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Robotsystem 70
schwedisches Lenkwaffensystem Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Robotsystem 70 (kurz RBS 70) ist ein schultergestütztes Kurzstrecken-Boden-Luft-Lenkwaffensystem (MANPADS) aus Schweden.
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Entwicklung
Das RBS 70 entstand aufgrund einer Forderung des Schwedischen Heers. Dieses planten ab 1967 die 20-mm-Fliegerabwehrkanonen, die 40-mm-Bofors-Geschütze sowie die Flugabwehrraketen FIM-43 Redeye (RB 69) zu ersetzen. Die neue Flugabwehrrakete sollte kostengünstig und einfach bedienbar sein. Mitte 1969 bekam das schwedische Unternehmen Saab Bofors Dynamics (SBD) den Auftrag zur Entwicklung des RBS 70. Im Jahr 1973 begann die Truppenerprobung beim schwedischen Heer. Zwischen 1974 und 1975 wurden über 100 Teststarts durchgeführt. Im Juni 1975 bekam Saab Bofors Dynamics den Auftrag zur Serienfertigung und 1976 war das RBS 70 schließlich operationell. In den darauffolgenden Jahren wurde das RBS 70 mehrfach modernisiert und der aktuellen Bedrohungslage angepasst. Bis Ende 2020 wurden rund 1.600 Startgeräte sowie über 18.000 Lenkflugkörper produziert und weltweit exportiert.[2][3][4][5]
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Technik
Zusammenfassung
Kontext
RBS 70 gehört zur Klasse der Man Portable Air Defense Systems. Es kann gegen Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper, unbemannte Luftfahrzeuge sowie leicht gepanzerte Bodenziele eingesetzt werden. Das RBS 70 kann von einem Soldaten bedient und von zwei Soldaten über kurze Strecken transportiert werden. Ein RBS 70-Starter besteht aus drei Komponenten: einem Dreibein mit Sitzfläche (Gewicht 24 kg), einer Zielerfassungseinrichtung (11 kg) sowie einem Transport- und Abschussrohr mit dem Lenkflugkörper (25 kg). Die Zielerfassungseinrichtung beinhaltet eine Batterie für die Elektrizitätsversorgung, den Laser für die Lenkflugkörper-Steuerung sowie die Zieloptik mit einem Okular mit 7facher Vergrößerung. Weiter ist ein C2-System verbaut. Dieses empfängt über ein Kabel oder Funkgerät Daten von der Luftraumüberwachung. Dem Schützen werden dabei im Okular die Flugrouten (Azimut und Elevation) von Luftzielen dargestellt. Damit wird eine Frühwarnung für den Schützen sichergestellt. Für die Luftraumüberwachung in Zusammenarbeit mit dem RBS 70 können verschiedene Überwachungsradars wie der PS-70 Giraffe, der Ericsson HARD oder der P-STAR ER der Firma Lockheed-Martin verwendet werden. Weiter kann an der Zielerfassungseinrichtung ein IFF-Gerät sowie ein Nachtsichtgerät angebracht werden.[2][4][6][7]

Der Lenkflugkörper ist in einem Transport- und Abschussrohr aus GFK untergebracht. Dieses hat eine Länge von 1,7 m sowie einen Außendurchmesser von 152 mm. Der Lenkflugkörper wiegt je nach Version 13–17 kg. Rumpf und die Flügel bestehen zu großen Teilen aus Leichtmetall und GFK. In der Lenkwaffenspitze befinden sich der Aufschlagzünder und der Laser-Näherungszünder. Dahinter folgt der Gefechtskopf. Dieser besteht aus einer 1,2 kg wiegenden Hohlladung um die, je nach Version 2.000–3.000 Pellets aus Wolfram angeordnet sind. Hinter dem Gefechtskopf ist die Trägheitsnavigationsplattform mit den Gyroskopen verbaut. Dahinter folgt das Feststoffraketentriebwerk von IMI plc mit zwei seitlich am Rumpf angeordneten Düsen. Im Heck sind die Elektronik, die Aktuatoren, die Batterie sowie die Empfänger für den Laserstrahl verbaut. Am Flugkörperrumpf sind zwei Gruppen von Stabilisierungs- und Steuerflächen angebracht. Am Heck sind vier trapezförmige Steuerflächen angebracht. Etwa in der des Flugkörperrumpfs sind vier Stabilisierungsflächen mit Sägezähnen montiert. Diese Flächen sind, während sich die Lenkwaffe in dem Transport- und Startbehälter befindet, an den Flugkörperrumpf angelegt.[2][4][6][7][8]
Um einen RBS 70-Starter aufzubauen und feuerbereit zu machen werden rund 30 Sekunden benötigt. Nachdem der Schütze das Ziel anvisiert hat und sich die Winkelgeschwindigkeit im zulässigen Bereich befindet, wird per Knopfdruck der Lenkflugkörper gestartet. Für die Zielerfassung und den Lenkflugkörper-Start werden 4–6 Sekunden benötigt. Der schnellabrennende Feststoffbooster befördert den Flugkörper mit 50 m/s mehrere Meter aus dem Transport- und Abschussrohr. Nach dem Ausstoß aus dem Startrohr werden am Flugkörper die Stabilisierungs- und Steuerflächen ausgeklappt. Der ausgebrannte Booster fällt vor dem Startrohr zu Boden. In sicherer Entfernung zum Schützen zündet das Feststoffraketentriebwerk und beschleunigt den Flugkörper innerhalb weniger Sekunden auf die Marschfluggeschwindigkeit. Die Brenndauer beträgt rund 6 Sekunden und die Brennschlussgeschwindigkeit liegt je nach Version bei Mach 1,5 bis über Mach 2. RBS 70 arbeitet mit einem SACLOS-Lenksystem (Halbautomatische Kommandolenkung). Dabei wird der Flugkörper mittels eines Laser-Leitstrahls an das Ziel herangeführt. Der Schütze braucht dabei lediglich das Ziel im Visier zu verfolgen. Es können Flugziele frontal, im Vorbeiflug oder wegfliegend bekämpft werden. Dabei kann der Flugkörper Flugmanöver mit einer maximalen Querbelastung von 25g ausführen. Kommt das Flugziel in den Ansprechradius des Näherungszünders (3 m), wird der Gefechtskopf gezündet. Bei einem Direkttreffer wird der Sprengkopf durch den Aufschlagzünder ausgelöst. Wird das Ziel verfehlt, so zerstört sich der Lenkflugkörper nach einer bestimmten Flugzeit durch Selbstzerstörung. Gemäß Hersteller soll RBS 70 eine Treffererwartung von 90–95 % erreichen. Um den Starter mit einem neuen Lenkflugkörper nachzuladen, werden rund 7 Sekunden benötigt.[2][3][7][9]
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Varianten
Zusammenfassung
Kontext
Die varianten der Hauptserien sind fett dargestellt.
- RBS 70 (Mk.0): Dies ist die Serienversion die 1977 bei den schwedischen Streitkräften eingeführt wurde. Die Bekämpfungsreichweite beträgt 5 km bei einer von Einsatzhöhe 3.000 m. Die maximale Fluggeschwindigkeit liegt bei Mach 1,5. Das System wurde unter der Bezeichnung „Rayrider“ auf dem Exportmarkt angeboten.[6][8]
 
- RBS 70 (Mk.1): Diese Version wurde 1982 entwickelt. Sie verwendet eine verbesserte Zielerfassungseinrichtung mit einem vergrößerten Blickfeld. Weiter kann das 23 kg schwere COND-Nachtsichtgerät an die Zieloptik montiert werden. Der abgeänderte Mk.1-Lenkflugkörper hat einen verbesserten Empfänger für den Laserstrahl sowie einen neuen Näherungszünder. Durch eine kinetisch verbesserte Flugbahn und den daraus resultierenden größeren Energiereserven verfügt der Flugkörper über eine gesteigerte Bekämpfungsreichweite von 6 km. Auch die Fluggeschwindigkeit konnte auf rund Mach 1,6 gesteigert werden.[6][8]
 
- RBS 70 ARMAD: Diese Ausführung entstand anfangs der 1980er-Jahre wobei AMRAD für „Armored Unit Air Defense“ steht. ARMAD besteht aus einem bemannten Waffenturm der auf gepanzerte Mannschaftstransporter wie z. B. vom Typ M113 aufgesetzt wird. Der Waffenturm hat eine Besatzung von zwei Mann, verfügt über ein Suchradar Ericsson HARD und ist mit mehreren startbereiten RBS 70 Mk.1-Lenkflugkörpern ausgerüstet. Bofors entwickelte einen Prototyp stellte aber das Programm 1986 ein.[6]
 
- RBS 70 VLM: Diese Ausführung entstand zeitgleich mit dem AMRAD. VLM steht für „Vehicle-Launched Missile“. Bei dieser Ausführung wird ein abgeänderter RBS 70-Starter auf den Pritschen von leichten Fahrzeugen und Lastkraftwagen verbaut. Der abgeänderte Starter ist mit zwei startbereiten RBS 70-Lenkflugkörpern ausgerüstet.[6]
 
- RBS 70 SLM: Diese Variante wurde in den 1980er-Jahren für den Einsatz ab kleinen Kriegsschiffen entwickelt. SLM steht für „Ship-Launched Missile“. RBS 70 SLM verwendet einen Gyro-stabilisierter Starter der auf dem Schiffsdeck montiert wird. Der bemannte Starter ist mit zwei Mk.1 oder Mk.2 Lenkflugkörper beladen. Nachdem ein Prototyp entwickelt und getestet worden war, wurde das Projekt eingestellt.[6]
 
- RBS 90: Das System wurde anfänglich RBS 70M bezeichnet und wurde 1991 vorgestellt. Es verwendet fernbedienbare Dreifachstarter mit einem Gewicht von 185 kg. Gesteuert werden die Starter von einem zentralen Feuerleitstand bzw. Kommandoposten, der in einem Fahrzeug wie z. B. dem Bandvagn 206 verbaut ist. Die Frühwarnung geschieht wiederum mit dem PS-70 Giraffe-Radar. Zum Einsatz kommen die Mk.1 und Mk.2 Lenkflugkörper. Das System wurde unter der Bezeichnung „Nightrider“ auf dem Exportmarkt angeboten.[10][11][12][13]
 
- RBS 70 (Mk.2): Die dritte Serienversion war 1993 bereit. Diese verwendet den neuen Mk.2-Lenkflugkörper. Durch Miniaturisierung der Elektronikbautele konnte der Raketenmotor und der Gefechtskopf vergrößert werden. Die Bekämpfungsreichweite beträgt 7 km bei einer Einsatzhöhe von 4.000 m. Die maximale Fluggeschwindigkeit liegt bei Mach 1,8.[14]
 
- RBS 70 HLM: Diese Ausführung entstand Anfangs der 1990er-Jahren. HLM steht für „Helicopter-Launched Missile“. Diese Ausführung ist ein Luft-Luft-Lenkflugkörper für den Einsatz ab Kampfhubschraubern Dabei werden 4–8 RBS 70-Abschussrohre an die Stummelflügel der Hubschrauber montiert. Das System wurde auf dem Exportmarkt angeboten, fand aber keine Abnehmer.
 
- RBS 70 (BOLIDE): Diese Version ist seit 2001 einsatzbereit. Verwendet werden verbesserte Elektronik sowie der neuem BOLIDE-Lenkflugkörper. Der neue Lenkflugkörper kann auch mit den älteren RBS 70-Varianten gestartet werden. Die Bekämpfungsreichweite liegt bei rund 9 km bei einer Einsatzhöhe von bis zu 5.000 m. Die maximale Fluggeschwindigkeit beträgt rund Mach 2. Mit dieser Ausführung können kleine Ziele wie Marschflugkörpern und Drohnen deutlich besser bekämpft werden.[7][15]
 
- RBS 70NG: Diese Version wurde vorgestellt 2011 und verwendet voll digitale Elektronik. RBS 70NG ist komplett nachtkampftauglich dank einer neuen Zieloptik mit integriertem Nachtsichtgerät sowie KI-gestützter Zielverfolgung. Verwendet werden die BOLIDE-Lenkflugkörper. Die RBS 70NG existiert entweder als Neuproduktion oder als Nachrüstprogramm.[16]
 

- RBS 70 MSHORAD: MSHORAD steht für Mobile Short-Range Air Defence und wurde im Jahr 2017 vorgestellt. Dies ist ein fahrzeugbasiertes Flugabwehrsystem meinem fernbedienbaren Waffenturm mit drei einsatzbereiten BOLIDE-Lenkflugkörpern. Es kann auf Geländewagen mit der Antriebsformel 4×4 wie dem MARS S-330 oder JLTV verbaut werden. Für die Luftraumüberwachung und Frühwarnung kann auf einem separaten Fahrzeug das Compact Radar Unit (CRU) von Saab oder das Giraffe 1X-Überwachungsradar verwendet werden. Eine MSHORAD-Batterie besteht aus einem Radargerät mit Feuerleitstand sowie 2–12 Startfahrzeugen.[17][18][19][20]
 
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Kriegseinsätze
Das RBS 70 kam im Ersten Golfkrieg (Iran-Irak-Krieg), im Zweiten Golfkrieg sowie beim Russischen Überfall auf die Ukraine seit 2022 zum Einsatz.[3][21][22]
Nutzerstaaten
 Argentinien – 60
 Australien – 250
 Bahrain – 161
 Bangladesch
 Brasilien – 130
 Finnland – 450
 Indonesien – 150
 Iran – 200
 Irland – 100
 Lettland – 202
 Litauen – 71
 Mexiko – unbekannte Anzahl
 Norwegen – 4.800
 Pakistan – 2.180
 Singapur – 600
 Schweden – unbekannte Anzahl
 Tschechien – 170
 Thailand – 90
 Tunesien – 300
 Ukraine – unbekannte Anzahl im Rahmen der Auslandshilfen für die Ukraine geliefert.[23]
 Vereinigte Arabische Emirate – 143
 Venezuela – 400
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Literatur
- Christopher Chant: Air Defense Systems and Weapons: World AAA and Sam Systems in the 1990s. Brassey’s Defence Publishers, Vereinigtes Königreich, 1989, ISBN 0-08-036246-X.
 - Edward L. Korb: The World's Missile Systems. Seventh Edition. General Dynamics, Pomona Division, Vereinigte Staaten, 1982.
 - Steven J. Zaloga: Infantry Antiaircraft Missiles, Man-Portable Air Defense Systems. Osprey Publishing, Vereinigtes Königreich, 2023, ISBN 978-1-4728-5343-1.
 - Tony Cullen & Christopher F. Foss: Jane’s Land-based Air-Defence, Edition 2002–2003. Jane’s Information Group, Vereinigtes Königreich, 2001, ISBN 0-7106-2437-9.
 
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Weblinks
- RBS 70 Short-Range Anti-Aircraft Missile bei creativex-consulting.com (englisch)
 - Robot System 70 bei missiledefenseadvocacy.org (englisch)
 - RBS 70 bei guns.fandom.com (englisch)
 - RBS 70 bei cat-uxo.com (englisch)
 - Panzerargentino: S300VM - Bofors RBS-70, Mini Documental auf YouTube, 21. August 2021 (Kurze Dokumentation über das RBS 70).
 
Einzelnachweise
Wikiwand - on
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