Kambodscha
Staat in Südostasien / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
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Das Königreich Kambodscha (Khmer: ព្រះរាជាណាចក្រកម្ពុជា, Preăh Réachéanachâkr Kâmpŭchéa) ist ein Staat in Südostasien. Das Land liegt am Golf von Thailand zwischen Thailand, Laos und Vietnam. Die Hauptstadt Phnom Penh liegt im Süden des Landes. Das Landschaftsbild wird durch eine Zentralebene geprägt, die teilweise von Gebirgen umgeben ist. In ihr liegt im Westen Kambodschas der See Tonle Sap, durch den Osten fließt der Mekong, der zu den längsten Flüssen der Welt gehört.
Königreich Kambodscha | |||||
ព្រះរាជាណាចក្រកម្ពុជា | |||||
Preăh Réachéanachâkr Kâmpŭchéa | |||||
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Wahlspruch: ជាតិ សាសនា ព្រះមហាក្សត្រ Cheate Sasanea Preahmhaksaat „Nation, Religion, König“ | |||||
Amtssprache | Khmer | ||||
Hauptstadt | Phnom Penh | ||||
Staats- und Regierungsform | parlamentarische Monarchie (Wahlmonarchie) | ||||
Staatsoberhaupt | König Norodom Sihamoni | ||||
Regierungschef | Premierminister Hun Manet | ||||
Parlament(e) | Nationalversammlung und Senat | ||||
Fläche | 181.040 km² | ||||
Einwohnerzahl | 16,9 Millionen (72.) (2021; Schätzung)[1] | ||||
Bevölkerungsdichte | 94 Einwohner pro km² | ||||
Bevölkerungsentwicklung | + 0,9 % (Schätzung für das Jahr 2021)[2] | ||||
Bruttoinlandsprodukt
|
2020[3] | ||||
Index der menschlichen Entwicklung | 0,593 (146.) (2021) [4] | ||||
Währung | Riel (KHR) / (US-Dollar (USD)) | ||||
Unabhängigkeit | 9. November 1953 (von Frankreich) | ||||
Nationalhymne | Nokoreach | ||||
Nationalfeiertag | 9. November | ||||
Zeitzone | UTC+7 | ||||
Kfz-Kennzeichen | K | ||||
ISO 3166 | KH, KHM, 116 | ||||
Internet-TLD | .kh | ||||
Telefonvorwahl | +855 |
Kambodscha ist aus dem Reich Kambuja hervorgegangen, das seine Blüte vom 9. bis zum 15. Jahrhundert erlebte. Seine Ruinen in Angkor, Roluos, Banteay Srei und Preah Vihear und die noch älteren in Sambor Prei Kuk wurden ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. 1863 kam Kambodscha unter französische Vorherrschaft und wurde später Teil Französisch-Indochinas. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1953 blieb Kambodscha zunächst von den militärischen Konflikten in Indochina verschont, wurde aber nach einem Militärputsch 1970 in den Zweiten Indochinakrieg hineingezogen. Nach Jahren des Bürgerkriegs errichteten 1975 die Roten Khmer eine Schreckensherrschaft, die nach unterschiedlichen Schätzungen 1,7 bis weit über 2 Millionen Menschenleben forderte, bis die Roten Khmer 1979 von vietnamesischen Truppen entmachtet wurden. Kambodscha blieb zehn Jahre von Vietnam besetzt, die entmachteten Roten Khmer leisteten mit Guerillataktik Widerstand. Nach 1989 folgten unter der Mitwirkung der Vereinten Nationen ein Friedensabkommen und der Neuaufbau staatlicher Strukturen, die 1993 mit einer neuen Verfassung und der Wiederherstellung der Monarchie endeten. Kambodscha, zu diesem Zeitpunkt nach zwei Jahrzehnten Krieg, Schreckensherrschaft und Besatzung eines der ärmsten Länder der Welt, konnte seitdem erhebliche Fortschritte im Kampf gegen Armut und Unterentwicklung erzielen und ist heute eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Asiens.
Kambodscha liegt auf der Indochinesischen Halbinsel, am Nordostufer des Golfs von Thailand. Die Küste hat eine Länge von 443 Kilometern. Kambodscha grenzt im Westen und Nordwesten auf 803 Kilometern an Thailand, im Norden an Laos (541 km) sowie östlich und südöstlich an Vietnam (1.228 km). Die gesamte Fläche beträgt 181.040 km², davon sind 176.520 km² Landfläche.
Landschaftsbild
Zwei Drittel Kambodschas werden vom Kambodschanischen Becken eingenommen, das sich 5 bis 30 m[5] über dem Meeresspiegel befindet und in dessen westlichem Zentrum der Tonle Sap liegt. In östlicher Richtung schließen sich die Schwemmlandebene und die ersten Ausläufer des ansonsten in Vietnam liegenden Mekongdeltas an, das das Zentralbecken entwässert.[6]
Von drei Seiten schließen sich an das Becken Gebirge und Hochebenen an. Südwestlich des Tonle Sap finden sich die Kardamom- und die Elefantenberge, auf die eine schmale Küstenebene folgt. An der nördlichen Grenze zu Thailand findet sich das Dongrek-Gebirge. Die hauptsächlich in Laos und Vietnam verlaufende Annamitische Kordillere reicht mit ihren Ausläufern bis nach Nordostkambodscha.[6]
Gewässer
In der Mitte des Kambodschanischen Beckens befindet sich der Tonle Sap, der durch den Tonle-Sap-Fluss mit dem Mekong verbunden ist. Während der Regenzeit von Juli bis Oktober führt der Mekong so viel Hochwasser, dass das Wasser entgegen seiner Fließrichtung den Tonle-Sap-Fluss hinaufgedrückt wird und den See speist, der dadurch von 2.500 km² auf bis zu 20.000 km² anschwillt.[6][7] Dadurch wird er zum größten See Südostasiens. Der Mekong, der größte Fluss Südostasiens, durchfließt Kambodscha in Nord-Süd-Richtung auf 500 Kilometern. Dabei ist er meistens über 1,6 Kilometer breit.[6] In Kambodscha spaltet sich der Bassac vom Mekong ab.[8]
Weitere Flüsse sind der Sreng und der Sangke (Sangker), die in den westlichen Grenzgebirgen entspringen und auf dem Weg zum Nordende des Tonle Sap zusammenfließen. Der Pursat mündet am südlichen Ufer in den See, der Sen und der Chinit in den Tonle-Sap-Fluss. Vom östlichen Hochland wird der Mekong durch den Kong (Sekong), den San und den Srepok gespeist.[9]
Gebirge
Das Kardamomgebirge verläuft in ostwestlicher Richtung. Im östlichen Teil befindet sich mit dem Phnom Aural (1813 m) der höchste Berg des Landes. Das zweite südliche Gebirge, das Elefantengebirge, schließt im Südosten des Kardamomgebirges an und verläuft von dort aus nach Süden bis ans Ufer des Golfs von Thailand. Es erreicht seine höchste Erhebung mit dem Phnom Popok (1079 m).
Das nördliche Massiv Chuǒr Phnom Dângrêk setzt sich aus Sandstein zusammen, fällt nach Süden hin steil ab und wird nicht höher als 756 m. Das östliche Chlong-Plateau (bis 942 m) und ein bis auf 1500 m ansteigender Streifen Bergland im Nordosten bilden die Ausläufer der Annamitischen Kordillere.[6] Dort leben noch immer kaum bekannte Bergvölker.[5]
Inseln
Zu Kambodscha gehören 64 Inseln.[8] Die größte ist Kaôh Kŏng nahe der thailändischen Grenze, gefolgt von Koh Rong vor der Küste Sihanoukvilles, die unter anderem mit Koh Rong Sanloem ein Archipel bildet. Weitere größere Inseln sind Koh Thmei an der Grenze zu Vietnam sowie Koh Samit, Koh Tang und Koh Tonsay.
Klima
Allgemein herrschen im Monsunklima in Kambodscha gleichmäßig hohe Temperaturen. Im Dezember sinken sie auf einen Tiefstand von 26 °C und erreichen im April ihr Maximum mit 30 °C. Die Niederschläge werden von den Monsunen bestimmt; von Mai bis September/Oktober weht der feuchte Südwestmonsun und bringt Regen, im restlichen Jahr bringen Nordostwinde trockene Kontinentalluft. Die geringsten Niederschläge werden am Tonle Sap mit durchschnittlich 1.000 mm im Jahr gemessen; im übrigen Tiefland betragen sie 1.300–2.000 mm jährlich. An den Westhängen der Gebirge steigen die Regenmengen auf 4.000 mm und mehr an, die Höchstwerte werden im Elefantengebirge mit 5.300 mm erreicht.[6]
Flora und Fauna
Je nach Quelle sind zwischen 30[8] und 76 %[6][9] Kambodschas bewaldet. In Höhen über 700 m mit feuchtkühlem Klima wächst ein immergrüner Bergwald, dessen Bäume bis zu 20 Meter Höhe erreichen. Die Vegetation der niederschlagsreichen Westhänge der Gebirge ist durch tropischen Regenwald geprägt, der 40 bis 50 Meter hoch wird. Im Unterholz finden sich niedrigere Pflanzen wie kleinere Bäume, Büsche oder Palmen. Das Tiefland ist, wenn es nicht landwirtschaftlich genutzt wird, durch Monsun- und Trockenwälder bedeckt, die in der Trockenzeit ihr Laub verlieren. In Regionen, in denen Überschwemmungswald und sumpfige Savannen dominieren, sind die Böden nährstoffarm und trocken. An der Küste finden sich Mangrovenwälder. Verbreitet sind auch noch rar gewordene Baumarten wie der Schwarzholzbaum, der Ebenholzbaum und der Rosenholzbaum (Dalbergia cochinchinensis).[5]
Die Fauna Kambodschas ist artenreich, insgesamt leben in Kambodscha 630 geschützte Arten. Besonders die nordöstlichen Provinzen sollen noch immer große Wildpopulationen aufweisen.[8] In den bevölkerungsarmen Wald- und Gebirgsgebieten leben beispielsweise Indische Elefanten, Tiger, Leoparden, Flughunde sowie diverse Bärenarten. Auch gibt es hier viele Schlangen wie die Königskobra und die hochgiftige Krait. Möglicherweise bereits ausgestorben ist der erst 1937 entdeckte Kouprey, eine Art Wildrind.[6]
Der Tonle Sap ist reich an Wasservögeln und Wassertieren, darunter mehr als 850 Fischarten.[5] Im unteren Abschnitt des Mekong befinden sich die letzten Rückzugsgebiete des Irawadidelfins.[8] Außerdem entdeckte man hier im Mai 2007 erwachsene Tiere sowie Jungtiere und Gelege der bereits ausgestorben geglaubten Cantors Riesen-Weichschildkröte wieder.[10]
Durch einen königlichen Erlass wurden 2005 der Kouprey (Bos sauveli), der Riesenibis (Pseudibis gigantea), die Nördliche Batagur-Schildkröte (Batagur baska), die Riesenbarbe (Catlocarpio siamensis), die Palmyrapalme (Borassus flabellifer), die Rumdrul-Blume (Mitrella mesnyi) und die Bananenart Musa aromatica zu Nationalsymbolen erklärt und unter besonderen Schutz gestellt.[11]
Umwelt
Probleme
Das größte Umweltproblem Kambodschas ist seit den 1980er Jahren der Holzeinschlag. 1995 erließ die Regierung Hun Sen ein neues Umweltgesetz, das als ein erster Schritt zur nachhaltigeren Nutzung von Kambodschas Wäldern und anderen Ressourcen betrachtet wurde; Ende 1996 wurde der Export von ganzen Stämmen verboten. Die Regierung vergab aber weiterhin ausgiebig Konzessionen; auf dem Höhepunkt Ende 1997 waren 35 % des gesamten kambodschanischen Staatsgebietes zur Abholzung freigegeben, was fast dem gesamten Waldgebiet außerhalb der Schutzgebiete entsprach. Laut einem Weltbank-Bericht von 1998 ging die Bewaldung Kambodschas in den Jahren von 1969 bis 1997 von 73 auf 58 % zurück.
Von den im Jahr 2011 noch vorhandenen Waldgebieten wurden wiederum bis 2022 mehr als 60 % gerodet.[12]
Seit Ende der 1990er Jahre wurden ausländische Geldgeber vermehrt auf das Problem aufmerksam und übten Druck auf die kambodschanische Regierung aus. Aus diesem Grund wird seit 1999 härter gegen illegale Holzfäller vorgegangen: seit Januar 2002 wurden alle vergebenen Konzessionen für den Holzeinschlag eingefroren. Diese Maßnahme wird umgangen, indem einerseits der illegale Holzschlag in geringem Maße weiterging und andererseits Konzessionen für Cash-Crop-Plantagen beantragt werden, die ungenutzt bleiben und nur als Vorwand für einen Kahlschlag gebraucht werden. Korruption und Selbstbereicherung einflussreicher Beamter oder von Mitgliedern der Militärführung sind Teil des Problems. Manche Organisationen agieren auch aus den Nachbarländern heraus. Aus den Provinzen Oddar Meanchey, Battambang, Pursat und Koh Kong wird das geschlagene Holz über die Grenze nach Thailand geschleust, aus Ratanakiri und Mondulkiri nach Vietnam. Auch kommt es vor, dass Kritiker eingeschüchtert und Forstaufseher ermordet werden.
Folge des extensiven Holzschlages ist Erosion, so bei den Mangrovenwäldern an der Küste, die der Holzkohlegewinnung und Garnelenfarmen zum Opfer fallen. Durch den eingeschwemmten Boden versanden Binnengewässer. Besonders betroffen ist der Tonle Sap, dessen durchschnittliche Tiefe während der Trockenzeit bereits von 50 cm 1960 auf 30 cm im Jahr 1993 zurückgegangen ist, während sich die jährliche Ablagerung in der gleichen Zeit verdoppelt hat. Auch der Mekong transportiert große Mengen an Sediment, das er vor allem bei Monsunregenfällen aus den entwaldeten Gebieten mitnimmt. Dammprojekte an den chinesischen Zuflüssen des Mekong gefährden zudem den Fischreichtum und beeinträchtigen die erneute Ablagerung von fruchtbarer Erde an den Ufern. Betroffen sind auch jene Einwohner, die ihren Lebensunterhalt aus dem Wald bestreiten, zum Beispiel mit dem Sammeln von Baumharz.
Hielt sich Umweltverschmutzung bis in das 2000er Jahrzehnt in Grenzen, nahm die Fluss- und Seewasserqualität, insbesondere bei der Hauptstadt Phnom Penh im Folgejahrzehnt ab. Die Stadt ist ebenfalls von Luftverschmutzung betroffen. Der Tourismus bereitet insofern Probleme, als es eine ungenügende Entsorgung von Plastikabfällen sowie Flaschen im ganzen Land gibt.[12][5][8][13]
Ab Mitte des 2000er Jahrzehnts wurden bis zum Jahr 2022 insgesamt 15 von 25 Seen rund um die Hauptstadt Phnom Penh zugeschüttet bzw. trockengelegt; große Teile ehemaliger Nassflächen sind zu Bauwüsten geworden. Dadurch fehlen der Stadt natürliche Rückhaltebecken und Speicher für Wassermassen in der Regenzeit. Laut der Naturschutzorganisation Mother Nature sei eine Folge, dass Überschwemmungen dadurch gravierendere Auswirkungen haben.[12][14]
Naturschutzgebiete
Kambodscha war das erste Land Südostasiens, in dem ein Naturschutzgebiet eingerichtet wurde. 1925 wurde das Land um die Tempelanlage von Angkor zum Nationalpark erklärt. 1969 gab es sechs Rückzugsgebiete für Wildtiere, vor allem große Säuger. Sie nahmen insgesamt 2,2 Millionen Hektar oder 12 % der Landesfläche ein. Das während der Bürgerkriegszeit verfallene System wurde 1993 durch ein königliches Dekret erneuert, das zur Schaffung von 23 Schutzgebieten führte, die jetzt mit 3.402.203 Hektar über 21 % der Gesamtfläche Kambodschas einnehmen.[8] Allerdings befanden sie sich zu großen Teilen in von den Roten Khmer kontrolliertem Gebiet und waren deshalb weder kontrollierbar noch finanzierbar. Seit 1993 kamen noch einige geschützte Wälder hinzu, so dass heute 43.000 km² oder 25 % des Landes unter Schutz stehen.[15] Noch heute, nach dem Ende der Roten Khmer, gibt es in vielen Schutzgebieten Zugangsprobleme. Gefährdet sind sie durch die Erschließung von Siedlungsräumen, illegale Abholzung und die Nachfrage nach Tierorganen für die traditionelle Medizin. Außerdem fehlen die Ressourcen und teilweise auch der Wille zu einem effektiven Schutz.[5][13]
Städte
Im Jahr 2021 lebten 25 Prozent der Einwohner Kambodschas in Städten.[16] Die größten Städte Kambodschas sind:[17]
Stadt | Einwohner (Urban) | Einwohner (Rural) | Einwohner (Total) | Stand |
---|---|---|---|---|
Phnom Penh | 1.501.725 | 2010[18][19] | ||
Sihanoukville | 89.846 | 110.056 | 199.902 | 2008[20] |
Battambang | 180.318 | 844.345 | 1.024.663 | 2008[20] |
Siem Reap | 172.843 | 723.466 | 896.309 | 2008[20] |
Kampong Chhnang | 42.809 | 428.807 | 471.616 | 2008[20] |
Kampong Cham | 118.154 | 1.562.540 | 1.680.694 | 2008[20] |
Pursat | 25.583 | 371.524 | 397.107 | 2008[20] |
Demografie
Kambodscha hatte 2020 16,7 Millionen Einwohner. Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug + 1,4 %. Zum Bevölkerungswachstum trug ein Geburtenüberschuss (Geburtenziffer: 19,8 pro 1000 Einwohner[21] vs. Sterbeziffer: 6,2 pro 1000 Einwohner[22]) bei. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2020 statistisch bei 2,4, die der Region Ostasien und Ozeanien betrug 1,6.[23] Der Median des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2020 bei 25,6 Jahren.[24] Die Lebenserwartung der Einwohner Kambodschas ab der Geburt lag 2020 bei 70,1 Jahren[25] (Frauen: 72,2[26], Männer: 67,7[27]).
Jahr | Einwohnerzahl | Jahr | Einwohnerzahl |
---|---|---|---|
1950 | 4.433.000 | 1985 | 07.713.000 |
1955 | 5.045.000 | 1990 | 08.973.000 |
1960 | 5.722.000 | 1995 | 10.654.000 |
1965 | 6.467.000 | 2000 | 12.152.000 |
1970 | 6.995.000 | 2005 | 13.270.000 |
1975 | 7.523.000 | 2010 | 14.309.000 |
1980 | 6.692.000 | 2020[29] | 16.719.000 |
Bevölkerungsstruktur
Die Bevölkerung Kambodschas lebt zu 70 % in der Zentralebene, die Gebirgsregionen sind nur vereinzelt besiedelt. In den Städten leben heute nur etwa 25 % der Einwohner,[16] was teilweise auch auf die Politik der Roten Khmer zurückzuführen ist, die die Städte evakuierten. So lebten 1978 nur noch 20.000 Menschen in Phnom Penh, nachdem es 1974 noch 2,5 Millionen gewesen waren.[6]
Die Hauptbevölkerungsgruppe Kambodschas sind die Khmer, die offiziell 85–90 % der Gesamtbevölkerung stellen. Damit ist Kambodscha das ethnisch homogenste Land Südostasiens. Größte Minderheiten sind die Vietnamesen (5 %), die Cham (bis 3 %) und die Chinesen (etwa 1 %). Kleinere Minderheiten gibt es von Thais, Laoten sowie einer Reihe von Bergvölkern, die früher Moi genannt wurden und heute unter dem Namen Khmer Loeu („Hochland-Khmer“) zusammengefasst werden.[30] Die offiziellen von der Regierung veröffentlichten Zahlen über den Anteil der Minderheiten an der Bevölkerung werden als etwas zu niedrig eingeschätzt.[31]
Die Khmer leben seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. in ihren heutigen Siedlungsgebieten; woher sie kamen, ist nicht vollständig geklärt. Vietnamesen leben bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts als Reisbauern in Kambodscha, weitere kamen im 19. und frühen 20. Jahrhundert ins Land, da die französischen Kolonialherren Ämter bevorzugt an sie vergaben. Während der vietnamesischen Besatzung nach dem Sturz Pol Pots von 1979 bis 1989 folgte eine zweite Einwanderungswelle. Aus historischen Gründen gibt es noch immer Konflikte zwischen Vietnamesen und Khmer, die ihre Höhepunkte immer wieder in Pogromen erreichten, zuletzt in den 1990er Jahren; auch in der Politik gelten antivietnamesische Parolen als normal, beispielsweise von Seiten der Sam-Rainsy-Partei oder der FUNCINPEC.[32] Heute leben viele Vietnamesen als Fischer in schwimmenden Dörfern auf dem Tonle Sap.
Chinesen leben seit der frühen Neuzeit vor allem in den Städten, wo sie als Händler und Handwerker tätig sind. Bis 1975 kontrollierten sie die Wirtschaft und das Verkehrswesen des Landes, unter der Herrschaft der Roten Khmer aber wurden viele von ihnen, genau wie Angehörige anderer Ethnien, getötet oder sie flohen. Seit Anfang der 1990er Jahre kehren sie langsam wieder zurück und sind mittlerweile, dank chinesischem Investment aus anderen Ländern, wieder eine wichtige ökonomische Kraft.[31]
Die muslimischen Cham sind ein malaiisches Volk. Sie leben vor allem an den Küstengebieten und dem Unterlauf des Mekong, seit ihr Reich 1471 von Vietnam zerstört und annektiert wurde und viele von ihnen flohen. Ihr spirituelles Zentrum befindet sich in Chur-Changvra bei Phnom Penh. Die Cham sind traditionell Viehhändler, Seidenweber und Schlachter, da letzteres den buddhistischen Khmer traditionell nicht gestattet ist.
Die Bergvölker, die heute unter dem Namen Khmer Loeu (Hochland-Khmer) geführt werden, sind austroasiatisch- und malayo-polynesisch-sprachige Völker (u. a. Bunong, Kuy, Jarai), die in den bergigen Grenzgebieten zu Thailand und auch Vietnam leben.[6] Die 21 Stämme leben traditionell als Halbnomaden, bauen Reis und Gemüse an, betreiben Brandrodung, halten Kühe, Hühner und Schweine als Nutztiere und sind animistischen Glaubens. Diese traditionelle Lebensweise wird immer mehr durch Sesshaftigkeit und Gebräuche der Khmer ersetzt. Im Gebiet um Battambang leben kleine Minderheiten der Shan, Thai und Lao. Sie sind Nachfahren von Bergleuten und Juwelieren, die zur Kolonialzeit in den Rubinminen von Pailin angestellt waren.[5][8]
Mit nur 0,5 % ist der Ausländeranteil im Land sehr gering.[33][34]
Sprachen
Die Amtssprache Kambodschas ist Khmer, eine austroasiatische Sprache, die von 95 % der Einwohner des Landes gesprochen wird.[35] Weitere Sprachen sind Vietnamesisch, Chinesisch, Cham sowie verschiedene andere Minderheitensprachen: Brao, Chong, Jarai, Kaco, Kraol, Kravet, Kr'ung, Lamam, Mnong, Pear, Samre, Sa'och, Somray, Stieng, Suoy und Tampuan.[36]
Französisch war wegen der französischen Kolonialvergangenheit über ein Jahrhundert lang die beliebteste Fremdsprache und wurde bis 1975 auch in gebildeten Kreisen gesprochen, heute wird es auch aufgrund des vermehrten Tourismus aus englischsprachigen Ländern zunehmend durch Englisch abgelöst.[31] Seit 1990, als das Lehren der englischen Sprache wieder legalisiert wurde, hat es dem Französischen an Beliebtheit deutlich den Rang abgelaufen. Zwischen Anhängern der beiden Sprachen entwickelten sich dadurch Spannungen, da die Franzosen weiterhin versuchen, ihre Kultur und Sprache in Kambodscha zu verbreiten, sowohl um das kulturelle Erbe zu bewahren, als auch um den Einflussverlust gering zu halten. Diese Bemühungen werden auch von der französischen Regierung finanziell unterstützt; obwohl sie einer der größten ausländischen Geldgeber ist, blieb der Erfolg gering: So verbrannten Studenten der Technischen Universität Phnom Penh 1995 aus Protest gegen die Unterrichtssprache ihre französischen Lehrbücher.[5][8]
Religionen
In Kambodscha sind rund 96,3 % der Bevölkerung Anhänger des Theravada-Buddhismus, der außer in Kambodscha auch in Thailand, Laos und Myanmar sowie Sri Lanka verbreitet ist. Weitere vertretene Glaubensrichtungen sind der Islam mit etwa 1,9 %[35] (vor allem Sunniten bei den Cham) und das Christentum mit 0,4 bis einem Prozent, wovon die Neuapostolische Kirche die größte vertretene Konfession ist.[37] Die katholische Kirche Kambodschas ist vor allem bei der Minderheit der Vietnamesen verbreitet.[9] Bei manchen Bergvölkern haben sich auch ethnische Religionen gehalten,[6] die Chinesen sind hauptsächlich Konfuzianer, Taoisten oder Mahayana-Buddhisten.
Der Theravada-Buddhismus, der ab dem 14. Jahrhundert den Hinduismus und den Mahayana-Buddhismus verdrängte, war bis 1975 und wieder ab den späten 1980er Jahren Staatsreligion. Heute ist er gesetzlich in der Verfassung verankert. Unter den Roten Khmer wurden etwa 25.000 buddhistische Mönche getötet.[38] Ein Teil der Mönche wurde dazu gezwungen, die Robe abzulegen.[39] Fast alle Wats und Moscheen wurden zerstört. In den 1990er Jahren wurden die meisten Glaubensstätten wieder aufgebaut – heute gibt es wieder 59.500 Mönche und 3.980 Wats. In Phnom Penh wurde mit saudi-arabischem Geld eine internationale Moschee gebaut.[8]
Frühe Staaten und Khmer-Reich
Der Unterlauf des Mekong war bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. von Khmer, Cham und Funanesen besiedelt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. entstanden in Indochina die Reiche Funan und Chenla, wobei letzteres ein Vasallenstaat Funans war. Im 6. Jahrhundert übernahm Chenla das hinduistisch geprägte Funan, und es entstand ein Großreich, das 250 Jahre lang die wichtigste Macht in der Region war und nach Unruhen wieder in zwei Teile zerfiel.[6] Im 9. Jahrhundert entstand ein neues Khmer-Reich, dessen Hauptstadt seit 889 Angkor war und das seinen Machthöhepunkt im 12. Jahrhundert erreichte: Es beherrschte Südostasien von Malakka bis zum Isthmus von Kra sowie Laos und Teile Vietnams. In diese Zeit fällt auch die kulturelle Blüte; der damals errichtete Tempelkomplex Angkor Wat steht noch heute. Um 1200 hatte Angkor etwa eine Million Einwohner und war damit wohl die damals größte Stadt der Welt.[6]
Jayavarman VII. war der erste König, der den hinduistisch orientierten Linga-Kult durch den bereits im 9. Jahrhundert durch das Reich Srivijaya nach Kambodscha gekommenen Buddhismus ersetzte. Dadurch verloren die Könige ihren gottgleichen Status, was zu einer innenpolitischen Schwächung führte. Im 13. Jahrhundert entstand im Westen das Sukhothai-Reich, das sich zu einem starken regionalen Konkurrenten entwickelte. Dessen Nachfolgereich Ayutthaya eroberte 1353 Angkor. Die Thai-Besatzer zogen sich zwar bald wieder zurück, doch Kriege mit Cham und Shan verhinderten eine Stabilisierung des Angkor-Reichs. 1431 wurde Angkor erneut erobert, woraufhin die Hauptstadt nach Phnom Penh verlegt wurde. In den Jahrhunderten darauf herrschte ständig Krieg mit Thai und Vietnamesen; die einzige Ausnahme war das 16. Jahrhundert, als der Druck von Westen durch ein Erstarken Burmas gemildert wurde und das Khmer-Reich eine Spätblüte erlebte. Im 17. und 18. Jahrhundert eroberte Vietnam große Teile des Mekongdeltas, während Thailand die Nordgebiete des Reichs besetzte.[40]
Französische Kolonialherrschaft und Vietnamkrieg
Um eine völlige Übernahme des Reichs durch Thailand und Vietnam zu verhindern, wandte sich Kambodscha an Frankreich, das 1859 das südliche Vietnam eingenommen hatte. 1863 wurde das Land unter König Norodom I. zum Protektorat Frankreichs, 1887 ging es gemeinsam mit Vietnam und später auch Laos in der Indochinesischen Union auf. Ab 1884 war Kambodscha praktisch eine Kolonie Frankreichs, wenngleich die Monarchie bestehen blieb. Unter französischer Führung wurden Naturkautschukplantagen angelegt und Eisenbahnen gebaut, abgesehen davon unternahm Frankreich kaum Anstrengungen, das Land zu modernisieren. Im Jahre 1884 wurde die Sklaverei abgeschafft, im Jahre 1913 ein Konsultativrat geschaffen, der den König kontrollieren sollte. Gemeindeverwaltungen, die die Gemeinden im Auftrag der Kolonialmacht leiten sollten, wurden gegründet. Die an Einheimische zu vergebenden Posten wurden zumeist mit Vietnamesen besetzt.[41] Da die Franzosen aber auch hohe Abgaben verlangten und einen nicht entlohnten Arbeitsdienst einführten, bildeten sich Widerstandsbewegungen wie etwa die Khmer Issarak (Freie Khmer).
Während des Zweiten Weltkriegs musste Frankreich dem Japanischen Kaiserreich erlauben, in Kambodscha Truppen zu stationieren. Der 1941 von den Franzosen eingesetzte König Norodom Sihanouk folgte den panasiatischen Aufrufen Japans, kündigte am 12. März 1945 noch unter dem Schutz japanischer Truppen einseitig alle Verträge mit Frankreich und erklärte die Unabhängigkeit. Dies musste nach der Kapitulation Japans zurückgenommen werden.[41] Die Khmer Issarak verbündeten sich mit den vietnamesischen Vietminh und führten gemeinsam mit ihnen einen Guerillakrieg gegen die Franzosen. Kambodscha bekam im Jahre 1947 eine Verfassung und im Jahre 1949 die Unabhängigkeit im Rahmen der französischen Union. Im Jahre 1953 erhielt es seine vollständige staatliche Souveränität.[41]
In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit regierte Sihanouk das Land als Autokrat. Sowohl die bürgerliche als auch die kommunistische Opposition wurden unterdrückt. Wenngleich er im Vietnamkrieg um Neutralität bemüht war, tolerierte er die Aktivitäten Südvietnams und der Vietminh im Osten des Landes. Im Jahre 1970 stürzten kambodschanische Offiziere unter General Lon Nol mit amerikanischer Hilfe die Regierung und gründeten die Republik Khmer. Die Regierungszeit von Lon Nol war chaotisch: Sihanouk verbündete sich mit den Kommunisten und bekämpfte die Lon-Nol-Regierung im Kambodschanischen Bürgerkrieg. Sihanouk schuf dafür eine Exilregierung in Peking. Im Laufe der Zeit verlor die Regierung die Kontrolle über große Teile des Landes. Am 17. April 1975 eroberten die kommunistischen Truppen, die sich mittlerweile als Rote Khmer bezeichneten, die Hauptstadt Phnom Penh, während parallel dazu die Việt cộng die südvietnamesische Hauptstadt Saigon einnahmen.[42] Neuer Staatschef wurde Khieu Samphan, neuer Ministerpräsident Pol Pot.
Rote Khmer bis Friedensabkommen von Paris
Die Roten Khmer errichteten ein extrem repressives Regime mit dem Ziel, eine egalitäre Gesellschaft nach maoistischem Muster zu schaffen. Es kam zu Zwangsumsiedelungen von der Stadt auf das Land, zu Zwangsarbeit, Kollektivierung und Massentötungen. Gewalt richtete sich gegen Beamte und Repräsentanten der vorhergegangenen Regierungen, gegen Intellektuelle und Lehrer und Menschen, die man für solche hielt, und gegen ethnische Minderheiten. Mehrere politische Säuberungswellen richteten sich auch gegen das Regime selbst. Dies und die starke Misswirtschaft führten zu einem schnellen Zerfall des Regimes.[42] Die Zahlen über die Opfer des Regimes der Roten Khmer variieren je nach Quelle und reichen von 740.800 Opfern[43] bis zu 2,2 Millionen Getöteten.[44] Das Rote-Khmer-Tribunal nennt eine Zahl von 1,7 bis 2,2 Mio. Opfern.[45]
Die Gewalt der fremdenfeindlichen Roten Khmer richtete sich insbesondere gegen die ethnischen Vietnamesen in Kambodscha und in zunehmendem Maße gegen den Nachbarstaat Vietnam. Dies führte zum Einmarsch der vietnamesischen Armee im Dezember 1978 und zum Sturz des Regimes der Roten Khmer wenige Wochen später. Damit begann die Herrschaft der sozialistischen Kampucheanischen Revolutionären Volkspartei, die sich auf die Unterstützung des vietnamesischen Militärs und auf sowjetische Wirtschafts- und Finanzhilfe stützte. Im Jahre 1985 übernahm Hun Sen das Amt des Premierministers. Die Roten Khmer hatten sich nach Nordwestkambodscha zurückgezogen, von wo aus sie die Regierung der Volkspartei bekämpften und mit Royalisten und bürgerlichen Gruppierungen eine Exilregierung namens Koalitionsregierung des Demokratischen Kampuchea bildeten. Diese Exilregierung wurde von der Volksrepublik China, den USA, Thailand und Teilen der ASEAN-Staaten unterstützt. Das Ende des Kalten Krieges eröffnete die Möglichkeit zur Lösung dieses Konfliktes. Die Regierung Indonesiens vermittelte Gespräche zwischen den beiden Kriegsparteien, die im Jahre 1991 im Pariser Friedensvertrag und einer politischen Neuordnung mit Hilfe der Vereinten Nationen mündeten.[42]
Heutiges Kambodscha
Der am 23. Oktober 1991 geschlossene Friedensvertrag sah vor, dass eine Übergangsregierung unter Führung der UNO (UNTAC) während eines Zeitraumes von 18 Monaten einen Waffenstillstand durchsetzen und die Sicherheit garantieren sollte, dass Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung durchgeführt und alle Kriegsparteien ihre Truppen demobilisieren würden. Auf kambodschanischer Seite wurde ein Oberster Nationalrat gegründet, dem alle maßgeblichen Parteien angehörten und der die Direktiven der UNTAC umzusetzen hatte. Die UNTAC konnte die von der Kambodschanischen Volkspartei dominierten Behörden jedoch nur teilweise unter eine neutrale Aufsicht stellen. Bereits 1992 zogen sich die Roten Khmer aus dem Friedensprozess zurück und es wurde nur ein Viertel der Soldaten demobilisiert. Aus den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung im Jahre 1993 ging die Volkspartei als Verlierer hervor. Hun Sen kündigte an, das Ergebnis nicht anzuerkennen und drohte mit Krieg. Einige von der Volkspartei kontrollierte Provinzen erklärten sich von Kambodscha unabhängig. Vor diesem Hintergrund wurde eine Große Koalition der royalistischen FUNCINPEC unter Sihanouks Sohn Norodom Ranariddh mit Hun Sens Volkspartei ausverhandelt. Die verfassungsgebende Versammlung verabschiedete eine Verfassung, die Kambodscha als parlamentarische Monarchie und demokratischen Verfassungsstaat definierte. Norodom Sihanouk wurde König, die UNO-Mission endete.[46]
Die Roten Khmer, die den Vertrag mitunterzeichnet hatten, boykottierten die Wahlen in den von ihnen besetzten Nordprovinzen und ließen sich nicht entwaffnen. Die UN reagierten 1992 mit Wirtschaftssanktionen, die vor allem den Verkauf von Tropenholz und Erdöl betrafen, wobei Ersteres eine wichtige Einnahmequelle der Roten Khmer darstellte. Außerdem wurde die Beschlagnahmung von Auslandsvermögen angedroht. Die Roten Khmer antworteten mit der Entführung von UN-Truppenangehörigen und setzten ihren Guerillakampf fort. Tausende flohen aus Angst vor neuen Massenmorden. Nach einer letzten Verschärfung der Kämpfe begann die Gruppe ab 1996 auseinanderzubrechen. Ieng Sary, der Statthalter von Pailin, lief zur Regierung über. Im selben Jahr wurde Pol Pot durch die Gruppe in einem Schauprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Durch die sich zurückziehenden Roten Khmer inzwischen als Verräter angesehen, starb er als ihr Gefangener im April 1998 im Hausarrest unter nicht vollständig geklärten Umständen.[47] Ende 1998 ergaben sich die letzten Einheiten der Roten Khmer im kambodschanisch-thailändischen Grenzgebiet.
Ende der 1990er Jahre wuchsen die Spannungen zwischen den beiden Ministerpräsidenten; der Kompromiss, der zur Machtteilung gefunden worden war, erwies sich als zu schwach. Es kam im Jahre 1997 zu offenen kriegerischen Auseinandersetzungen, aus denen Hun Sen als Sieger hervorging. Damit begann die Errichtung eines Regimes, in dem Hun Sens Volkspartei autoritär regiert und den politischen Wettbewerb so zu ihren Gunsten manipuliert, dass sie die Kontrolle über Parlament und Kommunalräte behält. Das Regime erkauft sich die Gefolgschaft der Beamtenschaft, des Militärs, von Unternehmern und auch von Oppositionspolitikern durch die Vergabe von Posten, die der persönlichen Bereicherung dienen können. Gegen die Zivilgesellschaft, Journalisten und kritische Oppositionspolitiker wird mit Repression vorgegangen, gleichzeitig stellt sich die Volkspartei – vor allem gegenüber Gebern von Entwicklungshilfe – als jene Kraft dar, die als einzige in der Lage ist, Kambodscha wirtschaftlich und sozial voranzubringen und den Frieden sicherzustellen.[48]