammelobjekt für die Fans.
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Technik
Zusammenfassung
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Helmschale
In den Anfangsjahren der Automobil-Weltmeisterschaft war das Tragen eines Sturzhelms noch nicht im Reglement vorgeschrieben.[1] Die Fahrer trugen Kappen aus Leder oder verstärktem Leinen, mit denen sie sich vor Wind und Schmutz schützten. Auf diese Kappen folgten gepolsterte Lederhelme, die kleinere Stöße abfangen konnten.[2] Danach kamen erste Helme mit gehärteten Schalen auf, deren Tragen ab 1952 Pflicht wurde.[3]
Einer der frühen Helme von Nino Farina war ein durch zusätzliche Polsterung mit Weichkork und angenähtem Ohren- und Nackenschutz modifizierter Reithelm, dessen Hauptaufgabe es war, den Träger nicht bei einem Sturz, sondern vor durch andere Fahrer hochgewirbelten Steinen zu schützen.[4][5]
Neben den typischen Halbschalenhelmen aus dem Motorradbereich kamen auch ausgemusterte Pilotenhelme zum Einsatz.[6]
Interessanterweise gibt es eine ähnliche technische Entwicklung wie bei den Helmen für Flugzeugbesatzungen: Auch hier folgten auf die Kappen Lederhelme, und später wurde die Helmschale immer weiter heruntergezogen. Die Bezeichnung „Jethelm“ wurde für diesen Typ gebräuchlich. Die nächste Stufe, der sogenannte „Integralhelm“, hatte durchaus Ähnlichkeit mit den Vollvisierhelmen, die im Bereich der Höhenflüge getragen wurden. Es folgten wie bei der Entwicklung der Luftfahrthelme technische Verbesserungen bei Material, Polsterung, Gewicht, Formgebung usw., um den Nutzen für den Träger zu steigern.[7]
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Entwicklung war die Widerstandsfähigkeit gegen Feuer (in Verbindung mit der unter dem Helm getragenen Balaclava) und die möglichst geringe Behinderung des Luftstroms zu der über dem Fahrer befindlichen Einlasshutze für die Luftzufuhr zum Motor.
Einige Entwürfe wie der frühe (1974) aerodynamisch optimierte Entwurf[8] von Clay Regazzoni oder der Twin Window Helmet,[9] wie ihn Jackie Ickx 1978 trug, konnten sich nicht etablieren.
Inzwischen sind auch in verschiedenen anderen Kategorien des Motorsports (NASCAR, NHRA usw.) Helme mit Intercom, Sauerstoff (für Notfälle) und zusätzlichen Unterstützungssystemen (Trinkflaschen, HANS, Head-up-Display usw.) im Einsatz.
Brille und Visier
Bereits in den 1920er Jahren begannen die Fahrer, ihre Augen mit speziellen Schutzbrillen gegen den Fahrtwind und Staub zu schützen. Auf zahlreichen zeitgenössischen Fotos sind Flieger- und Schweißerbrillen (mit ungetönten Gläsern) dokumentiert. Ende der 1950er Jahre wurden erste Visiere als Regenschutz direkt an den Helmen montiert. Später folgten nicht klappbare Vollvisiere, die mit Druckknöpfen an den Jethelmen befestigt wurden. Mit Einführung der Integralhelme Anfang der 1970er Jahre wurden die Visiere beweglich, und erste Fahrer (wie zum Beispiel Jochen Rindt) experimentierten mit aufgeklebten Folien auf dem Visier, die sie bei starker Verschmutzung abreißen konnten.[10][11] Die heutigen Visiere können sich unterschiedlichen Lichtverhältnissen (Sonneneinstrahlung usw.) anpassen.
Standardisierung
Die Rennsporthelme wurden zunächst ohne jegliche Vorschriften unter Verwendung verschiedenster Materialien gestaltet und ausgeführt. Seit 2019 gilt die FIA-Norm 8860-2018 als Standard.[12]
Chronologie der Entwicklung
In der Geschichte der F1-Helme gibt es immer wieder einige markante Eckdaten:
- 1952 wurden Sturzhelme in der Formel 1 Pflicht.[13][14]
- 1967 kam unter dem Markennamen Nomex das erste flammhemmende Gewebe für Rennhelmfutter zum Einsatz.[15]
- 1968 war Dan Gurney beim GP von Deutschland der erste Formel-1-Fahrer, der einen Integralhelm trug.[16]
- 1969 fuhr Graham Hill beim GP Monaco als erster Formel-1-Sieger mit einem einen Integralhelm über die Ziellinie.
- 1970 war Clay Regazzoni beim Großen Preis von Italien der letzte Formel-1-Sieger, der einen Jethelm verwendete.
- 1974 ging der Finne Leo Kinnunen beim Großen Preis von Schweden als letzter Formel-1-Fahrer mit einen Jethelm an den Start.[17]
- 2001 führte die FIA ein Gewichtslimit von 1,25 Kilogramm für die Helme ein. Seitdem werden diese ausschließlich aus Kohlenstofffaser gefertigt, wodurch sie sowohl leichter als auch stabiler werden.
- 2003 wurde das sogenannte HANS-System zum Schutz vor möglichen Nackenverletzungen vorgeschrieben.
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Die Helme der Weltmeister (1950–1975)
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Spezielle Anforderungen an Helme in der Formel 1
Zusammenfassung
Kontext
Die Vollvisier-Helme („Integralhelme“) von Motorrad- und Automobil-Rennfahrern im Rundstreckenbereich ähneln sich in weiten Teilen, es gibt jedoch einige Unterschiede:
Ein wesentlicher Unterschied liegt im Aufbau der Helmschale und der Ausführung der Polsterung. Die Helme im Automobilbereich müssen eher auf heftige, kurze Kollisionen mit in unmittelbarer Nähe des Fahrers befindlichen Elementen (z. B. einem Überrollbügel) reagieren, denen ein Motorradfahrer wahrscheinlich nicht ausgesetzt ist. Die Helmschale eines modernen F1-Helms besteht aus bis zu 28 Lagen Kohlenstofffaser-Verbundstoff und einem speziellen Carbon-Aramid-Hybridgewebe.[18]
Bedingt durch die Sitzposition (mit dem geraden Blick nach vorn) kommen die F1-Helme mit einem engeren Sichtfeld aus und können so einen besseren Kopfschutz bieten als Motorradhelme. Aber wegen der eingeschränkten Rundumsicht ist die Verwendung vieler Automobilhelme auf Motorrädern im öffentlichen Straßenverkehr verboten.
Motorradhelme benötigen keinen Brandschutz, da die Gefahr für den Fahrer, längere Zeit einem lebensbedrohenden Feuer ausgesetzt zu sein, vernachlässigbar gering ist. Helme im Automobilbereich hingegen müssen einen sehr guten Brandschutz bieten, da der Fahrer bei einem Brand wahrscheinlich nicht entkommen kann. Das feuerfeste Material, das in Rennhelmen verwendet wird, befindet sich im Innenfutter und ist als Nomex bekannt. Gemäß Reglement müssen sie für mindestens 45 Sekunden Temperaturen von bis zu 800 Grad widerstehen.[18]
Da es in der Formel 1 immer wieder zu Kollisionen mit umherfliegenden Teilen oder abbrechenden Fahrzeugteilen kommt, werden neben der extrem harten Schale auch hohe Anforderungen an die Visiere gestellt: Obwohl nur drei Millimeter dünn, müssen sie gemäß aktueller FIA-Helm-Norm den Einschlag eines Projektils mit 500 km/h aushalten.[18]
Die in der F1 eingesetzten Helme müssen für die Verwendung und Kombination mit den anderen Sicherheitssystemen (z. B. HANS) ausgerüstet sein. Bei den aktuellen Helmen sind das zwei metallene Adapter im hinteren unteren Bereich. In der Vergangenheit gab es im Nackenbereich verankerte Griffgurte, die das Herausziehen eines verletzten Fahrers aus dem Fahrzeug vereinfachen sollten. Inzwischen wird (wenn möglich) eine Bergung mitsamt der Sitzschale durchgeführt.
Rennfertig wiegt ein aktueller Helm lediglich 1150 Gramm, eine sehr intensiv verfolgte Entwicklung, da jedes eingesparte Gramm die Belastung für die Nackenmuskulatur des Fahrers (auch während des normalen Rennablaufs – ohne Unfall) entlastet.[18]
Ein frei käuflicher Helm nach F1-Standard „von der Stange“, also ohne Einbezug der Entwicklungskosten und persönliche Anpassung, kostet etwa 5000 Euro.[19] Die, für die Formel-1-Piloten speziell angefertigten Exemplare kosten bis zu 15.000 Dollar.[20]
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Die Helme der Weltmeister (1976–2000)
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Optische Gestaltung
Zusammenfassung
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In der Anfangszeit wurde der optischen Ausarbeitung der Helme noch keine Bedeutung beigemessen. Eine frühe „Personalisierung“ waren die türkisblaue Lackierung von Alberto Ascaris oder das Karoband von Jean Behras Helm, um – auch aus größerer Entfernung – besser erkennbar zu sein. Wolfgang Graf Berghe von Trips trug ab 1960 das Wappen der von ihm mitgegründeten Sportfahrergemeinschaft Scuderia Colonia auf seinem Helm – und dies auch, wenn er für die Scuderia Ferrari am Start war.
Die offene Bauweise der F1-Monopostos kam dem Bedürfnis vieler Fahrer entgegen, sich durch auffällige, ausdrucksstarke Designs von den anderen Fahrern abzuheben.
Eine solche frühe „Individualisierung“ des Helmdesigns findet sich bei Jackie Stewart, der seine Helme (auch bis ins hohe Alter) stets mit dem rot-grün-blau-weiß-gelben Tartan des Hauses Stewart im oberen Bereich dekorierte.[21] Das von Graham Hill gewählte Design (mit seinem persönlichen Bezug zum London Rowing Club) wurde sogar unverändert von seinem Sohn Damon übernommen. Diese Designs bleiben also traditionell während der gesamten Karriere des Fahrers erhalten. Es gab lediglich minimale Anpassungen, wie zum Beispiel eine Änderung des Farbtons oder der Breite von Zierstreifen. Michael Schumacher trug die ersten Jahre seiner Karriere einen Helm in der Grundfarbe Weiß (der deutschen Rennfarbe). 2000 änderte er sie passend zu seinem Team (Scuderia Ferrari) in Rot, behielt aber die Farbkombination Schwarz/Rot/Gelb erst einmal bei.
Sebastian Vettel präsentierte ab 2011 in fast jedem Rennen ein anderes Helmdesign, in späteren Jahren wurden das unter anderem sehr persönliche – teilweise fast politische – optische Statements (etwa „Keine Grenzen, nur Freiheit“/2020 oder „No War“/2022).[22]
2015 führte die FIA Regeln ein, welche die F1-Piloten auf ein Design pro Saison beschränkten, um dem Trend der ständigen Designwechsel entgegenzuwirken. Diese Regeln wurden nach Kritik der Fahrer und ihrer Fans für die Saison 2020 aus dem FIA-Reglement gestrichen.[23]
Die zahlreichen Helmmotive von zum Beispiel Lewis Hamilton oder Max Verstappen werden von verschiedenen Anbietern als tragbare Replikate angeboten[24] oder in verschiedenen Maßstäben als Standmodelle für Fans und Sammler aufgelegt.[25]
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Helmsponsoring
Das Sponsoring hielt in der Formel 1 Einzug, als die FIA Ende der 1960er Jahre gestattete, statt der Rennfarben sogenannte „Team-Farben“ einzusetzen. Als Beispiel das Team Lotus mit dem Lotus 49: von British Racing Green zum Weiß-Rot-Gold der Zigarettenmarke Gold Leaf, und später das berühmt gewordene Black & Gold während des Sponsorings durch John Player Special.[26] Kurz darauf wurde auch den Fahrern erlaubt ihre Helme (und Overalls) als Werbefläche anzubieten. Frühe Beispiele waren Emerson Fittipaldi (Cafe do Brasil) oder Niki Lauda (Raiffeisen Bank). Bis in die 1980er traf allein der Fahrer die Sponsorenauswahl. Heute unterliegen bestimmte Teile des Helmes (zum Beispiel die Blenden an der Oberkante der Visiere) der Corporate Identity der Teams.
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Die Helme der Weltmeister (seit 2001)
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Unglücke und Zwischenfälle
Zusammenfassung
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Obwohl die Optimierung der Schutzsysteme stetig vorangetrieben wird und ein wirklich hoher Sicherheitsstandard erreicht wurde, stoßen die Helme manchmal an ihre Grenzen:
- Jochen Rindt wurde 1970 beim Training zum Großen Preis von Frankreich von einem Stein im Gesicht getroffen; sein Visier war zu diesem Zeitpunkt offen, da er auf der kurvenreichen Strecke unter Übelkeit litt.
- Auf der Rennstrecke von Clermont-Ferrand durchschlug 1972 ein von Emerson Fittipaldis Wagen hochgewirbelter Stein das Visier von Helmut Marko. Marko konnte seinen Wagen zwar ohne Unfall stoppen, erblindete aber auf dem linken Auge.[27]
- Niki Laudas (nicht regelkonformer) Helm[28] wurde ihm 1976 bei seinem Unfall auf dem Nürburgring vom Kopf gerissen; das führte zu den teilweise schweren Verbrennungen in seinem Gesicht.
- Als Gilles Villeneuve 1982 bei seinem Unfall in Zolder aus dem Auto geschleudert wurde, verlor er durch die enormen Fliehkräfte seinen Helm und prallte gegen einen Zaun. Er starb noch am selben Abend, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Ärzte stellten später fest, dass er sich das Genick gebrochen hatte.
- 1994 durchschlug in Imola bei einem Unfall ein Stück der Radaufhängung den Helm von Ayrton Senna und verursachte eine schwere Kopfverletzung mit massivsten Hirnschäden, an denen er innerhalb weniger Stunden starb.
- Felipe Massa wurde beim GP von Ungarn 2009 durch eine am Heck von Rubens Barrichellos Wagen abgebrochene Dämpferfeder verletzt. Er fuhr etwa 250 km/h, als ihn das ungefähr 20 Zentimeter und 830 Gramm schwere Metallteil am oberen linken Rand des Visierausschnitts traf. Ärzte diagnostizierten neben der Schädelverletzung eine schwere Gehirnprellung. Hier bewahrte der hochmoderne Helm Massas Leben. Der Unfall führte zu intensiven Diskussionen, ob zusätzlich zum Helm ein weiterer Kopfschutz nötig sei.[29]
- Beim Freitagstraining zum Großen Preis von Bahrain 2012 wurde Nico Rosberg von einem Vogel getroffen, der ihm bei 200 km/h ins Visier flog.[30]
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Sonstiges
2012 wurde ein Helm von Ayrton Senna bei einer Auktion in Silverstone für 74.750 Pfund (86.120 Euro) versteigert. Es war einer der Helme, die Senna 1991 trug, als er für McLaren fuhr.[31]
Weblinks
Commons: Helme von F1-Piloten – Sammlung von Bildern
- Porsche.com: Legendary motorsport helmet designs, from Senna to Schumacher (englisch)
- Motorsport-Magazin: Formel 1 Helm-Technik... Sehr ausführliche Reportage (1:13:56) über die Helme in der Formel 1 (deutsch)
- rtrsports.com: Die Entwicklung der Formel-1-Helme: Von der Sicherheitsausrüstung zum Marketing-Kraftpaket. Weiterführende Informationen, – auch unter Marketing-Aspekten (deutsch)
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Einzelnachweise
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