1. Januar: Die Großdeutsche Volksgemeinschaft wird als Ersatzorganisation für die nach dem Fehlschlag des Hitlerputsches in München verbotene NSDAP gegründet.
9. Januar: Ein rechtsextremer Trupp unter dem Kommando Edgar Jungs ermordet mit Billigung der bayerischen Regierung in Speyer den Pfälzischen Separatisten Heinz Orbis. Bei diesem Anschlag werden außer Heinz auch der Trierer Separatist Nikolaus Fußhöller und ein Unbeteiligter, der Würzburger Matthias Sand, erschossen, Während die Attentäter fliehen, kommt es zu einem Schusswechsel mit Anhängern von Heinz. Dabei werden zwei der Attentäter, Franz Hellinger und Ferdinand Wiesmann, tödlich verletzt. Die Ermordung von Heinz wurde in der Propaganda der politischen Rechten in den nachfolgenden Jahren zu einer heroischen vaterländischen Tat verklärt. Der Bischof von Speyer, Ludwig Sebastian, verweigert Heinz Orbis am 14. Januar bei seinem Begräbnis eine katholische Trauerfeier, weil Heinz als „Revolutionär gegen die gottgegebene Ordnung“ aufgetreten sei.
12. Februar: Mit dem Sturm auf das Bezirksamt in Pirmasens endet die separatistische Episode in der Pfalz. Das Gebäude wird zuerst in Brand gesteckt und dann erstürmt. Dabei werden alle dort noch verschanzten Separatisten gelyncht. Es kommen insgesamt 23 Menschen auf beiden Seiten zu Tode, es gibt viele Verletzte
26. Februar: Der Hitler-Prozess wegen des gescheiterten Putschversuchs vom 9. November 1923 beginnt im Hauptlesesaal der Zentralen Infanterieschule mit 368 Zeugen, Korrespondenten aus aller Welt und Hunderten von Zuschauern mit reservierten Sitzen. Zwei Bataillone der Landespolizei riegeln mit Stacheldraht und Spanischen Reitern die Mars- und Blutenburgstraße ab. Die zehn von Staatsanwalt Ludwig Stenglein Angeklagten sind Adolf Hitler, Erich Ludendorff, Heinz Pernet, Friedrich Weber, Hermann Kriebel, Ernst Röhm, Ernst Pöhner, Wilhelm Frick, Wilhelm Brückner und Robert Wagner. Rudolf Heß ist zunächst untergetaucht und stellt sich später dem Gericht, Hermann Göring hat sich ins Ausland abgesetzt. Die Prozessführung durch den Vorsitzenden Richter Georg Neithardt, der den Angeklagten größtes Wohlwollen entgegenbringt, wird bereits von Zeitgenossen als Justizskandal gewertet. Hitler wird in dem Verfahren erlaubt, sich als selbstloser, von edelsten patriotischen Zielen motivierter Politiker zu stilisieren. Dies steigert auch außerhalb Bayerns seine Popularität in antidemokratischen, republikfeindlichen Kreisen und trägt wesentlich dazu bei, dass er sich später als unumstrittener Anführer der Völkischen Bewegung durchsetzen kann. 25 Tage nehmen Zeugenaussagen und Diskussionen in Anspruch, von denen die Öffentlichkeit und die Presse großenteils „aus Gründen der Sicherheit“ ausgeschlossen sind. Am 27. März dürfen die Angeklagten abschließende Erklärungen abgeben.
1. April: Das Urteil im Hitler-Prozess wird verkündet. Mit Ausnahme von Ludendorff werden alle Angeklagten für schuldig befunden. Hitler, Weber, Kriebel und Pöhner werden zur Mindeststrafe von fünf Jahren Festungshaft nebst Geldbuße von 200 Goldmark verurteilt. Nach sechs Monaten könne die Strafe wegen guter Führung in Bewährungsfrist umgewandelt werden. Die obligatorische Ausweisung Hitlers nach §9 Absatz 2 des Republikschutzgesetzes wird unter Verweis darauf, dass Hitler sich als Deutscher betrachte und viereinhalb Jahre im deutschen Heer Kriegsdienst geleistet und sich durch Tapferkeit ausgezeichnet habe, nicht angewandt.
11. Mai: Beim vom Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten dominierten „Deutschen Tag“ in Halle kommt es bei einer von der KPD initiierten Gegendemonstration zu einer Schießerei mit der Polizei, wobei mindesten eine Person ums Leben kommt.
16. August: Auf der Londoner Konferenz werden die unter dem Vorsitz des amerikanischen Finanzexperten Charles G. Dawes ausgearbeiteten Verträge für den Dawes-Plan zur Zahlung der Reparationen durch Deutschland unterschrieben. Diese sollen sich jetzt an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Weimarer Republik orientieren. Zugleich wird eine internationale Anleihe aufgelegt, auf deren Basisdeckung Kredite an die deutsche Wirtschaft vergeben werden können. Die Verträge treten am 1. September in Kraft. Der Dawes-Plan wird vor allem durch Druck aus Amerika und die Politik von Gustav Stresemann möglich und erlaubt es der deutschen Wirtschaft, sich zu erholen. Damit ist Deutschland bis auf weiteres in der Lage, die Reparationen zu zahlen; die Siegermächte wiederum können ihre Kriegskredite an die USA zurückzahlen. Der Dawes-Plan ist einer der ersten außenpolitischen Erfolge Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg und bedeutet die außenpolitische Rückkehr der USA nach Europa.
10./11. Oktober: In Bruchsal findet ein weiterer – von einer Ersatzorganisation der verbotenen NSdAP organisierter – Deutscher Tag statt. Unter den teilnehmenden Gruppen sind verschiedene völkische Organisationen, der Bund Wiking, der Wehrwolf, der Frontkriegerbund sowie der Jugendbund der Mannheimer DNVP. Zu den rund 2000 Teilnehmern zählen die späteren NSDAP-Funktionäre Robert Wagner, Walter Köhler und Franz Moraller.
Im Herbst überlegt die bayerische Fremdenpolizei, Hitler aus Bayern nach Österreich abzuschieben, falls er vorzeitig aus der Haft entlassen würde. Der österreichische Bundeskanzler Ignaz Seipel will den Putschisten und Unruhestifter nicht wieder in Österreich haben und teilt Bayern mit, Hitler sei durch den Dienst im deutschen Heer Deutscher geworden. Bayern weist zwar nach, dass Österreich in anderen Fällen die österreichische Staatsbürgerschaft deutscher Soldaten anerkannt habe, Seipel beharrt aber auf seiner Rechtsansicht. Hitler bleibt in Deutschland.
7. Dezember: Sieben Monate nach der letzten Wahl finden im Deutschen Reich eine neuerliche Reichstagswahl statt. Sie endet im Vergleich mit der Wahl vom Mai mit einer gewissen Stabilisierung der staatstragenden Parteien und bedeuteten eine klare Niederlage für die extreme Rechte und Linke.
1. Januar: Die sowjetische Militärzeitung Krasnaja Swesda wird gegründet.
21. Januar: Nach dem Tod von Wladimir Iljitsch Lenin kommt es in der Sowjetunion zu einem Machtkampf zwischen dem herrschenden Triumvirat, bestehend aus Josef Stalin, Grigori Jewsejewitsch Sinowjew und Lew Borissowitsch Kamenew auf der einen Seite und Leo Trotzki und seinen Anhängern auf der anderen Seite. Dem Triumvirat gelingt es, die Wirkung von Lenins Testament, in dem er die Ablöse Stalins als Generalsekretär der Kommunistischen Partei fordert, zunichtezumachen, indem es nicht allgemein vorgelesen, sondern nur den einzelnen Delegationen zur Kenntnis gebracht wird. Der Machtkampf zwischen Trotzki und Stalin wird vordergründig als Auseinandersetzung zwischen zwei revolutionären Konzepten ausgefochten: Stalin vertritt den „Sozialismus in einem Land“, während Trotzki weiterhin auf die „Weltrevolution“ setzt.
26. Januar: Die Stadt Petrograd wird vom zweiten Räte-Kongress der UdSSR in Leningrad umbenannt. Man will damit den verstorbenen Revolutionär und Staatsgründer Lenin dauerhaft ehren. Das Machtzentrum der Sowjetunion verschiebt sich dennoch immer mehr nach Moskau.
28. August: Der August-Aufstand in Georgien beginnt. Die letzte größere Rebellion gegen die Herrschaft der Bolschewiki im Südkaukasus wird unter Führung von Stalin und Grigori Konstantinowitsch Ordschonikidse sowie Lawrenti Beria als Chef der Tscheka bis Mitte September niedergeschlagen. Die Führung des aufständischen Damkom wird zwischen dem 29. August und 5. September verhaftet, muss ein Papier unterzeichnen, in dem sie die Idee des Aufstandes widerruft und wird anschließend liquidiert. In den folgenden Wochen werden etwa 7.000 ihrer Anhänger erschossen. Mehrere zehntausend Menschen, darunter ganze Familien, werden nach Sibirien oder Zentralasien verbannt. Einzelne Widerstandskämpfer, wie Kakuza Tscholoqaschwili oder der kachetische Partisanenführer Micheil Laschkaraschwili, können sich ins Ausland retten.
Großbritannien
22. Januar: Nachdem die Tories bei der Wahl im Dezember Verluste erlitten haben, verliert Premierminister Stanley Baldwin die Vertrauensfrage im Parlament. König George V. ernennt am gleichen Tag Ramsay MacDonald als erste Labour-Chef zum britischen Premierminister. Er regiert eine von der Liberal Party unter H. H. Asquith gestützte Minderheitsregierung. MacDonald übernimmt sowohl das Amt des Premierministers als auch das des Außenministers und macht klar, dass seine Priorität auf der Beseitigung der Schäden liegt, die nach seiner Meinung durch den Versailler Vertrag von 1919 angerichtet worden sind. Er will die Frage der deutschen Reparationen lösen und sich mit Deutschland arrangieren. Die Innenpolitik überlässt er seinen Ministern, darunter J.R. Clynes als Lordsiegelbewahrer, Philip Snowden als Finanzminister und Arthur Henderson als Innenminister. Im Juni beruft MacDonald eine Konferenz der Kriegsalliierten nach London ein und erreicht eine Einigung auf einen neuen Plan zur Regelung der Reparationsfrage, den Dawes-Plan (s.o.). In London willigt auch der neue französische Ministerpräsident, der RadikalsozialistÉdouard Herriot, mit dem MacDonald ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, ein, die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen zu beenden. Deutsche Delegierte schließen sich dann der Konferenz an und das Londoner Abkommen wird im August unterzeichnet. Ihm folgt ein britisch-deutscher Wirtschaftsvertrag.
Im September legt McDonald wieder gemeinsam mit Herriot dem Völkerbund in Genf einen Plan vor, mit dem Kriege nachhaltig verhütet werden sollen: Das so genannte Genfer Protokoll, das die Völkerbundversammlung am 2. Oktober annimmt, sieht vor, dass Angriffskriege geächtet und alle Völkerbundsmitglieder verpflichtet würden, dem Land, das einen solchen Angriffskrieg führte, ihrerseits den Krieg zu erklären.
MacDonalds Regierung scheitert, als er vorschlägt, die seit ihrer Gründung international weitgehend isolierte Sowjetunion diplomatisch anzuerkennen. Die Konservativen und ihre Verbündeten in der Presse starten eine antikommunistische Kampagne, und die Liberalen ziehen ihre Unterstützung im Unterhaus zurück. Die Konservativen bringen daraufhin einen Misstrauensantrag ein, den Labour verliert. MacDonald beantragt und erreicht die Auflösung des Parlaments.
Bei der Britischen Unterhauswahl am 29. Oktober gewinnen die Tories die absolute Mehrheit, die Liberalen verlieren 118 ihrer 158 Sitze. Stanley Baldwin wird neuerlich Premierminister und verweigert MacDonalds wichtigstem außenpolitischen Projekt, dem Genfer Protokoll, die Zustimmung.
25. März: In Griechenland wird die Monarchie abgeschafft und die Zweite Hellenische Republik gegründet. Diese Entscheidung des Parlaments wird vom griechischen Volk in einem Referendum vom 30. April mit einer Mehrheit von 70% zugunsten der Präsidialrepublik angenommen. Am 3. Juni tritt die Verfassung in Kraft, Pavlos Koundouriotis wird Staatspräsident. König Georg II. hat schon Ende des Vorjahres mit seiner Familie das Land verlassen.
19. Mai: In einer Konferenz am Goldenen Horn wird die sogenannte Mossul-Frage über die Zugehörigkeit des überwiegend kurdischenVilâyet Mossul behandelt. Da keine Einigkeit erzielt werden kann, wird der Völkerbund eingeschaltet.
Da die türkische Regierung die lokale kurdische Bevölkerung in der Mossul-Frage hinter sich wissen will, ist sie bereit, ihnen einige ihrer Forderungen zu erfüllen, die einer Autonomie nahe kommen. Am 1. August wird in Diyarbakır zwecks Bestimmung des Ausmaßes der Rechte der Kurden eine Konferenz abgehalten. Dort wird ihnen eine Generalamnestie, Sonderzahlungen aus dem Budget, fünfjährige Steuerfreiheit sowie die Wiedereinführung der Scharia-Gerichte zugesagt. Die Vertreter der kurdischen Bevölkerung willigen ein und versprechen im Gegenzug, die Türkei in der Mossul-Frage zu unterstützen. Bevor das Abkommen in der Großen Nationalversammlung der Türkei ratifiziert werden kann, bricht jedoch Anfang 1925 der Scheich-Said-Aufstand aus.
Der Bruch mit den Strukturen und Institutionen des Osmanischen Reiches ruft Widerstand hervor. Im Sommer schließen sich einige Abgeordnete wie Kâzım Karabekir, Ali Fuat Cebesoy, Refet Bele, Rauf Orbay und Adnan Adıvar zusammen und gründen am 17. November die Fortschrittlich-Republikanische Partei (Terakkiperver Cumhuriyet Fırkası) in Opposition zu Mustafa Kemals regierender Cumhuriyet Halk Partisi. Die neue Partei macht sich unter anderem für Gewaltenteilung und Toleranz gegenüber der Religion stark.
20. November: İsmet İnönü tritt aus gesundheitlichen Gründen vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. Ihm folgt zwei Tage später sein Parteifreund Fethi Okyar ins Amt.
6. April: Bei den Parlamentswahlen in Italien 1924 gewinnt der Partito Nazionale Fascista von Benito Mussolini 2/3 der Abgeordnetensitze. Der Sieg ist in diesem Ausmaß durch das im Vorjahr angenommene Acerbo-Gesetz möglich geworden. Es sind die letzten Wahlen in Italien vor 1946, bei denen mehr als eine Partei auf dem Stimmzettel steht. Auch diese Wahl ist allerdings schon nicht mehr frei. Die Wahlkabinen werden von Schwarzhemden überwacht, es wird Druck ausgeübt und es kommt zu systematischer Gewalt und Wahlbetrug.
10. Juni: Der sozialistische Abgeordnete Giacomo Matteotti, der im Parlament kurz zuvor eine Brandrede gegen Mussolini gehalten hat, wird von einer Gruppe Schwarzhemden ermordet. Das Verschwinden Matteottis und die Entdeckung seiner Leiche am 16. August führt zu einem deutlichen Stimmungswandel in großen Teilen der Bevölkerung. Mussolinis Popularität erleidet einen Einbruch. In Belgien wird für dorthin geflüchtete politisch verfolgte Italiener das Matteotti-Komitee gegründet.
12. September: Der Faschist Armando Casalini wird von einem Kommunisten aus „Rache für Matteotti!“ in einer Straßenbahn erschossen. Der Mörder Giovanni Corvi wird in der Presse und im Gerichtsverfahren als geistesgestört bezeichnet und in einer psychiatrischen Anstalt interniert.
Frankreich
11./25. Mai: Bei den Parlamentswahlen in Frankreich gewinnt erstmals das Linkskartell eine relative Mehrheit der Abgeordneten. Premierminister Raymond Poincaré übergibt am 8. Juni an eine Übergangsregierung unter dem Konservativen Frédéric François-Marsal. Am 10. Juni wird der Linke Édouard Herriot Ministerpräsident. Damit endet die französische Politik der Härte gegenüber der Weimarer Politik. Herriot setzt sich international für Abrüstung ein.
13. Juni: Der liberale Gaston Doumergue wird als Nachfolger für Alexandre Millerand von der französischen Nationalversammlung zum Präsidenten der Republik gewählt. Er wird von den konservativen Abgeordneten gewählt, um eine Mehrheit für den Linken Paul Painlevé zu verhindern.
Ab Juni werden weltweit zum ersten Mal Senfgasbomben aus der Luft abgeworfen. Nach dem Verlust von Chichaouen, setzte die spanische Luftwaffe Gase in großem Stil und mit hohem Wirkungsgrad ein. Ende 1924 ziehen sich die Spanier hinter eine nach dem damaligen Hochkommissar von Spanisch-Marokko, Miguel Primo de Rivera, bezeichnete Linie zurück und setzen ungehemmt Gas ein, das zwangsläufig auch kriegsgefangene Spanier trifft, weshalb der Besitz und der Einsatz dieser Stoffe in Spanisch-Marokko geheim gehalten wird. Bis heute führt das Gebiet um Al Hoceïma aufgrund der Senfgas-Verseuchung die marokkanische Lungenkrebsstatistik an.
22. Juni: Wegen der zunehmend angespannten Beziehungen zu Ägypten und ihres großen Zulaufs lässt Lee Stack, der britische Generalgouverneur des Sudan, jegliche Demonstrationen der proägytischen White Flag League gegen die britische Kolonialregierung per Dekret verbieten und versucht den ägyptischen Einfluss abzuschwächen. Dafür findet er jedoch von der britischen Regierung in London unter Premierminister Ramsay MacDonald keinen Rückhalt.
4. Juli: Ali Abdel Latif, einer der Anführer der White Flag League, wird verhaftet und am 11. Juli zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. In der Folge kommt es zu landesweiten Demonstrationen und Streiks gegen die britische Kolonialherrschaft.
19. November: In Khartum wird von ägyptischen Nationalisten ein Attentat auf Lee Stack verübt, an dessen Folgen er einen Tag später stirbt. Die darauffolgende sogenannte Sudankrise führt zu einer schweren Verwerfung zwischen dem Königreich Ägypten und Großbritannien. Großbritannien forderte von der Königlich Ägyptischen Regierung den Abzug ihrer Truppen aus dem Sudan, eine öffentliche Entschuldigung und die Zahlung einer Geldstrafe.
Zaghlul und König Fu'ād I. weigern sich, auf die Forderungen einzugehen. Mehrere Einheiten des ägyptisch-sudanesischen Militärs revoltieren daraufhin in Khartum am 27. November und bringen Teile der Stadt unter ihre Kontrolle. Am 29. November schlagen britische Truppen den Aufstand nieder. Etwa 30 Menschen wurden bei der Meuterei getötet, darunter 15 britische Soldaten. Auch in weiteren Städten kam es zu kleineren Aufständen und Streiks. Nach der Niederschlagung aller Aufstände erzwingen die Briten mit Gewalt und politischem Druck Ägypten zum Abzug des Großteils seiner Truppen aus dem Sudan bis zum 1. Dezember.
24. November: Der Rücktritt von Saad Zaghlul als Premierminister löst eine Staatskrise in Ägypten aus.
24. Dezember: Nach dem Versuch einer Minderheitsregierung löst König Fu'ād I. das ägyptische Parlament auf und kündigt Neuwahlen an.
Die Kuomintang bildet mit der 1921 gegründeten Kommunistischen Partei Chinas unter dem Einfluss der Komintern die erste Einheitsfront. Trotz unterschiedlicher ideologischer Auffassungen streben beide Gruppierungen die Befreiung Chinas vom imperialistischen Druck Japans und der westlichen Mächte und die Befreiung von den Warlords und damit die Wiederherstellung der nationalen Einheit an. Weiters geht man ein Bündnis mit der ebenfalls jungen Sowjetunion ein.
23. Oktober: Durch einen Putsch unter Führung von Feng Yuxiang in Peking wird der chinesische Präsident Cao Kun abgesetzt und durch Huang Fu als Übergangspräsident abgelöst. Der Putsch trägt maßgeblich zur Niederlage der Zhili-Clique im Zweiten Zhili-Fengtian-Krieg bei.
24. November: Der im Zweiten Zhili-Fengtian-Krieg siegreiche Zhang Zuolin ernennt den weitgehend machtlosen Duan Qirui zum Chef einer neugebildeten provisorischen Regierung in Peking.
26. November: Mit der Gründung der Mongolischen Volksrepublik werden die letzten Reste der theokratischen Herrschaft beseitigt. Der neue Staat etabliert ein realsozialistisches Regime unter der Führung der Mongolischen Revolutionären Volkspartei, die stark durch die Sowjetunion beeinflusst ist. Mit der Verfassung vom 1. November wird das allgemeine aktive und passive Frauenwahlrecht eingeführt.
Ende Januar: Der Untersuchungsausschuss des Senats unter Vorsitz des Demokraten Thomas J. Walsh zum Teapot-Dome-Skandal um die sogenannte Ohio Gang fordert die Entlassung von Marineminister Edwin Denby. Präsident Calvin Coolidge kommt dieser Forderung nicht nach, Denby tritt jedoch am 10. März selbst zurück.
10. Mai: J. Edgar Hoover wird Chef des BOI, das zu diesem Zeitpunkt etwa 650 Mitarbeiter und einen sehr schlechten Ruf hat. Hoovers wichtigstes Ziel ist in den ersten Jahren zunächst die Professionalisierung des Bureaus. Sie hat zwei Stoßrichtungen: Zum einen soll das Personal einen Berufsethos der Unbestechlichkeit und Akribie verfolgen, zum anderen sollen die angewandten kriminaltechnischen Methoden wissenschaftlich fundiert sein.
26. Mai: in den USA tritt der Immigration Act von 1924 in Kraft, das die jährliche Anzahl der Einwanderer in die Vereinigten Staaten nach Quoten regelt, die auf dem Zensus von 1890 basieren.
2. Juni: Präsident Coolidge gewährt den amerikanischen Indianern 1924 durch seine Unterzeichnung des Indian Citizenship Act die Staatsbürgerschaft. Er setzt sich auch für die Verabschiedung von Anti-Lynch-Gesetzen ein, die jedoch durch demokratische Abgeordnete aus den Südstaaten blockiert werden.
Sommer: Coolidges 16-jähriger Sohn Calvin jr. kommt durch eine Blutvergiftung ums Leben.
4. November: Nellie Tayloe Ross, die von den Demokraten anstelle ihres am 2. Oktober verstorbenen Mannes William B. Ross aufgestellt worden ist, gewinnt die Gouverneurswahl von Wyoming. Sie ist die erste Frau, die in den USA einen Gouverneursposten innehaben wird. Am gleichen Tag gewinnt die Demokratin Miriam A. Ferguson die Gouverneurswahl von Texas. Sie tritt ihr Amt allerdings 16 Tage später an als Tayloe Ross.
Karibik
15. März: Horacio Vásquez wird als Nachfolger von Juan Bautista Vicini Burgos bei den bisher fairsten Wahlen zum Präsidenten der Dominikanischen Republik gewählt und tritt sein Amt am 12. Juni an. Zugleich kann seine Allianzpartei (Partido Allianza) in beiden Kammern des Nationalkongresses breite Mehrheiten erzielen. Zunächst setzt er im Wesentlichen die von den USA begonnenen Programme fort, beginnt aber bald auch mit eigenen Regierungsprojekten, wobei ein großer Stellenwert auf die Achtung der bürgerlichen Freiheitsrechte gelegt wird. Damit ist er der erste Präsident der Republik, der zwar einerseits die öffentliche Ordnung aufrechterhält, andererseits aber die Grundrechte beachtet, insbesondere vor dem Hintergrund der militärischen Besatzung durch die United States Army mit deren Zensur, Militärgerichten, Straßenpatrouillen, Gewaltakten und Folterung von Verdächtigen, die gegen die Besatzungsmacht eintreten. Am 18. September ziehen sich die US-amerikanischen Streitkräfte endgültig aus dem Land zurück.
Wirtschaftlich beginnt eine Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion, während das Land bisher überwiegend bewaldet war. Zu Beginn seiner Präsidentschaft benötigt er Gelder für die Ingangsetzung dieser Projekte. Aus diesem Grund ist er veranlasst, einen Kredit von 25 Millionen US-Dollar von den USA zu erbitten, um eine Haushaltskonsolidierung zu erreichen und von den Vorgängerregierungen aufgenommene Schulden abzubauen. Am 27. Dezember wird ein Vertrag mit den USA abgeschlossen, der zu einer geringen Verbesserung zu der 1907 erfolgten Kreditaufnahme führt.
Südamerika
19. Juli: In Argentinien kommt es zum Massaker von Napalpí durch Soldaten des Heeres, Polizisten und Grundbesitzer an einer Gruppe von etwa 400 Toba und Mocoví-Indianern. Es gehört zu einer größeren Gewaltwelle in den 1920er Jahren, die die letzte gewalttätige Ausprägung der sogenannten Conquista del Chaco, der Eroberung der damals noch von Ureinwohnern gehaltenen Gebietsreste in Nordostargentinien, darstellt. Auslöser für das Massaker ist ein Streik, der von den Indianern organisiert worden ist, um eine Bezahlung in Bargeld statt Lebensmittelgutscheinen zu erreichen.
Wirtschaft
Währungsreform in Deutschland und Österreich
15. März: In Deutschland werden die letzten Papiermark im Nennwert von fünf Billionen Mark gedruckt. Sie entsprechen nach der Währungsreform desselben Jahres fünf Rentenmark.
30. August: Mit dem Münzgesetz beschließt die Reichsregierung die Liquidation der Rentenbank zugunsten einer neuen Reichsbank, die neue Währung Reichsmark, die im Verhältnis 1:1 zur Rentenmark steht, soll wieder eine Golddeckung aufweisen. De facto werden nie auf Reichsmark lautende Goldmünzen geprägt und die Rentenmark wird nie dem allgemeinen Zahlungsverkehr entzogen. Das Reichsbankgesetz gestaltet am selben Tag die Reichsbank zur von der Reichsregierung unabhängigen Anstalt um.
Die Deutsche Äußere Anleihe 1924 (Dawes-Anleihe) dient nach der Währungsreform als Erstausstattung der Reichsbank und hat ein Volumen von 800 Millionen Reichsmark, aufgeteilt in verschiedene Währungstranchen. Der Kupon beträgt sieben Prozent und die ursprüngliche Laufzeit ist 25 Jahre bis 1949.
20. Dezember: In Österreich wird das Gesetz zur Währungsreform beschlossen: Der Schilling ersetzt die Krone. 10.000 österreichische Kronen sind in einen Schilling umzutauschen. Der Name Stüber ist als Teileinheit der neuen Währung im Gespräch, letztlich wird aber die Bezeichnung Groschen gewählt. Die Währungsreform tritt am 1. März 1925 in Kraft.
23. April bis 1. November: Rund 27 Millionen Menschen besuchen die British Empire Exhibition, eine Kolonialausstellung in Wembley, London. Die Kosten dieser größten Ausstellung, die je in der Welt inszeniert wurde, belaufen sich auf £12 Millionen. Erklärtes Ziel der Ausstellung ist „die Aktivierung des Handels, die Festigung der Verbindungen zwischen dem Mutterland und den Kolonien sowie der Kolonien untereinander, und die Ermöglichung eines Treffens aller Untertanen der britischen Fahne auf gemeinsamem Grund und Boden zum gegenseitigen Kennenlernen“.
11. Mai: Die erste Kölner Messe wird vom Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer in Anwesenheit von Reichspräsident Friedrich Ebert und Reichskanzler Wilhelm Marx eröffnet und findet auf dem neu errichteten Messegelände am Deutzer Ufer statt.
31. Oktober: Die Vertreter von Sparkassen aus 29 Ländern beschließen am Abschlusstag des ersten internationalen Sparkassenkongresses in Mailand das Einführen des jährlichen Weltspartags.
12. Februar: Die deutsche Reichsregierung erlässt die Verordnung zur Schaffung der Deutschen Reichsbahn als staatliches Unternehmen.
14. Februar: Die von Herman Hollerith im Jahr 1896 gegründete Tabulating Machine Company benennt sich in International Business Machines, abgekürzt IBM, um.
Ernest Mercier gründet die Compagnie Française de Pétrole (CFP). Diese gründet später eine Tochtergesellschaft mit dem Namen Compagnie Française de Raffinage (CFR), aus der später die Total-Gruppe entsteht.
28. September: In Seattle geht die erste Weltumrundung in einem Flugzeug in zahlreichen Etappen nach 175 Tagen zu Ende. Von vier gestarteten Maschinen des Typs Douglas World Cruiser erreichen zwei, die Chicago und die New Orleans, wieder ihren Abflugort.
6. Juli: Dem Neurologen Hans Berger gelingt an der Universität Jena das erste Elektroenzephalogramm (EEG) des Menschen. Er nutzt die Möglichkeit, bei einem Patienten durch eine Trepanationsstelle von der unversehrten Großhirnrinde elektrische Aktivität abzuleiten. Aufgrund eigener Zweifel veröffentlicht er die Ergebnisse seiner Arbeit erst 1929.
1. Oktober: Die RAVAG nimmt als erste Rundfunkanstalt in Österreich ihren offiziellen Sendebetrieb auf.
20. Dezember: Der norwegische Rundfunk – später zu NRK geworden – strahlt erstmals Lørdagsbarnetimen, die Kinderstunde am Samstag, aus, inzwischen die wohl weltweit älteste Hörfunksendung.
Verkehr
8. August: In Berlin wird der elektrische Regelbetrieb auf der Strecke nach Bernau aufgenommen; dieses Datum wird als Geburtstag der ab 1930 so bezeichneten Berliner S-Bahn gefeiert.
Bei den VIII. Olympischen Sommerspielen in Paris werden fünf Kunstwettbewerbe in den Bereichen Baukunst, Literatur, Musik, Malerei sowie Bildhauerkunst ausgetragen. Die Preise für Musik werden allerdings nicht vergeben.
8. März: Beim Grubenunglück von Castle Gate im US-Bundesstaat Utah werden alle 171 Bergleute im Bergwerk aufgrund dreier schwerer Explosionen tödlich verletzt. Der Leiter des Rettungsdienstes stirbt in Folge einer Kohlenmonoxidvergiftung während des Versuchs, die Opfer kurz nach der Explosion zu erreichen. Es ist das zu diesem Zeitpunkt schwerste Grubenunglück in den Vereinigten Staaten.
23. April: Der Eisenbahnunfall von Bellinzona mit anschließender Gasexplosion fordert 15 Tote und 10 Schwerverletzte. Unter den toten Fahrgästen befinden sich auch der ehemalige deutsche Vizekanzler und preussische Staatsminister Karl Helfferich, was Anlass für Verschwörungstheorien liefert. Unmittelbar nach dem Unfall von Bellinzona wird in der Schweiz der Einsatz von Wagen mit Gasbeleuchtung verboten.
17. Juni: Der Straßenbahnunfall in der Grüne (Iserlohn) ist mit 26 ermittelten Toten und wenigstens 43 Verletzten der bisher schwerste Straßenbahnunfall in Deutschland.
13. April: In Athen gründen aus Kleinasien und Konstantinopel vertriebene Griechen den Sportverein AEK Athen. Der Großteil der Spieler war früher bei AS Pera Konstantinopel aktiv.