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Konkordat

Vertrag eines Staates mit dem Heiligen Stuhl Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Konkordat
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Ein Konkordat (lateinisch concordatum „Vereinbarung, Vertrag“) ist ein Vertrag eines Staates (Nationalstaat oder Gliedstaat) mit der römisch-katholischen Kirche, genauer mit dem Heiligen Stuhl. Konkordate unterliegen dem Völkerrecht. Häufig regeln sie beispielsweise die Finanzierung kirchlicher Strukturen, das Bildungswesen, das Eherecht und die Besetzung von Ämtern.[1]

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Giuseppe Felici: Feierlicher Abschluss eines Staatskirchenvertrags (hier Konkordat mit Serbien, 1914)

Nach strengem römischem Sprachgebrauch schließt der Heilige Stuhl ein Konkordat nur mit einem katholischen Staatsoberhaupt, während die Verträge mit nicht-katholischen Regierungen Konventionen heißen.

In Deutschland werden alle Verträge mit christlichen Kirchen, also Konkordate und Kirchenverträge mit evangelischen Glaubensgemeinschaften, Staatskirchenverträge genannt.

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Geschichte

Zusammenfassung
Kontext

Historische Konkordate

Bekannte historische Konkordate sind:

Als besondere Konkordatsära wird von vielen Historikern das Pontifikat Pius XI. eingeordnet. Der Sturz zahlreicher europäischer Monarchien infolge des Ersten Weltkriegs bot die Gelegenheit für den Katholizismus, nicht nur 1929 mit den Lateranverträgen die Römische Frage zu lösen, sondern eine Vielzahl von Konkordaten zu verhandeln und abzuschließen. Kardinalstaatssekretär Enrico Gasparri und sein Nachfolger Eugenio Pacelli, zeitweilig Nuntius in München und Berlin, später Papst Pius XII., prägten diese Epoche.

Deutschland

Aus der Zeit der Weimarer Republik sind Konkordate mit Bayern (1924), Preußen (1929) und Baden (1932) aufrecht. Das 1933 geschlossene Reichskonkordat wurde nach längerer juristischer Auseinandersetzung am 26. März 1957 vom Bundesverfassungsgericht für gültig erklärt.[2] Seither schloss zudem eine Reihe von Bundesländern eigene Konkordate ab.

Österreich

Am 18. August 1855 schloss Kaiser Franz Joseph I. ein Konkordat mit Papst Pius IX., das der Kirche u. a. weitgehenden Einfluss auf Unterrichtswesen und Eherecht zubilligte. Durch die 1868 erlassenen Maigesetze wurden diese Rechte wieder eingeschränkt. Schließlich wurde im Jahr 1870 das Konkordat auf Initiative des damaligen Ministers für Kultus und Unterricht Karl von Stremayr gekündigt.[3][4] Willkommener Anlass für die Kündigung war die Erklärung des Dogmas der Unfehlbarkeit des Papstes.[5]

Am 5. Juni 1933 schloss die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit Papst Pius XI. ein neues Konkordat, das erneut die Macht der katholischen Kirche in Österreich stärkte (Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934). Zum Zeitpunkt seiner Ratifikation wurde ihm sogar als Teil der Maiverfassung ein Verfassungsrang zuerkannt. Seine Fortgeltung nach 1945 war zunächst umstritten, wurde jedoch von der Bundesregierung 1957 anerkannt, sodass es formell noch heute in Kraft ist. Durch nachfolgende Teilkonkordate (1960 und 1962) wurden jedoch wesentliche Bestimmungen abgeändert.[6] Die Zivilehe[7] und die Verstaatlichung des Religionsfonds blieben abweichend vom Text des Konkordats weiterhin bestehen. Da im Jahr 1945 das Verfassungsrecht nach dem Stand vom März 1933 wieder in Kraft gesetzt wurde (StGBl. Nr. 4/1945), hat das Konkordat in der Zweiten Republik keinen Verfassungsrang mehr. Dass das Konkordat Teil der österreichischen Verfassung sei, wird von Richard Potz als „weitverbreiteter Irrtum“ bezeichnet.[7][8] Als völkerrechtlicher Vertrag mit dem Heiligen Stuhl als Völkerrechtssubjekt hat es aber eine Ausnahmestellung.

Mit den anderen Religionsgemeinschaften hat die Republik Österreich keine Staatskirchenverträge abgeschlossen. Die Basis für die gesetzliche Anerkennung der Kirchen und Religionsgesellschaften sowie die Zusammenarbeit mit diesen ist von Seiten des Staates teilweise in je ein eigenes Bundesgesetz (Protestantengesetz 1861/1961,[8] Israelitengesetz 1890/2012, Islamgesetz 2015, Orthodoxengesetz 1967, Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz 2003), teilweise eine ministerielle Verordnung. Daneben werden die Beziehungen zu den einzelnen religiösen Gemeinschaften durch andere Gesetze, teils durch privatrechtliche Verträge geregelt.

Da in Österreich eine grundsätzliche Trennung von Kirche und Staat herrscht und das Recht der freien Religionsausübung (öffentliche Religionsausübung durch gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften sowie private Religionsausübung gemäß den Art. 15 und 16 StGG 1867, öffentliche Ausübung anderer Religionen gemäß Art. 63 Vertrag von Saint Germain und Art. 9 EMRK) gewährleistet ist (Religionsfreiheit in Österreich) und die gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften auch das Recht der freien Regelung ihrer inneren Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze zukommt (Art. 15 StGG 1867), beziehen sich Verträge mit Kirchen und Religionsgesellschaften nur auf gemeinsame Angelegenheiten (Res mixta), wie etwa Religionsunterricht, finanzielle Staatsleistungen, Subventionierung für Wohltätigkeit oder Vertretung in öffentlichen Gremien.

Manche behaupten, dass das Konkordat von 1933 langfristig nicht zu einer herausgehobenen Stellung des Katholizismus geführt haben soll, sondern zu einer gemeinsamen Basis in den Beziehungen der Republik Österreich zu den Religionen und Denominationen geführt hätte, indem es eine Modellwirkung hat.[9]

Schweiz

Ab dem 19. Jahrhundert schlossen einzelne Kantone, sowie ab 1848 auch die Schweizerische Eidgenossenschaft, Konkordate, vor allem um die Organisation der Schweizer Diözesen zu regeln.[10] 1828 wurde mit einem Konkordat das Bistum Basel wiedererrichtet. Es gibt für die Schweiz kein allgemeines gesamtstaatliches Konkordat.

Frankreich

In Frankreich schloss 1516 König Franz I. (1515–1547) mit Papst Leo X. das Konkordat von Bologna. Damit wurde beschlossen, dass Frankreich die geistliche Oberhoheit der römischen Kirche über die französische Kirche anerkannte. Im Gegenzug wurde der Staat berechtigt, Prälaten zu ernennen. Dieses Konkordat begründet eine lange Tradition der Verbindung von französischer Krone und dem Papsttum (Gallikanismus). Eine andere Konsequenz dieses Konkordats war die Einstufung der Reformation (lutherische Lehre) als staatsgefährdend und damit der Beginn der Hugenottenverfolgung in Frankreich.

Mit dem Konkordat von 1801 beendete Napoleon den geistlich-weltlichen Kampf des revolutionären Frankreichs mit der katholischen Kirche in seinem Sinne; es wurde auf der Seite des Heiligen Stuhls von Papst Pius VII. unterzeichnet.

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Liste

Zusammenfassung
Kontext

Hier sind chronologisch die geltenden, allgemeinen bilateralen Verträge des Heiligen Stuhls mit einem Staat oder Gliedstaat aufgelistet, die nicht nur ein spezifisches Einzelthema oder Teilgebiet betreffen.[11]

Weitere Informationen Vertragsstaat, Datum ...
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Literatur

Einzelnachweise

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